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Mit einem lauten Knarren hatte sich die Tür öffnen lassen und gewährte uns dann Einblick in das Innre der Lagerhalle.

Sie wirkte dunkel und kalt.

Durch die vielen zerstörten Fenster pfiff der Herbstwind und wehte ein paar auf dem Boden liegende Sägespäne über den Belag.

Als ich meine Augen über die Fläche gleiten ließ, konnte ich zahlreiche Maschinen erkennen.
Einige waren unter Planen versteckt, andere offen sichtbar und von einer dicken Staubschicht umhüllt.
Ich vermutete, dass diese Gerätschaften zur Verarbeitung von Holz dort standen.

Mein Patient und ich traten langsam ein und schlossen die Tür hinter uns.

Zögerlich näherten wir uns einigen Maschinen und beäugten sie nacheinander von Nahem.

„Holzverarbeitung", sagte er, als er mit dem Zeigefinger ein paar Sägespäne von der Oberfläche eines Schleifers wischte und sprach damit meine Gedanken laut aus.

„Ja. Eine Schreinerei oder ein Tischlereibetrieb nehme ich an."

Er nahm seine Mütze ab.

Neugierig inspizierte ich den großen Vorraum, der neben zahlreichen Maschinen auch Regale und Schränke voller Holz, Nägel, Schrauben, Leim und weiteren Materialen in sich hatte.
Ich schaute in jede Ecke und beäugte alles haargenau, was mir vor die Linse kam.
Doch es wirkte unspektakulär und sah genauso aus, wie man es sich vorstellen würde, wenn man an eine Lagerhalle dachte.

Nach einigen Minuten rief mein Patient nach mir.
Er schien irgendwann einfach in einer Nische stehen geblieben zu sein, während ich meine Erkundungstour fortgesetzt hatte.

„Was ist?", fragte ich aufgeregt, während ich auf ihn zu lief.

„Ich... ich werde das Gefühl nicht los, dass das noch nicht alles ist, sondern dass es hier noch mehr Räume gibt."

Ich lächelte.
„Ich weiß. Auf der anderen Seite gibt es ein Büro, eine kleine Küche und eine Toilette. Die Türen standen offen.
Ich wollte mir die Zimmer gerade ansehen, als du...", er unterbrach mich.
„Nein, das meine ich nicht."
Nervös stieß er Luft aus und fuhr sich dann durch die Haare.
„Es ist... ich... ich war hier schonmal. Ich kenne diesen Ort."

Mit großen Augen starrte ich ihn an und spürte wie mein Mund auszutrocknen schien.

Konnte das sein? Kam nun endlich eine Erinnerung zurück?

„Wirklich? Oh mein Gott! Das wäre ja einfach...", er stoppte mich schon wieder.
„Ich fühle, dass ich hier war, aber ich erinnere mich nicht. Ich weiß, dass es hier noch mehr Räume gibt. Im Verborgenen."

Verwirrt stierte ich ihm in die Augen.

„Was meinst du damit? Etwa... einen Geheimraum oder sowas?"

Er zog seine Augenbrauen zusammen.

„Keine Ahnung. Aber... irgendwo muss es hier nach unten gehen."

„Nach unten?" Nun verzog auch ich meine Brauen.
„In einen Keller?"

„So etwas in der Art", sagte mein Patient, drehte sich um und schien nach einem Weg dorthin zu suchen.

Obwohl ich immer noch mehr als verwirrt über seine Aussagen war, spürte ich, dass er sich seiner Sache sicher war und ging deshalb einfach hinter ihm her.

Mit den Augen auf den Boden gerichtet scannten wir jeden Quadratmeter des Untergrundes, doch nirgendwo schien ein Treppenabgang zu sein. Auch im Büro, in der Küche und im Bad nicht.

Nachdem wir alles abgesucht hatten, sah mein Patient mich verzweifelt an und seufzte.

„Ich hätte schwören können, ich hätte recht. Ich dachte, ich hätte endlich..." und dann unterbrach ich ihn, denn mein Blick fiel auf etwas.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWhere stories live. Discover now