Vingt-huit

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Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Moment lang Schweigen, dann hörte ich Coco leise seufzen.

"Oh Lou, ich weiß nicht, was ich sagen soll", gestand sie schließlich und ich musste trotz der Tränen in meinen Augen schmunzeln.

"Schon okay, du musst nichts sagen. Ich hab es mir ehrlich gesagt nicht eingestanden bis ich es gerade laut ausgesprochen habe und jetzt hab ich keinen blassen Schimmer, wie es weitergehen soll", antwortete ich mit brüchiger Stimme und wischte mir mit der freien Hand über die Augen, um sie ein wenig zu trocknen.

"Denkst du, Pierre wird versuchen Kontakt zu dir aufzunehmen?"

"Keine Ahnung, aber ich wüsste nicht wie."

"Na ja, er kann nach dem Artikel fragen, den du geschrieben hast. Sein PR-Manager hat sicher irgendwo eine Sammlung aller Interviews und Artikel über ihn und da ist der von dir bestimmt dabei. Oder er wendet sich an Esteban, falls er mitbekommen hat, dass ihr wieder miteinander schreibt", überlege Coco laut und brachte mich damit kurz zum Lachen.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass Pierre sich überwindet und Esteban um Hilfe bittet. Die beiden mögen ihre Feindseligkeit abgelegt haben und miteinander klarkommen, aber den jeweils anderen um Hilfe zu bitten, ist dann doch eine völlig andere Nummer."

"Na gut, damit könntest du Recht haben. Aber wäre es nicht romantisch, wenn sich Pierre um deinetwillen an Esteban wendet? Das wäre doch ein Zeichen, wie wichtig du ihm bist", warf meine Schwester ein und ich zog einige Sekunden lang nachdenklich die Stirn kraus.

"Ja, vielleicht wäre es romantisch. Aber selbst wenn er Kontakt zu mir aufnehmen sollte, wüsste ich nicht, was dann passieren würde. Es ist so viel Zeit vergangen, es ist so viel passiert und obwohl Pierre jetzt weiß, dass ich ihn damals nicht betrogen habe, weiß er ja trotzdem von dieser anderen Sache noch nichts. Dass ich ihn wegen des Betrugs angelogen habe, könnte er mir vielleicht noch verzeihen, aber das andere?"

"Aber wenn er doch jetzt sowieso schon die Wahrheit über die Absage der Hochzeit kennt, wieso dann noch weiter lügen? Sag es ihm und dann liegt der Ball bei ihm und er kann entscheiden, wie es von ihm aus weitergehen soll", schlug Coco vor, woraufhin ich sofort entschlossen den Kopf schüttelte.

"Nein, auf keinen Fall. Nur weil mir das eine Geheimnis rausgerutscht ist, muss ich das mit dem anderen nicht wiederholen", widersprach ich sofort.

"Aber was, wenn er es auf andere Weise herausfindet? Was, wenn ihr wieder zusammenkommt und glücklich seid und er es dann erfährt?", versuchte Coco mich zu bearbeiten, aber ich schüttelte erneut den Kopf.

"Da wir sowieso nicht wieder zusammenkommen werden, ist das eine unnötige Frage. Pierres und meine Geschichte ist vorbei und damit war's das. Vielleicht lassen meine Gefühle für ihn ja doch noch irgendwann nach."

"Ach Lou, du weißt genauso gut wie ich, dass das nicht passieren wird. Wenn die letzten fünf Jahre Abstand und die Tatsache, dass er dich in Le Castellet mit voller Absicht so verletzt hat, nichts an deinen Gefühlen ändern konnten, dann wird mehr Zeit das auch nicht tun."

Das war nicht das, was ich hören wollte, aber ich wusste, dass Coco Recht hatte. Wenn all die Dinge, die passiert waren, meine Liebe zu Pierre nicht hatten mindern können, dann würden ein paar weitere Jahre daran auch nichts ändern. Und ein paar weitere Jahre klang nach einer verdammt langen Zeit.

Aber ich wollte ungern zugeben, dass meine Schwester richtig lag, obwohl mir klar war, dass sie das selbst wusste. Also biss ich mir kurz nachdenklich auf die Lippe und versuchte dann, meine Stimme irgendwie zuversichtlich klingen zu lassen.

"Na ja, was nicht ist, kann ja noch werden. Aber jetzt lass uns bitte das Thema wechseln, denn je eher ich mit dem Vergessen von Pierre anfange, umso schneller wird es mir wieder besser gehen."

Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue.Where stories live. Discover now