(24) Behandlung

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- Hermine -

„Hier behandeln sich Schüler nicht gegenseitig. Dazu bin ich da, Mr. Malfoy", mischte sich jemand ein. Ich zuckte zusammen.

Die Heilerin, die wir eigentlich hier im Krankenzimmer erwartet hätten, stand plötzlich hinter uns.

Ich spürte, wie Blut in meine Wangen stieg, doch Malfoy schien nicht zu stören, dass sie seinen Kommentar eben mitbekommen hatte. Das Grinsen auf seinem Gesicht blieb. Ihn schien das sogar zu amüsieren.

Erst da sah uns die Heilerin von oben bis unten an, ihr Blick blieb vor allem an Malfoys blutverschmiertem Hemd hängen. "Bei Merlin, was ist denn mit euch passiert?"

Sie ließ uns keine Zeit zu antworten. Madame Pomfey führte uns ohne Umschweife zu zwei der hinteren Betten.

„Hodag-Kratzspuren, richtig?", vermutete die Heilerin mit vorwurfsvollem Ton, woraufhin wir zustimmend brummten.

„Also wirklich. Deswegen haben sie doch extra die Eingänge gesperrt. Setzen Sie sich bitte", wies sie uns mit strenger Miene an.

Ich nahm auf dem einen Bett Platz, Malfoy auf dem anderen. Sie waren durch dünne, gelbliche Vorhänge von einander getrennt. Ich konnte nur noch Malfoys Silhouette dahinter ausmachen.

„Dann machen Sie Ihren Oberkörper bitte frei, Mr. Malfoy, während ich die nötigen Utensilien besorge." Ich schluckte und war froh, dass der Vorhang verbarg, dass mir seltsamerweise eine leichte Röte ins Gesicht zu stiegen schien.

Madame Pomfrey ging den Flur Richtung Ausgang entlang, wobei sie mir noch sagte, dass ich meine betroffenen Stellen bitte auch entkleiden sollte.

Vorsichtig krempelte ich meinen Ärmel hoch, da nur mein Unterarm getroffen worden war. Dann sah ich hinter meine Schulter zum Eingang hin.

Plötzlich hörte ich, wie der Vorhang zur Seite geschoben wurde.

Als ich mich umdrehte, stand Malfoy oberkörperfrei vor mir. Er zog einen Mundwinkel hoch, während ich dagegen ankämpfte, meinen Blick von seinen Augen abzuwenden. Er starrte mich an, während ich zurückstarrte.

Da passierte es, meine Augen zuckten wie von selbst auf seinen Oberkörper hinunter. Innerlich fluchend zwang ich meinen Blick wieder zurück zu seinem Gesicht, doch es war zu spät. Sein Wundwinkel war noch höher gewandert, nun zu einem halben Grinsen geformt.

„Zu schade, dass sie dich nur am Arm getroffen haben", bedauerte Malfoy. 

„Wünschst du dir gerade ernsthaft, die hätten mich noch schlimmer verletzt?", erwiderte ich höchst schockiert.

„Wäre doch zum guten Zweck gewesen", argumentierte er ruhig. Ich starrte ihn an. Der hatte sie ja nicht mehr alle.

„Mach den Vorhang wieder zu und setz dich endlich wieder hin", zischte ich leise, weil ich befürchtete, dass die Heilerin bald zurückkommen würde. Doch der Slytherin reagierte nicht.

„Sag mal, was soll das alles eigentlich?", fragte ich ihn, noch immer unter Bemühung, den Blickkontakt zu halten. 

„Was meinst du?", wunderte er sich, seinem Gesichtsausdruck nach, ehrlich unwissend.

„Na, das alles. Die Küsse. Deine Anspielungen. Deine Annäherungen. Seit dem Projektanfang zieht es uns immer wieder zueinander und das verstehe ich nicht", sprach ich endlich aus, worüber ich schon so lange nachgedacht hatte.

„Mir machts halt Spaß. Und dir doch auch. Ist doch nur was Körperliches, ist doch also kein Problem", erklärte er ohne Umschweife.

Meine Augen wurden größer, ich sah ihm in seine grauen Augen, die plötzlich ganz kalt wirkten. „Hast du dich jetzt in mich verknallt oder was?", fragte Malfoy zutiefst schockiert, als ich nicht antwortete.

„Was? Nein! Ich finde es nur schrecklich, dass du mich so ausnutzt", stellte ich schnell klar.

Daraufhin atmete Malfoy erleichtert aus. Erleichtert! Was für ein Arschloch, der nahm echt keinerlei Rücksicht!

„Aber daraus hab ich doch auch nie ein Geheimnis gemacht, Granger", rechtfertigte er sich. Und ich musste zugeben, dass er damit ja auch irgendwie Recht hatte.

Malfoy drehte sich um, ohne den Vorhang zurückgezogen zu haben. Ich betrachtete die muskulöse Struktur seines Rückens, ich konnte wirklich einfach nicht anders.

Dann setzte er sich wieder auf das Bett, woraufhin ich irgendwo zur Seite hin starrte.
„Du hast den Vorhang vergessen", meinte ich ärgerlich, noch immer ohne ihn anzusehen.

Wenn Madame Pomfrey jetzt kam, dachte sie wohl nicht nur, dass wir uns heimlich zu zweit bei dem Angriff für irgendetwas hinausgeschlichen hätte und dann hier unsere Doktorspielchen spielen wollten. Sie war dann wahrscheinlich komplett davon überzeugt, dass wir schreckliche Lustmolche waren. Wären.

„Dann schieb ihn doch selber wieder zurück", riss mich Malfoy aus meinen Gedanken. Ich sah ihn an und bereute es sofort.

Er saß auf dem Bett, beide Arme hinter sich abgestützt, seinen Kopf schief gelegt. Mit seinem Blick fixierte er mich. Ich kannte diesen Ausdruck in seinen Augen. Oh Merlin.

Ich stellte mir vor, wie er zu mir kam. Mich auf das Bett legte, sich über mir abstütze, während ich mit meinen Fingern über seinen definierten Oberkörper fuhr... Nein, nein, nein.

Ich schloss die Augen schlagartig, doch mir stieg bereits das gefühlt sämtliche Blut meines Körpers in mein Gesicht. Ich versuchte mich zu beruhigen und öffnete sie wieder.

Malfoy grinste nicht. Er sah mich ganz ernst an, bewegte sich keinen Millimeter. Ich fühlte mich wie ein Gemälde, welches er in seinen Gedanken analysierte. Er studierte meinen Gesichtsausdruck, beobachtete jede meiner Bewegungen.

Das machte mich schrecklich nervös. Ich spürte, wie sich Schweiß in meinen Handflächen bildete und wischte ihn an meinem Rock ab.

Mich ärgerte meine Reaktion. Mich ärgerte, dass er es irgendwie immer schaffte, mich so aus der Fassung zu bringen. Dass ich nur bei ihm meinen Kopf und meinen Verstand so verlor.

Klar, er war attraktiv. Sehr. Äußerlich zumindest. Aber konnte das der alleinige Grund dafür sein, dass...

Malfoys Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Granger."

Petrichor | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt