54

3.2K 112 16
                                    


Ich traute meinen Ohren kaum.
Hatte er gerade wirklich das gesagt, was ich meinte gehört zu haben?
Und falls ja, hatte er es auch genauso gemeint?

Ich schluckte heftig und rang dann nach Luft.

Mein Puls schoss in die Höhe und meine Hände wurden noch schwitziger als sie eh schon waren.

Bestand die Möglichkeit, dass er auch so fühlte wie ich?

Und dabei war ich mir ja noch nicht einmal sicher, was genau ich für ihn fühlte. Aber dasselbe hatte er ja eben auch gesagt, oder?
Fühlten wir uns beide einfach zu einander hingezogen, egal was in der Vergangenheit gewesen ist oder zukünftig noch kommen würde?

Hmm. Es schien tatsächlich so.
Ich hatte es mir nicht bloß eingebildet. Und auch meine Freundinnen hatten das anscheinend nicht.
Er mochte mich wirklich und das nicht nur, weil ich ihn begleitete. ‚Sondern weil du du bist' hatte er gesagt.

Und auch küssen wollen hatte er mich bereits einige Male zuvor, doch fühlte sich einfach unsicher und entwich den Situationen dann mit flapsigen Sprüchen.

So langsam machte alles wieder Sinn für mich.

Ich spürte, wie mir nach dieser Erkenntnis ein warmer Schauer über den Rücken lief und ich deshalb kurz zusammenzuckte.
Dieses Gefühl, das sich in mir ausbreitete, war unglaublich schön. Warm und wohlig. Doch auch Nervosität hatte sich darunter gemischt. Auf den Verkehr konnte ich mich in diesem Moment kaum noch konzentrieren.

Vorsichtig bremste ich, steuerte den Straßenrand an und stellte den Motor ab, nachdem wir halb auf dem Gras und halb auf dem Teer zum Stehen gekommen waren.

Ich drehte mich auf meinem Sitz langsam zu ihm und sah meinem Beifahrer das erste Mal wieder in die Augen. Angespannt musterte ich dann sein komplettes Gesicht.

„Ich... ich kann gar nicht glauben... was du gesagt hast", flüsterte ich beinah.

Meine feuchte Hand wurde dann erneut von seiner umhüllt. Stumm fuhr er über meine Fingerknöchel. Obwohl ich es physiologisch kaum für möglich gehalten hatte, pochte mein Herz daraufhin noch etwas schneller in meiner Brust.

„Ich denke... ich denke es geht mir ähnlich wie dir. Was auch immer du in deiner Vergangenheit getan hast... ich glaube nicht, dass es das Bild zerstören könnte, das ich von dir bekommen habe... und... und sehr mag."

Die Gesichtsmuskeln meines Gastes entspannten sich nach diesem Satz von mir wie auf Knopfdruck und er ließ mit einem zarten Lächeln seinen Blick auf unsere verschlungenen Hände fallen.

Einige stille Sekunden vergingen, bevor er sein Grinsen ausweitete.
„Ich hoffe nur, ich bin kein Serienkiller. Dann musst du deine Meinung ändern." Er blickte mir mit halb zugekniffenen Lidern wieder in die Augen.

„Werden wir sehen", murmelte ich und grinste dann ebenfalls.
Aber ich war mir sicher: Der war er niemals. Ausgeschlossen!

„Lynn, lass uns herausfinden wer ich bin. Und dann schauen wir, wie sich unsere Gefühle für einander entwickeln und sprechen wieder darüber, okay?"

„Ja, das klingt vernünftig", stimmte ich seinem Vorschlag zu.

Das war das einzig Logische.

Das offene Gespräch, das wir hatten, schien uns Beiden unglaublich gut getan zu haben, denn ich fühlte mich - trotz der Umstände die auf uns zukommen würden - so frei wie schon lange nicht mehr und es wirkte so, als ob es meinem Patienten ähnlich erging.
Wir hatten beschlossen, seiner Vergangenheit auf den Grund zu gehen und dann zu schauen, wie wir danach zu einander stehen würden und waren uns darüber einig.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt