(13) Ausflug mit Wendung

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- Hermine -

In der Eingangshalle der Schule blieb ich stehen und lehnte mich mit dem Rücken gegen eine Mauer. Was war das denn für eine komische Frage von ihm gewesen? Warum hatte Malfoy bei dem Augurey geschlafen? Und warum zur Hölle hatte er dabei so sanft und friedlich ausgesehen?

Dieser Eindruck war bestimmt nur durch das kleine Wesen entstanden, welches auf seiner Brust geschlafen hatte. Ich musste daran denken, wie meine Hände vor einigen Tagen dort gelegen hatten um ihn wegzudrücken, als wir uns geküsst hatten. Irgendwie wollte ich sie wieder dort hinlegen. Das wollte ich wirklich.

„Hermine, was tust du da?", fragte Ginny, die mich auf dem Weg zu Frühstück entdeckte. „Hast du was Verstörendes gesehen?", erkundigte sie sich besorgt. Nein. Meine Gedanken dazu waren einfach nur verstörend gewesen.

Am nächsten Tag nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Zaubererdorf Hogsmeade. Harry, Ron, Ginny, Neville, Luna und ich wanderten los, während die Sonne angenehm warm auf uns hinunterschien. Für einen Moment genoss ich es, nicht über die Schule oder Malfoy oder sonst etwas zu denken, sondern sorgenlos mit meinen Freunden zu lachen.

Irgendwann tauchten in der Ferne die zahlreichen, spitzen Steinhäuser von Hogsmeade auf. Im Dorf angekommen begann die Diskussion, in welchen Laden wir zuerst gehen sollten. Wir waren alle so lange nicht mehr dort gewesen und deshalb ein bisschen aufgeregt. Schließlich einigten wir uns darauf, zuerst zu ‚Zonkos' zu gehen, dem Scherzartikelladen.

Obwohl ich für solche Dinge eigentlich nicht viel übrig hatte, sah ich mir die Artikel an, während vor allem die Jungs wild diskutierten, was sie wohl kaufen sollen. Waren die dafür nicht eigentlich schon zu alt?, wunderte ich mich belustigt. Der Laden wurde vor allem von Drittklässlern besucht, welche eine Menge Stinkbomben und harmlose Feuerwerkkörper kauften. Ron, Harry und Neville schienen noch etwas länger bleiben zu wollen, weshalb wir Mädchen uns vorerst von ihnen verabschiedeten.

Wir machten gewöhnliche Einkäufe im Kleiderladen ‚Besenknechts Sonntagsstaat', im Zauberutensilienladen ‚Derwisch und Banges' und im Schreibwarengeschäft ‚Schreiberlings Federladen'.

Anschließend trafen wir uns mit den Anderen wieder im ‚Honigtopf', um eine Menge leckerer Süßigkeiten zu kaufen. Dort besorgte ich wie immer ‚Zahnweißpfefferminzlakritze', weil sie schöne Erinnerungen an meine Eltern wachriefen. Als Zahnärzte war es die einzige Süßigkeit, die sie nämlich auch mochten. Die anderen gaben ihre Sickel und Knuts für Schokofrösche, Kaugummis und weiteren Süßkram aus.

Mit gefüllten Taschen, guter Laune und herzlichem Lachen gingen wir in die Gaststube ‚Drei Besen'. Wir fanden einen passenden Tisch und ließen uns nieder. Bei Madame Rosmerta bestellten wir Butterbier und beschwipsten Kürbissaft. Je länger wir dort saßen, desto mehr tranken wir auch.

Da ich sehr selten Alkohol trank, brauchte es nicht mehr als zwei Gläser, bis mir warm wurde. Nach dem dritten wurde ich noch heiterer als zuvor und mein Kopf fühlte sich viel leichter an.

„Und dann war meine Tante so überfordert, dass sie den Muggelstaubsauger einfach so gekauft hat", beendete Neville gerade irgendeine Geschichte. Ich war mir sicher, dass sie nicht einmal wirklich lustig gewesen war, doch wir lachten uns allesamt darüber kaputt.

Madame Rosmerta räumte unsere leeren Gläser ab. „Noch ne Runde?", grinste Harry in die Runde. Die anderen stimmten zu. 

„Ich geh mal kurz raus an die frische Luft", lehnte ich ab. Meine Wangen glühten, mir war wirklich warm. 

„Ich begleite dich", bot Ron mir sofort an. So gingen wir durch die mit Zauberern und Hexen gefüllte Gaststube und stießen die Holztür auf.

Draußen war es angenehm frisch, aber nicht kalt. Ich lehnte mich an die Wand des Hauses. „Echt warm da drin", betrieb ich Smalltalk mit Ron.

 „Ja, das stimmt", pflichtete er mir bei. An seinen Augen sah ich, dass er bereits ein bisschen angetrunken war. Aber er hatte ja auch mehr getrunken als ich. Ich hielt eine Hand an meine glühende Wange und Stirn, um diese etwas zu kühlen.

„Geht es dir gut?", fragte er mich besorgt. 

„Ja, natürlich", sagte ich schnell. Schon wieder, diese unangenehme Stimmung zwischen uns. Ron spürte sie auch. Er sah auf den Boden und scharrte mit seinem Fuß über irgendetwas. Ich schloss die Augen. Eigentlich wollte ich nur die frische Luft genießen und die gedämpften Geräusche aufnehmen, die aus der Gaststube drangen.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort so stand. Plötzlich trat Ron vor mich und ich öffnete meine Augen. „Wir haben nie wirklich über... über den Kuss vor Monaten geredet", stammelte er und blickte mich unsicher an. 

„Ja", stimmte ich zu. Es hatte ja auch nicht viel darüber zu reden gegeben. „Ron, ich weiß nicht ob das zwischen uns mehr ist als Freundschaft. Oder ob wir es vielleicht einfach lieber dabei belassen sollten", gab ich dann ehrlich zu. Der Alkohol trug aber auch einen großen Teil an dieser plötzlichen Ehrlichkeit dabei.

„Aber ich dachte es hätte dir gefallen", meinte er enttäuscht und fixierte mich mit seinem Blick. „Ja, hat es damals ja auch, aber-" Das ‚Aber' schien er nicht mehr zu hören oder einfach zu ignorieren, denn er machte einen weiteren Schritt auf mich zu.

„Ron, ", stieß ich nun erschrocken aus. 

„Dann lass es uns doch einfach nochmal versuchen", schlug er vor. Seine Wangen waren deutlich gerötet. 

„Nein, Ron. Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist", wich ich aus. 

„Warum nicht? Komm schon, Hermine", drängte er, leicht frustriert klingend. Sein Atem roch nach alkoholisiertem Kürbissaft.

„Weasley. Ich glaube, Granger hat soeben ‚nein' gesagt."

Erschrocken drehten wir uns um. Malfoy stand genau vor uns. Wie leise hatte der sich denn angeschlichen? Wir hatten es einfach nicht bemerkt.

„Obwohl ein Zögern bei Frauen ja auch leicht missverstanden werden kann. Vielleicht zögert sie ja, obwohl sie eigentlich ‚ja, nimm mich' meint." Ich spürte mein Gesicht rot anlaufen, weil ich genau wusste, worauf er anspielte.

Das bekam Ron aber Merlin sei dank nicht mit. „Was machst du hier, Malfoy?", fauchte er den Slytherin zornig an. 

„Ich wollte gerade in den ‚Drei Besen' hier gehen", antwortete dieser kühl. 

„Nein, was du hier machst, bei uns meine ich", entgegnete Ron und verdrehte sie Augen abwertend.

„Warum verdrehst du die Augen, Weasley? Suchst du nach deinem Gehirn?", fragte Malfoy mit ernstem Gesichtsausdruck. Darauf wusste Ron keine Antwort.

„Ich wollte gerade dieses Gebäude betreten. Ihr versperrt mir aber bedauerlicherweise den Eingang", erklärte er endlich. Tatsächlich, irgendwie hatten Ron und ich uns bei unserem Gespräch genau vor die Tür des Gasthauses gestellt.

Genervt runzelte ich die Stirn. Malfoys Andeutung eben saß mir noch tief in den Knochen. Dieser Typ brachte mich echt außer Verstand! An dem einen Morgen, als er in der Scheune geschlafen hatte, da hatte er beinahe freundlich, sogar liebenswert gewirkt. Aber jetzt? Was sollte das? Hatte er chronische Stimmungsschwankungen?

Außerdem, was sollte diese Andeutung eben? Wollte dieser Vollidiot einfach alles auffliegen lassen? Malfoy machte mich wütend. Und ich wollte keinesfalls jetzt mit Ron zurück zu den anderen gehen.

„Ron, geh schonmal vor." Meine Stimme duldete keinen Widerspruch, weshalb er sich wohl auch schnell wieder in das Haus verzog. 

„Na dann, meine Freunde warten bestimmt schon", stellte der blonde Slytherin fest und wollte gerade die Tür aufziehen.

„Malfoy, warte."

Petrichor | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt