(10) Knisternde Funken

12.4K 683 154
                                    

-Draco-

Obwohl ich nach dem Vorfall gestern sofort ins Bett gegangen war, fühlte ich mich verdammt unausgeschlafen. Am liebsten wäre ich einfach liegen geblieben. Aber dazu hatte ich keine Zeit, wenn ich pünktlich zum Unterricht erscheinen wollte.

Auch als ich mein Gesicht mit eiskaltem Wasser wusch, die Müdigkeit wollte nicht von mir abfallen. Auf dem Weg zum Unterricht ließ ich das Geschehen von gestern Abend noch einmal Revue passieren. Gerne hätte ich mir eingeredet, dass Grangers Ausraster total übertrieben gewesen war, doch ich musste mir eingestehen, dass ich einfach nur total dumm gehandelt hatte.

Warum hab ich mich darauf eingelassen dieser blöden Kuh diesen blöden Vogel zu zeigen? Aber dass sie das Ding dann auch noch direkt anfassen musste, woher hätte ich das denn wissen sollen? Ich war jetzt schon genervt.

Heute Nachmittag musste ich dann auch noch mit Granger nachsitzen und mir wieder Vorwürfe anhören müssen. Somit war mir jetzt schon klar, dass es ein anstrengender Tag werden würde.

Beim Frühstück und im Unterricht wäre ich mehrmals fast eingeschlafen. Was ich jetzt brauchte war mein Besen und ein starker Wind, doch das Quidditchtraining fiel ja wegen dem Nachsitzen heute für mich flach.

Da ich nicht noch mehr Ärger wollte, erschien ich pünktlich um 15 Uhr im Kerker des Schlosses. Granger und Professor McGonagall kamen etwa eine Minute später in den Gang gebogen. „Guten Tag, Mr. Malfoy", begrüßte mich die Lehrerin kühl. Trotzdem grüßte ich natürlich freundlich zurück. Granger ignorierte mich.

Wir wurden in einen abgelegenen Raum geführt, in dem völlige Unordnung herrschte. Sämtliche Bücher waren aus den Regalen gerissen worden, auf dem Boden lagen zerbrochene Zaubertrankflaschen, Kisten waren umgekippt, dessen Inhalt sich auf dem Boden verstreute und alle Tische und Stühle des Raumes standen offensichtlich nicht da, wo sie stehen sollten.

„Hier hat es einen Vorfall mit ein paar wütenden Elfen und Feen gegeben. Ich erwarte von Ihnen, dass sie diese Unordnung akribisch beseitigen." Mit einem Zauber stellte die Professorin noch sicher, dass wir dafür keine Magie anwenden konnten. Das würde eine Menge Arbeit werden. Dann waren wir allein.

Einige Sekunden standen wir noch da und betrachteten das Chaos. Die Gryffindor besorgte einen Besen, um die Scherben wegzufegen, also fing ich an, die umgekippten Kisten wieder aufzustellen und ihren Inhalt sorgfältig wieder einzuräumen. Aufräumen und Putzen ohne Magie kannte sie wahrscheinlich schon von ihren Muggeleltern.

Noch immer hatte sie mich keines Blickes gewürdigt, was mich schon etwas reizte. Als ich etwa zehn Minuten später mit den Kisten fertig war, hatte sich Granger schon an das Sortieren der Regale begeben. Die wenigen, noch intakten Flaschen und Tränke hatte sie bereits eingeräumt. Diese Stille ging mir langsam wirklich auf die Nerven.

„Granger", sagte ich. Sie antwortete nicht. Meine Augen verzogen sich zu Schlitzen. „Granger, antworte mir." Trotz meiner wütender werdenden Stimme regte sie sich nicht und sortierte weiter. Da stand ich auf und stellte mich direkt hinter sie. „Ignorier mich nicht!", befahl ich ihr kurzerhand. 

„Warum?", wisperte sie mit dünner Stimme. Ja, warum eigentlich? Ich fühlte mich wohl einfach etwas in meinem Stolz verletzt, vor allem wenn ich an ihre Backpfeife gestern dachte.

„Schlag mich nie wieder, Schlammblut", zischte ich nah an ihr Ohr. 

„Dann benimm dich nie wieder so impertinent wie gestern", erwiderte sie kalt. 

Ich packte sie an den Schultern und drehte sie zu mir herum. Ihre braunen Augen funkelten mich zornig an. „Pansy ist mir auf die Nerven gegangen. Ich dachte, da wär nichts dabei. Das mit dem scheiß Parfum wusste ich doch nicht. Und das sie das blöde Vieh gleich anfasst wusste ich doch auch nicht!", verteidigte ich mich. 

„Trotzdem hast du den Augurey dazu benutzt um sie zu beeindrucken. Wenige Stunden zuvor hast du ihn noch gerührt beim Ausschlüpfen beobachtet und dann benutzt du ihn um dir irgendwelche Mädchen klar zu machen! Du hast echt keinerlei Schamgefühl, Malfoy", schimpfte sie und wedelte dabei wild gestikulierend mit den Händen.

Ich hob das Kinn und schürzte die Lippen. „Kann ja sein, dass ich einen Fehler gemacht hab. Aber deswegen musst du jetzt nicht so übertreiben." Daraufhin rötete sich ihr Kopf vor Wut, ihre Augen stießen fast schon spürbare Funken aus. Ihre Hand war um den Zauberstab gekrallt.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, das das Ganze hier kurz vor einer Eskalation stand. Ob Draco Malfoy gegen Hermine Granger diesen Raum noch mehr verwüsten konnte als Feen gegen Elfen?

„Dank Professor McGonagall funktioniert Magie in diesem Raum sowieso nicht", erinnerte ich sie. Granger presste die Lippen aufeinander und fixierte mich ununterbrochen. Die Atmosphäre zwischen uns war spürbar geladen, ich fühlte beinahe die knisternden Funken fliegen, voller Wut und Zorn und Anspannung.

Intensiv starrte ich sie an, bemerkte, dass meine Hände noch immer auf ihren zarten Schultern lagen. Ich packte sie ein wenig fester. Unvorhergesehen überkam mich die Lust, sie unsanft gegen das Regal zu drücken und mich einfach diesem Drang hinzugeben, ohne zu wissen, was danach passieren würde. Die Vorstellung stieg mir zu Kopf und ließ mich aus irgendeinem grund nicht mehr los.

Ihre Augen waren bei meinem heftigen Griff weit aufgerissen. Alarmiert sah sie mich an. Ich spürte, wie sie ihren Körper meinem entziehen wollte. Sie versuchte zurückzuweichen und stieß gegen das Regal, genau wo ich sie haben wollte.

„Malfoy", stammelte sie aufgeschreckt. Ich genoss die Panik in ihrer Stimme. Es gab mir so viel Kraft, das Gefühl von Kontrolle und Macht. 

Ich starrte sie an, nahm jede Regung ihres Gesichtes so konzentriert auf, als würde ich sie in mir verinnerlichen wollen. Brachial drückte ich sie weiter gegen das Regal, vernahm den Widerstand ihres Körpers, als es nicht mehr weiter ging und schritt noch weiter auf sie zu. Ich spürte ihren heftigen Atem auf meinem Gesicht.

Ich hatte keine Ahnung, was ich hier tat. Ich wusste nur, dass es sich gut anfühlte und Adrenalin durch meinen Körper pumpte.

Mit einer Hand fasste ich unter ihr Kinn, damit sie mir genau in die Augen sah. Irgendwie hatte sich ihr Ausdruck verändert. Ich konnte ihn nicht lesen. Sanft fuhr ich an ihrem Wangenknochen entlang und schob ihr das wilde, gelockte Haar hinter ihr kleines Ohr.

Was tust du da?, rief eine entsetzte Stimme in mir. Du berührst gerade ein Schlammblut! 

Granger hielt den Atem an. Ich spürte den Schauder, der ihren Körper durchlief. Wäre ich nicht so konzentriert gewesen, hätte ich die kleine Bewegung in ihrem Gesicht niemals bemerkt. Ihre Lippen öffneten sich einen winzigen Millimeter, kaum merkbar. Da war es zu viel für mich.

______________________

Hiermit wollte ich mich wieder mal für die vielen Reads und Votes bedanken, das macht mich echt sehr glücklich! ❤ Aber besonders bei

EmilyCFIH

omissunknown

ToxicGirlLikeMe

weil sie mir Ratschläge oder total liebe Kommentare dagelassen haben 😊 Danke dafür!

Petrichor | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt