27 (Lesenacht: Kapitel 5/5)

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„Sue, bitte geh da jetzt nicht rein", bettelte ich meine ehemalige Kollegin an und hoffte, sie würde auf mich hören.

„Was? Wieso nicht? Noch schlimmer aussehen als in deinem Wohnzimmer kann es dadrin ja gar nicht", sagte sie und sah mich verwirrt an.

„Doch... nein. Bitte nicht.
Weil... weil..." Ich konnte einfach nicht weitersprechen.

„Jaaaaaa...?", fragte sie neugierig und kam mir immer näher.

Sie machte mich so nervös und der Druck in mir war nun unerträglich. Ich musste es ihr sagen, ich hielt es nicht mehr aus.

Und ich tat es dann auch.

„Weil da jemand drin ist", platzte es aus mir heraus und dieser Satz sorgte dafür, dass Sue der Mund aufklappte.

„Da ... ist ... jemand drin?", flüsterte sie nun ungläubig.

Ich nickte beschämt.

Es war die Wahrheit.

Sie starrte mich einige Sekunden lang an, bevor sie ihren Blick wieder im Wohnzimmer herumwandern ließ, der schließlich auf der Jogginghose hängen blieb, die auf der Armlehne des Sofas hing.

Auch wenn es nicht ganz den Tatsachen entsprach, hatte sie jetzt scheinbar verstanden, worum es ging.

„Nein!", keuchte sie mit aufgerissenen Augen und grinste dann so breit, wie ich es noch nie zuvor bei ihr gesehen hatte.

„Du hast einen Typen in deinem Schlafzimmer?
Ich glaub es nicht... Na das nenne ich mal einen Krankenbesuch", lachte meine Freundin leise.

Na super, da hatte ich mir ja echt etwas eingebrockt!

Mit verkniffenem Mund und sicherlich roten Wangen sah ich sie an und wusste nicht, was ich sagen sollte.

„Wer ist es? Kenne ich ihn? Wie lange geht das schon?", fragte sie flüsternd und aufgeregt und konnte meine Antwort auf die Fragen kaum erwarten.

Ich schüttelte den Kopf und versuchte, mich aus der Situation herauszuwinden.

„Nicht jetzt Sue, bitte. Ich erkläre dir alles später."

Natürlich deutete sie meine Aussage komplett falsch und wackelte mit den Augenbrauen.

„Alles klar, ich soll abhauen, verstehe schon. Na dann, viel Spaß noch und weiterhin gute Besserung."

Sie grinste bis über beide Ohren, während sie schnellen Schrittes auf die Haustür zulief.

„Danke. Auch für die Suppe", bedankte ich mich halbherzig lächelnd bei meiner Freundin.
„Und bitte, kein Wort zu niemandem."

Sie nahm die Klinke in die Hand, öffnete die Tür, stieg über die Schwelle und drehte sich noch einmal um.

„Okay. Das verspreche ich. Aber ich warte noch auf die Auflösung. Ich freue mich sehr für dich.
Ciao Süße." Dann winkte sie und verschwand.

Fix und fertig starrte ich ihr hinterher, bevor ich mich irgendwann wieder fing und grübelnd ins Schlafzimmer zurückging.


Mein Gast sah mich mit großen Augen an und hatte ein schelmisches Grinsen aufgesetzt.

„Hab alles gehört, obwohl sie ja am Ende geflüstert hat", gab er frech von sich.

Beschämt verzog ich mein Gesicht, stöhnte auf und lief um das Bett herum, um mich auf den Schreibtischstuhl zu setzen und mein Gesicht in meinen Händen zu vergraben.

Das musste doch wirklich alles ein Scherz sein!

Ich wusste, ich musste Sue in den nächsten paar Tagen irgendeine Story auftischen, sonst würde sie keine Ruhe geben. Sie meinte es ja nur gut und hatte sich ehrlich darüber gefreut als sie glaubte, ich hätte einen neuen Freund.
Aber sie würde nicht locker lassen. Sie war einfach zu neugierig.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWhere stories live. Discover now