(2) Das Projekt

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- Draco -

Langsam wurde ich wach. Verschlafen sah ich mich im Schlafzimmer um und betrachtete die dunkelgrünen Samtvorhänge des Bettes. Mein Blick fiel auf die Zimmerseite von Goyle, bei der alle möglichen Dinge unordentlich herumlagen. Ein grüner Schal lag auf der Stuhllehne seines Schreibtischstuhls. Die Schlange des Slytherinlogos schien zu zischen und mich förmlich anzusehen.

Goyle schnarche laut. Wahrscheinlich war er der Grund meines Aufwachens gewesen. Ich war jetzt schon genervt. Meine schlechte Laune stieg allerdings noch mehr, als ich auf die Uhr sah. Die erste Stunde hatte bereits begonnen.

„Goyle! Wach auf, du Troll!", rief ich zur anderen Seite des Zimmers, während ich hochfuhr und mich hastig anzog. Goyle erschrak zutiefst und machte Anstalten, sich vor mir unter der Bettdecke zu verstecken.

„Mann, wie kommst du denn hier rein!", rief der mit ungewöhnlich hoher Stimme zurück und starrte mich perplex an. 

„Ich wohne hier?", zischte ich sarkastisch. 

„Ja klar, aber-" 

„Ich bin erst Nachts angekommen", unterbrach ich ihn eilig und ging ins Bad, um mir wenigstens das Gesicht zu waschen. Golye war wirklich zu dumm, um sich einen Wecker zu stellen. Da ich erst mitten in der Nacht vollkommen erschöpft angekommen war, war das von mir ja wohl nicht zu verlangen gewesen.

„Sag mal, wo warst du eigentlich die ganze Zeit?", wollte Goyle von mir wissen, als ich zurück ins Zimmer kam, um hastig ein paar Bücher in meine Tasche zu werfen. 

„Nicht hier, offensichtlich. Ich muss los", antwortete ich und verließ das Zimmer.

Mit der einen Hand fuhr ich mir mehrmals durch die ungemachten Haare, mit der anderen beäugte ich meinen Stundenplan, um herauszufinden, wo ich überhaupt hin musste. Pflege magischer Geschöpfe, nicht unbedingt mein Lieblingsfach.

Als ich etwa zwanzig Minuten nach Schulbeginn den Raum betrat, drehten sich alle Schüler nach mir um. Am Ende des Raumes saß Professor Raue-Pritsche am Lehrerpult und las etwas, was die danebenstehende Oberstreberin Granger ihr zeigte.

Ich durchquerte den Raum und blieb vor dem Pult stehen. Die beiden redeten einfach weiter. Ich verstand nicht einmal, worum es überhaupt ging. Genervt räusperte ich mich.

„Oh, Mr. Malfoy", bemerkte die Professorin, ohne zu mir aufzusehen. Granger dagegen sah mich ausdruckslos an. 

„Was gibt mir die Ehre, dass Sie bei meinem Unterricht erscheinen?" Die Professorin drückte Granger ein Buch zurück in die Hände. Anscheinend war das Gespräch nicht beendet gewesen, da die Schülerin ein wenig entrüstet schaute. Doch sieumschloss das Buch widerstandslos mit den Fingern und kehrte zu ihrem Platz zurück. 

Das frage ich mich allerdings auch, beantwortete ich die Frage der Professorin in Gedanken, schwieg jedoch lieber.

„Sie werden es mir sicherlich nach der Stunde erklären. Jetzt wollen wir allerdings erst einmal sehen.." Ihr Blick huschte durch den Raum der auf das Geschehen, oder eher auf mich, aufmerksamen Schüler. „Sie arbeiten mit Miss Granger, wie ich sehe ist sie die Einzige ohne einen Partner."

Mein Kopf fuhr herum und ich betrachtete Granger auf ihrem Platz in der ersten Reihe. Tatsächlich, neben ihr saß niemand. 

Erschrocken blickte die Schülerin auf. "Oh doch, Professor. Ich arbeite mit Ron, der ist allerdings zurzeit im Krankenflügel." 

„Dann wird Hagrid nächste Woche entscheiden, wie das hier zu lösen ist", beschloss Professor Raue-Pritsche leicht entnervt. Das hatte ich beinahe vergessen, eigentlich unterrichtete dieses Fach ja dieser Hagrid, von dem ich nicht viel hielt. Sie musste wohl die Vertretung sein.

„Bis dahin wird Mr. Malfoy Ihr Projektpartner sein". Ihr Blick war so eindringlich, dass ich keine Widerworte einlegte, obwohl ich das gerne getan hätte.

Seufzend setzte ich mich neben Granger auf einen Stuhl. Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Projekt war, jedoch wusste ich bereits jetzt, dass es mit Granger fürchterlich anstrengend werden würde.

Diese verzog keine Miene, als sie mir grob und knapp erklärte: „Na schön. Unser Projekt handelt von der Pflege und Aufzucht bestimmter magischer Geschöpfe. Viel wissen wir noch nicht und wie es aussieht ist Hagrid diese Woche krank. Deshalb werden wir erstmal den theoretischen Teil durcharbeiten." 

„Aha", entgegnete ich und kramte 'Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind' aus meiner Tasche, um es bei der richtigen Seite zu öffnen. Das Ganze interessierte mich nicht im Geringsten. Mich ärgerte es, dass ich eventuell in diesem Projekt nicht nur mit der Streberin Granger, sondern auch mit dem Wiesel Ron Weasley arbeiten musste. Schon bereute ich es, mich dem Willen meines Vaters widersetzt zu haben und zurück in diese Schule gekommen zu sein.

Den Rest der Stunde arbeiteten wir uns durch irgendwelche Texte zu den Themen „Allgemeine Umgangsweise mit magischen Geschöpfen" und „Pflege der gewöhnlichsten Tierwesen". Als ich auf Grangers Pergament blickte, überdachte ich meine Meinung allerdings. Wenigstens konnte ich ihren Fleiß ausnutzen und später leicht eine gute Note erhalten.

Beim Mittagessen wurde ich schließlich von Pansy, Crabbe, Golye und den anderen bedrängt. Sie wollten unbedingt wissen, wo ich gewesen war.

Deswegen redete ich irgendwas von wichtigen Terminen, während ich irgendwann mit genervtem Knurren meine Unzufriedenheit zu verstehen gab. Augenblicklich wechselten sie das Thema.

„Tut mir total leid für dich, dass du mit dem Schlammblut und dem Weasley-Trottel arbeiten musst. Hätte ich gewusst, dass du so bald schon kommst, hätte ich keinen anderen Partner angenommen", entschuldigte sich Pansy.

Vorwurfsvoll sah Blaise sie an, der wahrscheinlich ihr Partner war. Doch ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob Pansy als Partnerin viel besser als Granger gewesen wäre.

Nach dem Essen machten wir uns auf den Weg zum Quidditchtraining. In mir machte sich ein klein wenig Vorfreude breit. Das war wohl eines der wenigen Dinge, die ich hier tatsächlich ein bisschen vermisst hatte.

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