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Liebe ist, dass Du mir das Messer bist, mit dem ich in mir wühle

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Liebe ist, dass Du mir das Messer bist,
mit dem ich in mir wühle.
- Franz Kafka -

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Ich stelle meine kleine Tasche auf den Küchenstuhl in meinem neuen Haus ab. Verdammt, ich muss nicht nur einiges noch renovieren, sondern auch meine Kartons ausräumen.

Die leise Musik im Hintergrund, die aus dem alten Radio schallt, erfüllt meine eigenen vier Wände.

Ein wenig Leben. Ein paar Stimmen.
Und doch nur ein verurteilender Ruf.

Der in meinem Inneren die Gedanken in nur eine Richtung drängte: Dass ich Schuld bin, dass ich verantwortlich bin, dass ich hätte gehen sollen.

Das Leben ist hart, sagten sie.

Dabei haben sie vergessen mir zu sagen, dass ich zugrunde daran gehen werde. Dass die eigene Familie dich in jenes Loch stoßen wird, dass sich, unendlich schwarz, vor deinen Füßen ausbreitet.

Dass du fallen wirst.

Dabei jedoch nicht wie eine Feder vom Wind weggetragen wirst; fliegst und dich den sanften Wogen, dem hauchzarten Spiel an deinem Körper, hingeben wirst. Nein, so war es nicht.

Es kam der unnachgiebige Aufprall, nachdem ich auf die Dunkelheit fiel; mein Körper erzitterte, suchte nach einem Felsvorsprung, der mich hielt.

Doch da war nichts.
Außer ein Schrei.
Und die Stille.

Ich schüttele leicht meinen Kopf, meine Haare fallen mir leicht in das Gesicht. Océane, konzentriere dich auf das was Heute ist, was morgen folgt ist nicht wichtig. Denk an Xade, du hast alles und nichts zu verlieren; du wirst seine Liebe verlieren oder dich.

Und nur eins ist schlimmer.
Denn ich habe keine Kontrolle über mich.

»I'm slowly killing myself«, sage ich den Liedtext ‚Lonely' von Noah Cyrus mit. Der sanfte Beat beruhigt mich ein wenig, sodass ich mir den ersten Karton vornehme und ihn öffne.

In Großbuchstaben steht Privat drauf, weswegen ich vermute, dass meine Dokumente, Bilder und Andenken drin verwahrt sind.

Als ich damals aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, blieb mir nicht viel zum Überleben.

Lediglich unser Bild.
Und eine Handvoll Scheine.

Ich suche nach dem kleinen Foto, wo Xade und ich uns in den Armen liegen. Im Hintergrund ist ein kleines Stückchen des Rollstuhls meiner Schwester sichtbar; sie war so wunderschön.

Oh, verdammt.
Xade, Xade Cavey.

Ich liebe deinen Nachnamen, der dir so viel Kraft verleiht. Doch in deinen Namen, in deine Person, kann ich mich noch hundert Male verlieben.

Und ich werde nicht genug haben.

Das Bild zeigt uns auf der Gartenfeier unserer älteren Nachbarin. Dort sitze ich auf deinem Schoß, während du die Arme um mich gelegen hast und wir uns angrinsen, während die bunten Lichter im Hintergrundbild mit uns, um die Wette strahlen.

Ich habe gehört, dass du sie besucht hast.
Als sie im Sterben lag.

Das hat sie mir erzählt.

Oh, Xade. Ich war die letzte Person, die sie gesehen hat, denn sie hat ihre müden Augen in meinen Armen geschlossen. Ihre Worte waren damals nicht mehr als ein Flüstern; sie hatte nur uns.

Dich, Xade.
Dich und mich.

Als du nicht nach Hause gehen wolltest und ich nicht konnte, da haben wir meine Schwester zu uns geholt und uns bei ihr einen schönen Abend gemacht.

Ihr Essen war himmlisch, sie hatte immer dein Lieblingsdessert gemacht: Erdbeeren, Schoko-Eis und Sahne - ganz viel Sahne. Unsere Nachbarin war die beste alte Dame, die ich kannte.

Sie hatte mir so fröhlich von dir erzählt, wie schön du geworden bist. Wie viele Muskeln du dir antrainiert hattest, wie schwarz deine Haare geworden sind.

Sie sagte, du sahst ihrem Mann Tomy so ähnlich und als sie sich vorlehnte, die Augen schloss - da, da hauchte sie mir einen Kuss auf das Handgelenk.

Und murmelte, dass ich sie wäre.
Dass Tomy und Elizabeth zusammengehören.

Das war mein Tag, Xade.
Denn ich wollte dich wieder haben.

Und suchte, suchte und suchte. Bis ich dich durch Zufall fand, als ich den Spuren nachging, die du hinterlassen hast. Sag mir, Xade - glaubst du an die Märchen, die die Zeitung schrieb?

An ein Mädchen, dass Drogen nahm, welches immer rebellisch gegenüber ihren Eltern war. Denn wenn ja, muss ich unsere Liebe aufgeben.

Denn das Xade, bin ich nicht.

Mein erschöpfter Körper setzt sich auf den Boden, während ich das Bild an meine Brust drücke. Ich liebe dich so sehr, Xade.

Als ich angeklagt wurde, hatte ich keine Zeit, mich zu verabschieden. Und das hat dich bitter enttäuscht, nicht wahr? Das hat mir unsere ältere Nachbarin, Elizabeth, erzählt.

Du warst glücklich, sagte sie, aber nur von ihr. Und wenn sie weggesehen hat, da hättest du immer diesen traurigen Blick in den Augen gehabt, als hättest du das wertvollste in deinem ganzen Leben verloren - mich, Xade? Bin ich es?

Ich möchte,
dass du mich in deinen Armen hältst.

Dass du mir zeigst, wie gut unsere Körper funktionieren. Ich will, dass du dich noch tausendmal in mir verlierst, deine Hand um meinen Hals schlingst und so verdammt liebevoll an meine Lippen hauchst, dass du mich liebst.

Es tut so weh, hörst du?

Ich möchte nur wissen, wie es dir in den letzten Jahren erging. Wie sehr du mich dafür hasst, dass ich doch ‚einfach so' verschwunden bin. Ohne Grund, ohne Ziel habe ich dich stehen gelassen: Das sagten sie dir, stimmt es?

Meine Eltern haben dich in die Arme genommen, dir zugeflüstert, dass nur ich Schuld bin. Dass du jemand besseren verdienen würdest und es so verdammt klar war, dass ich dich mit gebrochenen Herzen zurücklasse würde.

Also sag mir, sag mir, Xade.
Glaubst du diese Lügen?

Kannst du dir vorstellen, dass ich es auch nur in einer einzigen Sekunde über mein Herz gebracht habe, dich allein zu lassen?

Glaub mir Xade, ich kann mich an jedes deiner Wörter, die du mir in mein Ohr gehaucht hast, erinnern. Und ich weiß, dass ich verdammt nochmal ein Feigling bin.

Aber es ist so schwer.
So extrem schwer.

Denn da ist niemand, der mir glaubt. Der mir sagt, dass alles besser wird, dass du mich noch liebst.

Denn da bin nur ich, wie ein Häufchen Elend sitzend in einem Haus und glaube an uns.

An dich und mich, an unsere Beziehung, die du wahrscheinlich mittlerweile bitter bereust.

Xade, Xade Cavey.
Ich liebe dich.

☹   ☹   ☹

Anmerkung:
Habe meine Mini-Zeit genutzt,
ein Kapitel zu schreiben.
Ich freue mich so unnormal auf dieses Buch,
ist das komisch?

Lieblingscharakter und wieso?

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