(12) Regen

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-Draco-

Ich wusste nicht, ob ich den Brief in meiner Hand zusammenknüllen oder sorgfältig falten sollte. Unschlüssig starrte ich ihn an.

Einerseits hatte er mir gezeigt, dass mein Vater wohl noch immer daheim vor Wut schäumte und nicht verstanden hatte, dass ich meine eigenen Entscheidungen treffen wollte. Andererseits drückte er auch die Sorge meiner Mutter um mich aus. So besorgt, wie sie geklungen hatte, war es durchaus möglich, dass mein Vater alles daran setzten würde, um mich von Hogwarts weg zu holen.

Obwohl man nicht gerade sagen konnte, dass ich ein Herz für diese Schule hätte, sie war aber immerhin die einzige Möglichkeit, meiner Familie zu entfliehen.

Ich grübelte den ganzen restlichen Tag darüber nach, wie ich meinen Vater besänftigen konnte. Aber mir fiel beim besten Willen nichts ein.

„Ist alles okay bei dir, Draco?", sprach mich Pansy nach dem Abendessen an. 

„Klar", antwortete ich erstaunt. 

„Du bist die ganze Zeit so nachdenklich und still. Das passt doch gar nicht zu dir", erwiderte sie mit besorgter Miene.

Wir betraten gerade den Gemeinschaftsraum der Slytherins. Er war vollkommen leer. „Es gibt Probleme mit meinem Vater", gab ich dann aus irgendeinem Grund zu. Die schwarzhaarige Slytherin sah mich überrascht an, als hätte sie nicht von mir erwartet, dass ich darüber sprechen würde. Sie setzte sich auf eines der grünen Sofas und klopfte auffordernd auf den Platz neben sich, bis ich mich dorthin setzte. Sie sah mich eindringlich an, und so erzählte ich ihr die ganze Geschichte.

„Sag doch, du brauchst den Unterricht hier für irgendeinen Beruf", schlug sie danach vor. 

Ich schüttelte den Kopf. „Quatsch, das geht nicht. Mein Vater würde mir mit Freude die qualifiziertesten privaten Hauslehrer besorgen, wenn es mir nur um den Unterricht ginge." 

„Hmm", grübelte Pansy dann. „Vielleicht sollte ich dich einfach auf andere Gedanken bringen", brummte sie eine Stimmlage tiefer und rutschte näher an mich heran.

Einen Augenblick lang überlegte ich, ob ich das Angebot einfach annehmen sollte. Aber das würde mir bei meinem Problem ja letztendlich nicht weiterhelfen. „Nein Pansy, danke. Ich muss überlegen wie ich meinem Vater deutlich mache, dass ich hier in Hogwarts bleiben muss. Ohne dass er merkt das ich eigentlich nur von ihm weg will", sprach ich meine Gedanken aus.

„Du kannst ihm ja sagen, du hättest dich unsterblich in eine Mitschülerin verliebt", kicherte das Mädchen. Sie saß nun beinahe schon auf meinem Schoß. 

Ich schnaufte. „Das wäre dem doch vollkommen egal", lachte ich böse. Pansy berührte meinen Arm und kam mir immer näher.

Wollte die jetzt mit mir rummachen oder was? Genervt stand ich auf. 

„Draco, komm schon", bettelte sie. 

„Pansy, ich brauche keine scheiß Ablenkung von dir. Ich brauche eine Lösung", donnerte ich erzürnt. 

Eingeschnappt sprang sie auf und rauschte davon.

Alleine stand ich in dem großen Raum und wusste nicht, was ich tun sollte. Den ganzen Tag lang war es schon fast dauerhaft  am regnen gewesen. Ob ich trotzdem rausgehen und fliegen sollte? Entschlossen holte ich meinen Besen. Ich brauchte einen guten Ort zum nachdenken.

Doch schon nach kurzer Zeit in der Luft war ich vollkommen vom Regen durchnässt. Meine nassen Haare hingen mir in den Augen. Mein Besen war durch den starken Wind immer schwerer zu steuern.

Petrichor | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt