(26) Überraschung

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- Hermine -

„Irgendetwas verbirgt Malfoy aber, da bin ich mir ganz sicher. Sowas merke ich doch", setzte Ron zum vierten Mal an, während wir uns von McGonagalls Büro Richtung Gemeinschaftsraum bewegten.

Ich seufzte. Klar, bei den Malfoys konnte man sich dabei wohl nie so sicher sein. Aber wirkliche Anzeichen hatte es dafür ja nicht gegeben, bis auf das, was Yaxley in der Scheune erzählt hatte. Ich war ja auch für einen kurzen Moment misstrauisch geworden. Vollständig und blind sollten wir Malfoy wahrscheinlich auch nicht vertrauen.

Aber irgendwie machte das alles wenig Sinn. Ich hatte ja unbedingt zu Petrichor in die Scheune gehen wollen, nicht er. Aber der Grund warum ich ihm nichts unterstellen wollte war wohl sein Gesichtsausdruck gewesen, auf dem Weg zum Krankenzimmer. "Granger. Kannst du nicht sehen, dass ich es versuche?"

Das einzige, was Malfoy wahrscheinlich verbarg war etwas, was ich ja auch auf jeden Fall geheim halten wollte...

Wir betraten den Aufenthaltsraum der Gryffindors. In einer Ecke saßen Harry und Ginny, die uns zu sich winkten, als wir sie entdeckten. „Was hat McGonagall gesagt?", erkundigte sich Harry direkt, dem magischen Schachspiel mit Ginny keine Aufmerksamkeit mehr schenkend.

„Wir haben ein paar Schreibaufgaben bekommen", antwortete ich knapp. Ich wusste gar nicht, warum Harry und Ginny uns da so mitleidig ansahen. Das war doch zumindest mal eine sinnvolle und keine schlimme Bestrafung.

„Ich hätte zu gerne gewusst, was sie noch mit Malfoy besprechen wollte", überlegte Ron laut. 

„McGonagall wird schon wissen, was sie tut", beruhigte Harry ihn.

Ich war froh, dass er es nicht ganz so schlimm auf Malfoy abgesehen hatte wie Ron. Sonst hätten sie mich vielleicht dazu gedrängt ihm zusammen nachzuspionieren oder so. Und wenn ich nicht eingewilligt hätte, dann hätten sie es vielleicht zu zweit getan.

Und es wäre eine Katastrophe, wenn sie irgendwann entdecken würden, dass Malfoy und ich etwas zu verheimlichen hatten.

  *

Die darauffolgenden Tage zogen sich seltsamerweise zäh daher. Der Unterricht machte natürlich Spaß, wie immer. Vor allem Pflege magischer Geschöpfe.

Ich war erstaunt darüber wie schnell Petrichor zu wachsen schien. Er trug nun ein elegantes, schwarzes Federkleid und flog schon kleine Strecken in der Box umher. Ron schien er sich langsam anzunähern. Aber auch nur, wenn er ihm etwas leckeres zu essen gab.

Malfoy schien der kleine Augurey sowieso bedingungslos zu lieben, aus welchem Grund auch immer. Der Slytherin kümmerte sich ja nicht mal wirklich um ihn oder kam auf die Idee, ihn zu füttern.

Malfoy sah ich sowieso nur zu Zeiten des Unterrichts und vielleicht mal flüchtig bei Mahlzeiten. Er redete ganz normal mit mir. So wie ein Slytherin nun mal mit einem Gryffindor redete, wenn sie nichts miteinander zutun hatten, oder zumindest den Anschein erwecken wollte, als wäre es so.

Wenigstens beleidigte er mich nicht oder stimmte mit seinen Freunden ein, während diese über mich tuschelten. Geküsst hatte er mich aber auch nicht nochmal, auch wenn ich zugeben musste, dass ich es mir manchmal wünschte... Aber er hatte gerade wohl viel zu tun.

Genauso wie die anderen Quidditchspieler, die das Spiel unbedingt gewinnen wollten und deshalb jegliche Freizeit zum trainieren nutzen.

Ich im Gegensatz dazu nutzte meine Freizeit produktiv in der Bibliothek, um zu lernen. Eigentlich machte mir das nichts aus. Doch manchmal fühlte ich mich ein wenig ausgeschlossen und einsam.

Was der Grund dafür war, dass ich mich außerordentlich freute, als endlich der ersehnte Samstag des verschobenen Spiels da war und dieses Drama um dieses Spiel bald vorbei sein würde.

Bis nach dem Mittagessen bemühte ich mich allerdings, gut gelaunt zu bleiben. Das war schwer, weil jeder ständig über dieses Spiel redete. Auch während des Essens. Bis auf einen - Ron. Was allerdings daran lag, dass er gerade damit beschäftigt war, alles mögliche in sich hineinzustopfen.

Ich starrte ihn an. Dieses Essverhalten war normal bei ihm, aber heute übertrieb er es schon ein bisschen. „Wasch?", machte er mit vollem Mund, als er meinen Blick bemerkte. 

„Ähm", machte ich nur. Ich wusste nicht, wie ich es ausdrücken sollte.

Da kam Harry mir zu Hilfe. „Kannst du gleich noch spielen wenn du dich jetzt so vollstopfst?" 

„Ich bin so nervös", erklärte Ron, nachdem er alles heruntergeschluckt hatte. „Und Essen hilft mir dagegen", fügte er zu seiner Verteidigung hinzu.

Da bemerkte ich seine angespannte Körperhaltung, im starken Gegensatz zu seiner sonst so gelassenen Haltung. Süß, dass er so aufgeregt war. Ich hatte mir in letzter Zeit viel zu wenig Gedanken um ihn gemacht. Im freundschaftlichen Sinne natürlich.

Plötzlich schämte ich mich, dass ich dieses Spiel so verflucht hatte, nur weil ich mich deshalb einsam fühlte. Meinen Freunden bedeutete es wirklich eine ganze Menge.

„Du musst nicht nervös sein. Du wirst fantastisch spielen. Ihr alle", entkam es mir unerwartet. 

Meine Freunde sahen mich an, Ron hörte sogar kurz auf, zu kauen. „Hermine, du bist so niedlich", kicherte Ginny da, die gegenüber von Harry und neben Ron saß.

Harry blickte mich von der Seite aus schräg an, doch Ron schien sich wirklich etwas zu entspannen. Jedenfalls aß er nicht mehr so schnell und viel. Er sah mich seltsam an und ich fragte mich, was er wohl dachte.

Mir schoss der Nachmittags des Ausflugs in Hogsmeade durch den Kopf, wo er mich küssen wollte. Irgendwie betete ich nun, dass er meinen Kommentar vorhin nicht falsch aufgefasst hatte.

Als wir fertig waren, verschwanden Harry, Ron und Ginny um ihre Quidditchsachen zu holen. Sie würden etwas früher gehen, um sich noch vorzubereiten. Ein wenig Zeit würde ich also noch in meinem Zimmer verbringen und mich dann vielleicht mit Luna auf den Weg...

„Pssst!", zischte jemand.

Eine große Hand wurde mir auf den Mund gelegt.

Noch bevor ich reagieren konnte zogen mich starke Arme, denen ich beim besten Willen nicht entziehen konnte, in irgendeinen Raum hinein. Was..?

Die Tür fiel zu, ich stand in einem abgedunkelten Raum. „Hey", wurde ich begrüßt.

„Malfoy!", entfuhr es mir erschrocken. Der blonde Slytherin stand vor mir und überragte mich um einen Kopf. Sein Gesichtsausdruck war aufgrund der Dunkelheit nicht gut zu erkennen, aber ich sah, wie er eine Augenbraue hochzog.

„Wen hast du denn erwartet?" Hoffentlich sah er nicht, wie ich errötete. „Niemanden. Vor allem dich nicht. Außerdem, musst du mich so erschrecken! Kannst du mich nicht einfach normal ansprechen? Also da, wo uns keiner sieht."

„Das wäre doch viel zu langweilig", meinte er, unbeeindruckt von meinen Vorwürfen. „Außerdem, ich musste dich jetzt sehen, noch vor dem Spiel."

Mir wurde unwohl. „Warum, was willst du?", fragte ich zögerlich. Er quälte mich ein paar Sekunden, indem er nicht antwortete.

„Einen Deal will ich", sagte er schließlich.

Petrichor | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt