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Das Hämmern wurde immer lauter und ich hielt den Atem an. Auch er rührte sich nicht. Sein Brustkorb verharrte und ich konnte die Panik in seinen Augen erkennen.

Wie schlimm musste es sein, keine Ahnung zu haben wer man war oder was man getan hatte - nur zu wissen, dass man in eine Straftat verwickelt war und von unheimlichen Gestalten verfolgt wurde, nachdem man angeschossen wurde und wiederbelebt werden musste.

Wirre Gedanken blitzten mir durch den Kopf:
Hatten die Männer, die ihn suchten, uns gestern etwa beobachtet und waren uns bis zu meiner Wohnung gefolgt? Vielleicht gehörte er ja wirklich zu dieser Gang, die den Juwelier überfallen hatte.
Hatten diese Typen ihm möglicherweise einen Auftrag gegeben, den er nicht erfüllt hatte oder hatte er Fehler gemacht und würde jetzt dafür büßen müssen? Würde er bestraft? Würden sie ihm etwas antun?

Oder war es die Polizei, die versuchte hier einzudringen? Vielleicht wurde mittlerweile seine Identität geklärt und die Behörden suchten nach ihm. Möglicherweise hatte sich herausgestellt, dass er ein bereits bekannter Krimineller war.

Und ich hatte ihn bei mir versteckt. Ich hing mit drin. Sie würden definitiv glauben ich gehörte zu ihm.

Oh Gott! Was hatte ich mir nur dabei gedacht ihn mit zu mir zu nehmen? Wie blöd war ich bitte?

Meine Gedanken machten mich wahnsinnig.

Seine weit aufgerissenen Augen flackerten zwischen meinen hin und her und ich spürte, wie es innerlich in ihm aussehen musste.

Als ich tief in das wunderschöne Grünbraun sah und mir wieder bewusst wurde, dass er niemanden hatte und niemanden kannte - nicht mal sich selbst - verdrängte ich meine Bedenken sofort wieder.
Ich hatte das Richtige getan und musste jetzt versuchen, so gut es ging mit den Konsequenzen umzugehen. Was auch immer das bedeutete.

„Hey! Sofort aufmachen!", rief die Männerstimme aggressiv vor der Tür und die Person trommelte wieder heftig gegen das Holz.

Ohne ihn aus den Augen zu lassen schluckte ich hart. Ich spürte, dass der Kerl vor meiner Wohnung zu allem bereit sein würde, wenn ich mich nicht rührte und seinem Befehl folgte.

„Sofort, oder ich trete die Tür ein! Ich weiß, dass ihr dadrin seid", schrie er wütend aus voller Kehle und schlug weitere Male gegen das Holz.

Ich hatte schreckliche Angst vor dem, was in den nächsten Sekunden passieren würde.
Er spürte das.

Obwohl er selbst in Sorge war, nahm er plötzlich meine Hand in seine und fuhr behutsam über meine Fingerknöchel.

Für wenige Sekunden konnte ich dieses schöne Gefühl genießen und meine Atmung verlangsamte sich wieder etwas, bevor er es mit seinen Worten unterbrach und mich in die Realität zurück holte.

„Du musst es tun, egal welche Konsequenzen das für mich haben wird. Lynn, ich danke dir für alles was du für mich getan hast, aber jetzt ist es an der Zeit, dass ich mich der Vergangenheit stelle - wie auch immer sie ausgesehen hat", flüsterte er mir angespannt zu und ich sah in seinen Augen, dass er seine Worte auch genauso gemeint hatte.

Ich wusste, dass er Recht hatte. Ich musste es tun.

Ihn irgendwo in meiner Wohnung zu verstecken und erst dann die Tür zu öffnen machte keinen Sinn. Bis ich ihn auch nur vom Sofa gehievt hatte, würden Minuten vergehen, die ihm zusätzlich noch heftige Schmerzen bereiteten. Bis dahin hätte der aggressive Typ mit Sicherheit schon mein komplettes Appartement auseinandergenommen.

Ich hatte also keine Wahl. Ich musste öffnen - und zwar so schnell wie möglich, wenn ich nicht wollte, dass meine Tür eingetreten wurde.

Ich schloss meine Augen, nickte kurz und drückte mit meiner Hand seine, die immer noch in ihr lag.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWhere stories live. Discover now