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„Lynn, bereiten Sie ein Bett auf der Intensivstation vor. In drei Minuten kommt der Rettungshubschrauber. Ein Patient mit ballistischem Trauma, Anfang 20, derzeit nicht bei Bewusstsein."

Ich nickte meiner Vorgesetzten kurz zu und verschwand in Windeseile im Fahrstuhl Richtung Intensiv.

Was für ein anstrengender Tag!
Ich lehnte meinen Hinterkopf gegen die Fahrstuhlwand, sah auf und seufzte.
So eine aufreibende Schicht hatte ich wirklich noch nie zuvor erlebt.
Sirenen heulten schon die ganze Nacht pausenlos durch die Stadt und ein Rettungswagen nach dem Anderen verließ das Krankenhaus und kehrte mit Schwerstverletzten wieder zurück.
Die Polizei hatte uns bisher über nichts aufgeklärt.
Aber irgendetwas Gravierendes musste passiert sein, so viel stand fest.

Als sich die Türen des Lifts öffneten, eilten einige meiner Kollegen gehetzt an mir vorbei.

Schnell fing ich eine von ihnen ab.

„Sue, haben wir noch ein Bett hier?"

„Ja, die Nummer 6", rief mir meine Freundin zu, die hier ebenfalls als Krankenpflegerin arbeitete, genauso wie ich.
Dann verschwand sie so schnell wie sie gekommen war.

In nur wenigen Sekunden hatte ich die Nummer 6 hergerichtet.
Nach über drei Jahren in meinem Beruf beherrschte ich alle Handgriffe wie ferngesteuert.

Routiniert scannte ich den Raum und wusste, alles passte, bevor ich mir zügig den Weg auf das Dach der Klinik bahnte, um auf die Ankunft des Helis zu warten.

Als ich die massive Eisentür öffnete, wehte mir die kalte Nachtluft um den gesamten Körper. Der Himmel war sternenklar.

Ich liebte diesen Job, egal wie anstrengend er manchmal war.
Schon als kleines Mädchen stellte ich mir immer wieder vor wie es wohl sein würde, in einem Krankenhaus zu arbeiten und den Menschen dort zu helfen, sich von ihren Qualen zu erholen.

Doch meine Tage als Krankenschwester hier waren gezählt.
Bereits kommende Woche hatte ich meinen letzten Arbeitstag.
Ich hatte mich dazu entschieden, doch noch Medizin zu studieren und wollte einige Wochen später mein erstes Semester an der Uni beginnen.
Mich reizte es, einfach noch mehr von der Materie zu erfahren, noch tiefer einzutauchen und den Menschen mit meinem Wissen und meinen Fähigkeiten noch etwas besser helfen zu können.

Vielleicht hatte diese Sehnsucht etwas mit meiner eigenen, traurigen Vergangenheit zu tun.

Als ich 6 Jahre alt war, verlor ich meine Eltern.

Sie waren zu einem Wanderausflug aufgebrochen, in dem Wald, in dem meine Familie eine kleine Hütte besaß.
Mein Opa hatte sie gebaut und schaute dort auch heute noch regelmäßig nach dem Rechten.

Als ich klein war liebte ich es, so oft wie möglich an diesem Ort zu sein, zu spielen, zu toben, im Wasser des kleinen Sees zu planschen und die Zeit mit meiner Familie auszukosten.
Die Natur dort war atemberaubend. Man fühlte sich unbekümmert und frei.

Doch nach dem Tod der Beiden, hasste ich diesen Ort schlagartig und konnte es kaum ertragen bloß an ihn zu denken, denn er kostete meine Eltern das Leben.

„Lynn, haben wir ein Bett für ihn?", fragte mich meine Vorgesetzte Mrs. Preston und riss mich damit aus meinen Gedanken.

„Ja Mrs. Preston. Die Nummer 6 ist fertig."

„Sehr gut!"

Mit einem kurzen Lächeln wandte sie sich wieder von mir ab.
Einige weitere Kollegen standen bereits neben ihr.
Jeder von ihnen wusste genau was er tat.

„Da kommt er", entfuhr es Jason, einem von ihnen.

Wie schon hunderte Male zuvor verfolgten wir, wie der Rettungshubschrauber auf das Krankenhaus zusteuerte und die Geräusche der Rotorblätter immer lauter wurden.

„Sie landen in einer halben Minute", kommentierte er wieder.

Die Haare aus meinem hohen Pferdeschwanz peitschen mir abwechselnd in meinen Nacken und in mein Gesicht, als der Helikopter immer näher kam.

Schließlich setzte er sanft auf.

Niemand wusste so genau, was zu erwarten war.
So, wie eigentlich immer.

Doch ich fühlte mich ungewohnt angespannt, nervös. Mein Herz schlug viel schneller als sonst in solchen Situationen. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen.

Lag es daran, dass ich wusste, dass es sich um jemanden mit einer Schussverletzung handelte?
Das hatte ich in den 3 Jahren hier - im Krankenhaus dieser kleinen, langweiligen Stadt - zuvor noch nicht erlebt.
Oder lag es viel mehr daran, dass jemand verletzt war, der so alt war wie ich selbst?
Mit einem kurzen Kopfschütteln versuchte ich die Gedanken zu vertreiben und mich wieder zu konzentrieren.

Es fiel mir nicht leicht in dieser Nacht.

Niemand wagte es zu reden.

Gebannt richteten alle ihre Blicke auf die Tür.
Sie begann sich zu öffnen.

Durch den Mund atmete ich tief ein und verharrte.

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Hallo ihr Lieben, das ist das 1. Kapitel meines neuen Buches.
Ich hoffe es gefällt euch.

Was haltet ihr von Lynn?

Was ist wohl mit ihren Eltern passiert?

Und was ist wohl in der Stadt passiert?



Ich würde mich sehr über Votes von euch freuen, wenn ihr die Kapitel mögt, damit ich auch mitbekomme, falls es so sein sollte 😊.

Ich gebe mir Mühe, auf alle Kommentare einzugehen, die ihr hinterlasst und hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen 😉.

Wünsche euch einen tollen Tag ☺️.

F.



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Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielحيث تعيش القصص. اكتشف الآن