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Das Leben ist ein Angebot, das man auch ablehnen kann

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Das Leben ist ein Angebot,
das man auch ablehnen kann.
- Juli Zeh -

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» »  Kapitel 5 von 7  « «

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»So lecker!«, zufrieden lehnen die Drei sich nach hinten und streichen sich die Bäuche leicht. Ich muss schmunzeln über den Anblick und zücke das Handy, dass nur wenige Meter neben mir liegt.

Leider verrät mich der Blitz, den ich vergessen habe, auszuschalten. Doch ich habe mein gewünschtes Bild und bin glücklich. Ich stehe auf, um das Geschirr in die Küche zu schaffen, als Xade sich neben mich stellt, »Warum hast du so wenig gegessen, Baby? Geht es dir nicht gut?«

Ich beiße mir unbewusst auf die Unterlippe, »Es könnte mir nicht besser gehen, aber ich habe noch etwas vor!«, du nickst sichtlich verwirrt.

Dein Grinsen wird größer, als du dich auf mich zubewegst, »Ich will es wissen!«, du deutest auf dein Ohr. Vergiss es, Xade. »Dann ist es keine Überraschung mehr«, sage ich verschwörerisch, schenke dir ein Zwinkern und schiebe dich aus der Küche hinaus. Empört springst du etwas nach vorn, als ich dir in den Hintern gekniffen habe.

»Das gibt Rache, Babe! Aber sowas von.«

Ich gehe sicher, dass du bei den Anderen bist, ehe die kleinen Geschenktüten hinter der Tür zum Vorschein kommen. Meine Neugier, aber ebenso die Unsicherheit lassen mich kurz vor Freude hüpfen. Es ist schon etwas länger her, als ich wie ein kleines Mädchen hätte schreien können!

Das helle Grün der Verpackungen, gemischt mit dem Grau und Gelb ergibt eine wunderschöne Farbkombination. Ich nehme alles Drei auf meine Arme und bleibe im Türrahmen stehen. Zunächst bemerkt mich niemand der drei Männer, denn sie sind so vertieft in ein Football-Spiel.

»Geschenke!«, Ricco sprang auf und wollte sich eins schnappen, doch ich drehte mich rechtzeitig genug um und tadelte ihn, »Könntet ihr euch alle Drei noch einmal an den Tisch setzen?«

Sie gingen meiner Bitte nach.
Ich stellte ihnen allen ein Tütchen hin.

Du sahst mich gespannt an, Xade. Ricco, du wolltest unbedingt so schnell wie möglich dein Geschenk öffnen und in deinem Blick, lag gewisse Neugier, Adair. Ich habe lang überlegt, wie ich euch eine Freude machen kann; sehr lang. Ich holte tief Luft und sammelte alle Worte zusammen.

»Manchmal habe ich das Gefühl, dass Worte nicht alles ausdrücken können, was ich fühle«, gestand ich. Ihr saht mich alle zu mit solch einer Liebe an, dass mir der Kopf schwirrte. »Ich muss noch ein wenig nach den richtigen Worten suchen, aber-«, wie sollte ich mich nur ausdrücken?

»Ich habe für jeden ein Geschenk«, ein individuelles, ein gut durchdachtes. »Ich möchte zu jedem Päckchen etwas sagen, etwas das meinen Gefühlen nahe kommt, ohne diese zu vernachlässigen.«

Ricco, Ricco Vallera.

»Du denkst, du müsstest mich vor der Welt beschützen oder bestimmte Dinge totschweigen«, ich überlegte fieberhaft, »Du bist mein Bruder, Ricco. Du darfst weinen, wann du möchtest; darfst dich in meine Arme begeben, wann immer du möchtest. Du darfst dir alles von meinem Zuhause nehmen, ohne nach etwas fragen zu müssen.«

Meine Hände tippten nervös auf der Platte des Tisches und spiegelten das Durcheinander meines Innersten wieder. »Ich kenne dich nicht allzu lang, aber wenn ich in deine Augen schaue, dann sehe ich Michelle. Weil sie dieselben Fältchen um ihre Augen hatten; das dunkle Grün mich immer wieder an eine wundervolle Blumenwiese erinnerte.«

Ich deute auf das Geschenk, als du langsam die Schleifen öffnest du ein kleines Kettchen zum Vorschein kommt; erinnerst du dich, Michelle? Ich frage dich das, weil ich das Gefühl habe, du würdest mir über die Schulter schauen.

»Diese Kette habe ich vor kurzem noch, jeden Tag getragen«, du legtest sie vorsichtig in deine Hände, »Sie gehört Michelle, Ricco.« Du kannst die Trauer nicht unterdrücken; ziehst die Schultern an den Hals und lässt den Emotionen freien Lauf.

»Das ist nicht das hauptsächliche Geschenk, Ricco«, offenbare ich noch. Ich versuche wirklich, der Nässe meiner Augen keine Chance zu geben, aber es funktioniert nicht. »Du sagtest einmal, du hast kein Bild von euch Beiden; ich habe auch keins. Aber könntest du dich bitte umdrehen?«

Ich wusste, dass du es den ganzen Abend übersehen hattest; du kanntest mein Haus und dennoch ahntest du nicht, dass ich die Werke ausgetauscht habe. Unglauben ziert dein Gesicht, als du ehrfürchtig näher trittst.

Es ist eine Zeichnung,
von euch Beiden.

Die volle Blumenwiese zu euren Füßen ist farbenfroh; wunder schöne Rosen und Lilien zieren den Boden. Inmitten dieser atemberaubenden Landschaft hat der Maler dich gezeichnet; dich, wie du die Hand gen Himmel streckst und den Zeigefinger Michelles berührst. Denn sie schwebt, in einem wunderschönen blass-blauen Kleid über dir und schützt dich, Ricco. Nur dich.

Ich kann nicht sagen, wie viele Minuten du vor der Wand stehst; sie inspizierst und dich letztlich mit dicken Tränen umdrehst. »Ich habe mir ein Leben lang Eltern gewünscht, die mich lieben. Oder Geschwister mit denen ich etwas unternehmen konnte; ich wollte nur eine Familie. Jeden Abend habe ich aus dem Fenster gesehen, die Sterne am Nachthimmel betrachtet und vorgestellt, wie es wäre, wenn ihr bei mir wärt.«

Dein Blick wandert zu Xade, den du dankbar in die Arme schließt, »Für eine kurze Zeit hast du dich jeden Tag um mich gesorgt; du bist in mein Haus gekommen, Xade. Du hast mich geweckt, mir Frühstück gemacht und mich zur Arbeit gebracht. Abends abgeholt, bist so lang geblieben, bis ich eingeschlafen bin. Ich habe mich so, so sehr geschämt, dass du das machen musstest; Xade«, ich verschränke die Arme vor der Brust.

»Aber durch die habe ich gelernt, was es heißt, die Hoffnung auf eine bessere Zeit niemals aufzugeben. Niemals, Xade, niemals.« Ich kann die Tränen nicht länger unterdrücken, als Xade's Augen noch röter werden, »Ich würde dich nie allein lassen«, sprach Xade an Ricco's Ohr. Auch bei Adair hast du dich bedankt; eine liebevolle Geste.

»Wisst ihr was ich liebe?«, du drehst dich im Kreis und scheinst froh, »Ich liebe euch, so so sehr, aber ich liebe ebenso mein Leben und mich!«

Wir sehen uns alle an
und dann wusstest du es, Ricco.

Du hattest die Sterne jeden Abend gebeten, dass sie dich nicht allein lassen würden. Sie haben ihr Versprochen gehalten; ebenso wie du deins. Du würdest der Wahrheit nachgehen, nicht der Einfachheit - wir lieben dich, Ricco.

Und du liebst deine Familie.

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Anmerkung:
Seid ihr reeeeady? Noch ein letztes Kapitel
und dann kommt der Epilog!

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✓ | Himmlisches VerbrechenWhere stories live. Discover now