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„So Mrs. Meyers, ich wollte mich noch von Ihnen verabschieden. Da es Ihnen ja nun deutlich besser geht, werden Sie die Intensivstation in ein paar Stunden verlassen und auf Station 3 weiterbehandelt, bis sie völlig genesen sind", teilte ich einige Stunden später meiner zukünftigen Ex-Patientin mit.

Diese lächelte mich an.

„Vielen Dank Schwester Lynn. Ich habe mich sehr gut von Ihnen behandelt gefühlt", entgegnete Sie.

Ein breites Grinsen machte sich auf meinen Lippen breit. Solche Komplimente bekam ich unheimlich gerne. Jemand der meine Arbeit und die Mühen zu schätzen wusste und mir das auch mitteilen konnte, hatte bei mir einen hohen Stellenwert.

Als ich aus Mrs. Meyers Zimmer trat und die Tür ins Schloss fiel, verfolg mein Schmunzeln jedoch recht schnell und machte der Aufregung platz, die mir in den Körper fuhr, als mir bewusst wurde, dass ich nun noch einmal nach ihm sehen musste.

Ich hoffte, er hatte in Ruhe schlafen können und die Schmerzmittel wirkten.
Vielleicht war er ja mittlerweile sogar in der Lage mit mir zu sprechen.

Nach einem kurzen Klopfen ohne Antwort trat ich leise in sein Zimmer ein.
Mittlerweile war es früh am Morgen und die ersten Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster.

Als ich an seinem Bett ankam sah ich, dass er immer noch schlief. Seinen Kopf hatte er zur Seite gedreht und seine weichen braunen Wellen fielen ihm wieder in die Stirn.

Ich schmunzelte. Zu gerne hätte ich sie ihm weggestrichen, tat es aber nicht.

Etwas Anspannung war von mir abgefallen, als ich sah, dass er ruhig schlief und sein Körper entspannt wirkte.
Mit einem Blick auf den Monitor konnte ich sehen, dass seine Werte ebenfalls weiterhin gut aussahen.

Wunderbar. Ich hoffte so würde es bleiben.

Als ich mich gerade umdrehen wollte um wieder zu gehen, regte er sich plötzlich.

Wie versteinert blieb ich stehen und ließ meinen Blick auf ihm hektisch hoch und runter springen.

Er drehte sich auf den Rücken und begann seine Augen langsam zu öffnen.

Sofort schoss mir die gerade abgelegte Nervosität zurück in meinen Körper.
Wie würde es ihm jetzt wohl gehen? Hatte er noch Schmerzen? Konnte er nun kommunizieren?

Meine Hände wurden feucht, als seine Augen meine trafen. Ich fühlte mich wie hypnotisiert.
Einige Sekunden lang starrten wir uns nur an, als er plötzlich begann, mich sanft und kaum merklich anzulächeln. Und dieses Lächeln war ganz anders als gestern Abend.

Oh! Mein! Gott!

Seine Augen waren einfach wunderschön, aber sein zaghaftes Lächeln war das atemberaubendste das ich je gesehen hatte.
Obwohl es nur sehr schwach ausgeprägt war, löste es ein kurzes aber heftiges Ziehen in meiner Bauchgegend aus.

Was passierte hier nur? Was war mit mir los?

Wieder war ich in Sekundenschnelle unfassbar angespannt und mein Herz schlug wild in meiner Brust.
Ich konnte mich doch nicht zu jemandem hingezogen fühlen, mit dem ich noch kein einziges Wort gewechselt hatte. Und schon gar nicht zu jemandem, der höchstwahrscheinlich kriminell war.
Das war doch einfach nicht normal!

Ich musste diesen Gedanken verdrängen.
Auch wenn er mir optisch gefiel, durfte ich mich nicht von dem Grund ablenken lassen, weshalb er hier war: Ein Überfall mit Geiselnahme und einer Schießerei!

Als ich mich wieder etwas gefangen hatte, erwiderte ich sein Lächeln.

Erneut rührten wir uns einige Sekunden lang nicht, schauten uns nur in die Augen, lächelten und verharrten, ehe ich reagieren konnte.
Ich war ja nicht zum Spaß hier, sondern hatte einen Job zu erledigen. Auch, wenn er in ein paar Tagen endete.

„Guten Morgen. Ich hoffe du hast ... gut geschlafen und die Medikamente haben ... gewirkt.", brachte ich zögerlich heraus.

Daraufhin konnte ich sehen, wie er begann, tief einzuatmen um so viel Luft wie möglich aus seiner Lunge zu holen.
Dabei verspannte er seinen kompletten Oberkörper. Es schien ihn unendlich viel Kraft zu kosten.

Er öffnete seine Lippen.

„ ... Ja ... habe ... i ... ich", ertönte zum ersten Mal seine Stimme.
Sie war heiser, rau und dünn, doch ich freute mich unendlich darüber, sie nun gehört zu haben.
Meine Wangen wurden heiß.

Anscheinend hatte er in den letzten Stunden genügend Kraft gewonnen um seine Kehlkopfmuskeln nun wieder nutzen zu können.

Wenn es auch etwas Zeit und Training brauchte, er würde es schaffen - irgendwie wusste ich es, spürte ich es.

****

Hi ihr Lieben,
hier kommt Kapitel 9.

Ich hoffe ihr mochtet es ☺️

Er ist endlich aufgewacht und kann sprechen.
Was hat er wohl zu sagen? Wird er Lynn über den Raub aufklären? Was meint ihr?

Über Votes und Kommentare würde ich mich sehr freuen 😊

Ich drücke euch, bis bald

-F.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWhere stories live. Discover now