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Die Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht und ich schlug langsam die Augen auf und blinzelte.
Als mein Blick auf den Wecker fiel musste ich feststellen, dass es bereits 10:47 war.
Nach der Erschöpfung von gestern Nacht hatte ich scheinbar geschlafen wie ein Stein.

Meine Schlafzimmertür hatte ich offen gelassen um zu hören, falls ... äh ... mein Gast ... sich bemerkbar machen würde. Doch anscheinend war das nicht der Fall gewesen.

Nachdem er auf dem Sofa eingeschlafen ist, hatte ich ihn zugedeckt, alle Lichter gelöscht und mich in mein Bett gelegt. Ich lag noch einige Zeit wach, ehe ich endlich schlafen konnte, obwohl ich mehr als erschöpft war. Vieles ging mir durch den Kopf.

Wie hatte ich mir das nur vorgestellt? Ich konnte ihn weder hier vor zwielichtigen Gestalten verstecken noch in meinem kleinen Appartement gesund pflegen - eigentlich. Doch ich hatte mich dafür entschieden - aus welchen Gründen auch immer. Jetzt gab es kein zurück mehr. Ich hoffte einfach, niemand würde etwas erfahren und er schnell gesund, dann verschwinden, und ich wäre aus dem Schneider.

Gähnend fuhr ich mir durch die Haare und blickte zu Charly. Sie lag in ihrem Körbchen und schlief friedlich. Anscheinend ließen sie die Ereignisse der letzten Nacht völlig kalt.

Ich schlug meine Decke auf, schwang meine Beine aus dem Bett und hievte mich hoch.
Barfuß tapste ich auf meine offene Schlafzimmertür zu, hielt mich am Rahmen fest und sah vorsichtig um die Ecke.

Mein „Patient" lag noch genauso da, wie ich ihn gestern auf dem Sofa zurückgelassen hatte.
In meinen flauschigen rosa Bademantel gewickelt, mit der Decke bis zu den Hüften, schlief er seelenruhig vor sich hin und sein freier Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig.

Die starken Tabletten schienen gewirkt zu haben und bescherten ihm zumindest eine schmerzfreie Nacht.

Erleichtert schmunzelte ich. Auf Zehenspitzen ging ich an ihm vorbei und lief in die Küche um etwas Frühstück vorzubereiten.
Da ich keine Ahnung hatte was er mochte, lud ich alles aufs Tablett, was mein Kühlschrank hergab.
Käse, Wurst, Honig, Marmelade, Tomaten, hartgekochte Eier, Blattsalat, Joghurt, Apfel- und Traubensaft.
Schnell schaltete ich die Kaffeemaschine an und wartete nervös darauf, dass der Kaffee endlich durchgelaufen war.

Nachdem ich zwei Tassen vollgegossen und Geschirr und Besteck aufgeladen hatte, machte ich mich mit dem schweren Tablett auf den Weg zurück ins Wohnzimmer.

Er lag unverändert auf der Couch und hatte sich nicht gerührt. Nur mein Bademantel war zu den Seiten weggerutscht, da ich ihn nicht zugebunden hatte.

Ok Lynn, nicht starren!

Und auch nicht das Tablett fallen lassen!

Ich stellte es leise auf dem Wohnzimmertisch ab und setzte mich vorsichtig auf die Kante des Sofas.

Einen Augenblick lang beobachtete ich ihn noch ehe ich ihn ansprach.

„Hey", flüsterte ich zu erst leise, und dann immer lauter, doch nichts tat sich. Er lag einfach so da und reagierte nicht auf mich. Seufzend gab ich auf. Ich musste Trick siebzehn ausprobieren - der hatte in der Vergangenheit ja nun schon öfter geklappt.

Langsam ließ ich die Finger meiner Hand zu seinen gleiten, die er weit von sich getreckt hatte. Vorsichtig berührte ich mit meinen Fingerkuppen seinen Handrücken. Die Wärme, gemischt mit Aufregung die dabei durch meinen Körper fuhr, genoss ich sehr.

Er zuckte unter meiner Berührung zusammen, zog seine Hand aber nicht weg, sondern öffnete die Augen.
Er sah sich kurz im Wohnzimmer um, ehe seine Blicke mich trafen.

Verwirrt starrte er mich an.

Ich bekam Angst.

Hatte er etwa vergessen, was gestern passiert war? Hatten die Schmerz- und Beruhigungsmittel ihm so zugesetzt?

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWhere stories live. Discover now