Treize

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Mit Coco zu telefonieren hatte mir wirklich geholfen mich hinterher vernünftig auf meinen Artikel konzentrieren können, den ich kurz vor Fristende ins Büro hatte schicken können.

Als ich später im Bett gelegen hatte, waren die Erinnerungen zurückgekommen und so schön sie auch waren, es waren eben nur Erinnerungen und ich wusste, dass Pierre und ich uns nie wieder sehen würden.
Okay, das hatte ich beim letzten Mal auch schon gesagt, aber dieses Mal glaubte ich fest daran, denn ein drittes Aufeinandertreffen wäre purer Hohn des Schicksals gewesen.

Irgendwann hatte ich es dann tatsächlich geschafft einzuschlafen und als ich am nächsten Morgen aufgewacht war, war bereits der Tag meiner Abreise gekommen. Nach einem letzten ausführlichen Frühstück im Hotel hatte ich meine Sachen gepackt und war zum Bahnhof gefahren, von da aus ging es zurück nach Paris, wo ich direkt ins Büro fuhr, um den Nachmittag dafür zu nutzen, meinen Schreibtisch und Computer aufzuräumen, bevor es morgen wieder normal mit der Arbeit losging.

Während der Zugfahrt informierte ich mich über das politische Geschehen der letzten Woche, weil ich während meines Aufenthalts in Le Castellet nicht wirklich Gelegenheit dazu gehabt hatte und ich ab morgen wieder darüber statt über die Formel 1 schreiben würde.

Kurz bevor ich Paris erreichte, klingelte mein Handy und Cocos Name erschien auf dem Display. Weil ich in meinem Abteil alleine saß und somit niemanden stören konnte, hob ich ab.

"Hey, was gibt's?"

"Warst du heute schon auf Social Media?", antwortete meine Schwester ohne Begrüßung mit einer Gegenfrage und ihre nervöse Stimme ließ bei mir sofort die Alarmglocken schrillen.

"Nein, wieso?"

"Weil Pierre und du überall seid. Die Hashtags #pierresmysteriousgirl und #pierregaslysnewgirlfriend gehen durch die Decke und es gibt unzählige Fotos und Videos von gestern Nachmittag."

Mir gefror das Blut in den Adern und ich schaltete sofort auf Lautsprecher, damit ich gleichzeitig Instagram öffnen konnte. Ich musste nur Pierre Gasly eingeben und mir die aktuellsten Beiträge anzeigen lassen, dann sprang mir überall mein Gesicht entgegen.
Aufnahmen davon, wie ich klatschnass dem Mechaniker gegenüberstand, wie Pierre zu uns stieß und mir sein T-Shirt gab, wie wir gemeinsam verschwanden und wie ich später in seinem Hoodie durch den Paddock lief.

"Bitte sag mir, dass das nur Gerüchte sind und niemand weiß, wie wir wirklich zueinander stehen", hauchte ich verzweifelt während ich durch die Beiträge scrollte.

"Bis jetzt hab ich nur gesehen, dass sie dich für seine neue Freundin halten, aber wenn es um neue Freundinnen geht, werden immer auch die alten ausgepackt, also werden mit Sicherheit bald alte Fotos von euch auftauchen und dann wird das ganze ein Selbstläufer werden."

"Verdammt!", entfuhr es mir mit Tränen in den Augen und ich spürte, wie sich zunehmend Wut über meine Hilflosigkeit in mir breit machte, "Was soll ich denn jetzt tun?"

"Ich hab keine Ahnung, Lou. Im besten Fall lassen die Gerüchte von alleine nach und in ein paar Tagen oder Wochen ist alles wieder gut."

"Und im schlimmsten Fall?", hakte ich nach, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich die Antwort wirklich hören wollte.

"Im schlimmsten Fall stellen Leute eine Verbindung zwischen dir und deinem Artikel her und deine Kollegen kriegen es mit."

Entsetzt riss ich die Augen auf, denn daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Wenn Monsieur Roux erfuhr, dass ich Pierres Exfreundin war, würde er wütend sein, weil ich ihm das nicht gesagt hatte und er wahrscheinlich jemand anderen für den Job ausgewählt hätte. Er würde denken, ich hätte es ihm absichtlich verschwiegen, um die Artikel schreiben zu dürfen und in gewisser Weise hatte er damit ja auch Recht.

Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue.Where stories live. Discover now