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Ich erschrak mich vor mir selbst, als ich im Bad in den Spiegel sah.

Meine Augen waren knallrot, aufgequollen und sicherlich nur halb so groß wie sonst. Es fiel mir extrem schwer, meine Lider offen zu halten und meine Umgebung scharf wahrnehmen zu können.

Während ich mir kaltes Wasser über die Handgelenke laufen ließ, um meinen Kreislauf etwas zu stabilisieren, tauchte Kierans Schrift wieder vor meinen Augen auf.

Ich habe mich in dich verliebt'.

Augenblicklich bildete sich eine heftige Gänsehaut auf meinem gesamten Körper, die mich dazu brachte, mich reflexartig zu schütteln.

Noch nie zuvor hatte mir jemand seine Gefühle so offen gestanden. Jemand, für den ich die gleichen Empfindungen hatte.
Dagegen war alles andere, das ich vor Kieran erlebt hatte, ein Kindertheater.

Mein Herz schmerzte bei dem Gedanken daran, dass er im gleichen Moment höchstwahrscheinlich in einer Zelle saß und nicht wusste, was mit ihm geschehen würde.

Und das war doch genau das, was ich seit Wochen mit allen Mitteln zu verhindern versuchte.

Ich war gescheitert...


Schwer schluckend trocknete ich meine Hände ab und ging zurück an den Tisch, wo ich Kierans Nachricht vom Rest des Zettels abriss, faltete und in mein Portemonnaie steckte.

Dann hielt ich es an meine Brust und nahm ein paar tiefe Atemzüge, während ich meine Augen schloss.

Mein Herz fühlte sich so unfassbar schwer an.

Doch die Zeit des Grübelns und Trübsalblasens musste ein Ende nehmen, denn ich wollte schnellstmöglich Kierans Unschuld beweisen und dafür musste ich handeln.

Nur leider hatte ich überhaupt keine Idee, wie ich das anstellen sollte.

Gemeinsam hatten wir bereits wochenlang nach Anhaltspunkten gesucht, aber bisher nichts Stichfestes gefunden.

Wie sollte ich das nur ändern?

Jetzt, wo ich allein war...

Doch vielleicht war ich gar nicht so allein wie ich dachte.

Ich griff zu meinem Handy und rief Millie an, die zufälligerweise gerade bei Sue auf dem Balkon saß.



Mit wild pochendem Herzen hatte ich den beiden kurz und knapp erzählt, was sich in den letzten Tagen abgespielt hatte.

Sie hörten aufmerksam zu, gaben den ein oder anderen Kommentar ab, der von: „Oh mein Gott, total süß" bis „wie furchtbar, das kann doch nicht wahr sein" reichte und ich spürte, dass sie meine Emotionen bei jedem meiner Sätze teilten. Sie fühlten mit mir und konnten sich problemlos in meine Lage hineinversetzen. Das gab mir ein sehr gutes Gefühl.

Nachdem ich meinen Vortrag beendet hatte, atmete ich tief aus und ließ die Stille in der Leitung über mich ergehen, bis Sue dann die erste war, die wieder das Wort ergriff.

„Lynn, ich denke du hast nur eine Chance."

Nervös biss ich mir auf die Lippe.

Meine Freundin schien also einen Plan zu haben. Ich hoffte so sehr, dass er gut war und mich ans Ziel bringen würde.

„Du musst mit diesem Connor sprechen. Er ist sein Bruder. Wenn Jemand etwas über ihn weiß was dir helfen könnte, dann er. Er scheint sein einziges Familienmitglied zu sein, das noch lebt."

Mit dem Handy am Ohr stand ich auf und ging zum Fenster. Ich starrte in den Wald hinaus und spürte die Kälte auf meiner Haut. Ohne Kieran fühlte sich einfach alles kalt an.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWhere stories live. Discover now