(9) In Gefahr

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- Hermine -

Auch beim Abendessen redete ich nicht wieder mit Ron. Dieser hatte sich noch mehrmals entschuldigt, doch das machte mich nicht weniger sauer. Er hatte nicht einmal seinen Zauberstab dabei gehabt. Obwohl er wusste, dass das Schlüpfen nicht mehr lange dauern würde. Ich hatte ihm erklärt dass es wichtig war, dass der Vogel ihn in den ersten Sekunden seines Lebens sah. Das war ihm anscheinend unwichtig gewesen. Ich war wirklich enttäuscht von ihm.

Nicht einmal Ginny konnte ich richtig zuhören, als sie erzählt hatte, dass Harry und sie sich immer häufiger trafen und er für dieses Wochenende nach einem Date gefragt hatte. Ich freute mich für sie, natürlich. Gerade in diesem Moment war es einfach nur schwer, das zu zeigen.

Beim Essen aß ich wenig, und die kleine Menge aß ich sehr schnell. Ich wollte einfach nur in die Bibliothek. Deshalb erhob ich mich und war froh, dass Ron keine Anstalten machte, mir zu folgen.

Ich verkroch mich für einige Zeit in der Bibliothek, um zu lesen. Draußen wurde es bereits dunkel. Irgendwann musste ich wieder zurück zu den anderen, das war mir klar.

Gerade war ich auf dem Weg zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum, da brannte und vibrierte es in meiner Tasche. Mein Zauberstab. Ich griff nach ihm. Er war glühend heiß. Der Auguray!, schoss es mir mit Entsetzen durch den Kopf.

Blitzschnell wechselte ich die Richtung und rannte los. Das konnte nicht sein. Er sollte doch gar nicht erwachen! Nach dem Schlüpfen war es nicht ungewöhnlich, dass sie erstmal mehr als einen ganzen Tag schliefen und dringende Ruhe brauchen. Was konnte das sein? Ein Tier? Welches in den Schuppen eingebrochen war? Nein, Hagrid und wir Schüler hatten dagegen extra Schutzzauber gesprochen.

Mein Herz klopfte schneller und ich rannte so schnell ich konnte. Mein Zauberstab brannte mir in meine Haut, doch ich wollte ihn nicht loslassen. Er vibrierte so stark, als würde er gleich in Stücke brechen.

Ich lief über die Wiese und wäre mehrmals beinahe ausgerutscht. Dann entdeckte ich die Scheune. In ihr brannte Licht. Schüler, die neugierig gewesen waren und eingebrochen sind? Ich betete für sie, dass sie meinen Augurey nicht angefasst hatten. Nicht nur, weil ich sie dann wohl umbringen würde, sondern weil es verdammt gefährlich für einen Augurey war, kurz nach dem Schlüpfen angefasst zu werden, weil sein Körper so unglaublich schwach und er sehr ängstlich war.

Ich riss die Tür auf und hielt meinen Zauberstab vor mich, jederzeit bereit, schlimme Flüche loszuschicken. Dann war ich an der Box angelangt. Und traute meinen Augen kaum.

„Malfoy? Parkinson?" Entgeistert stand ich im Eingang der Box. Parkinson lehnte an der Wand und hielt mit weit aufgerissenen Augen ihre Hand. Malfoy stand zwischen der Ablage mit dem Vogel und dem geschockten Mädchen. Dieses sah mich an und fauchte: „Granger."

Ich lief zum Augurey. Der winzige Vogel stieß schwache, wimmernde Laute aus. "Du hast ihn angefasst?", fragte ich entgeistert. 

Entsetzt sahen mich die beiden an. Doch dafür hatte ich jetzt keine Zeit. Ich hob meinen Zauberstab und hielt ihn über das Geschöpf. Dann wollte ich einige Beruhigungszauber aussprechen. Vor Angst und dem Brennen und Vibrieren meines Stabes gelang es mir zunächst nicht. Panik durchflutete mich, gefolgt von einer tiefen Erleichterung, als ich es doch schließlich schaffte. Das Wesen entspannte sich etwas. Trotzdem zuckte es zwischendurch noch und wirkte sehr schwach.

Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Plötzlich bemerkte ich einen stechenden Geruch in der Luft und drehte mich zu Parkinson um. Beide Slytherins hatten sich nicht bewegt und starrten mich an. „Trägst du Parfum?", fragte ich. 

„Hä?", machte die verständnislos. 

„Ob du Parfum trägst will ich wissen!", wurde ich da ein bisschen lauter. 

Petrichor | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt