prologue

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Januar 2016

Es war eine großartige Idee von Pierre gewesen, mitsamt unseren Familien dem europäischen Winter zu entfliehen und den Jahreswechsel in der Sonne zu verbringen. Statt irgendwo in Frankreich zu frieren, stand ich jetzt, nur mit einem dünnen Kimono über einer kurzen Jeans und einem enganliegenden Top bekleidet, auf der Veranda unseres gemieteten Ferienhauses und genoss den frischen Wind, der mir durchs Haar wehte.

Mein Blick fiel auf den Strand, den man von hier aus perfekt sehen konnte und der sich wegen der zunehmend späteren Uhrzeit schon beinahe vollständig geleert hatte. Vereinzelt konnte ich noch ein paar Menschen entdecken, die vermutlich den spektakulären Sonnenuntergang abwarten wollten, der sich in einer guten Dreiviertelstunde ereignen würde.

Auch Pierre, unsere Familien und ich würden ihn uns anschauen, wahrscheinlich aber von hier oben auf der Veranda, wo es etwas windgeschützter war. Trotz der Wärme am Tag, wurde es hier abends doch recht kühl, was in erster Linie dem Wind geschuldet war, der ganz schön um die Felsklippen pfiff.

Als hinter mir Schritte ertönten, drehte ich mich neugierig um und entdeckte meinen Freund, der sich mit einem sanften Lächeln auf den Lippen näherte und schließlich von hinten seine Arme um mich schloss. Zufrieden lehnte ich mich gegen ihn und atmete tief durch.

"Frierst du nicht, mon cœur?", erkundigte Pierre sich besorgt und entlockte mir ein amüsiertes Kopfschütteln.

"Nein, es ist doch noch warm. Keine Sorge, nachher werde ich mir etwas wärmeres anziehen, aber noch heizt die Sonne gut genug", beruhigte ich ihn liebevoll.

"Dann ist gut. Was hältst du davon, wenn wir uns den Sonnenuntergang heute Abend mal vom Strand aus ansehen? Nur wir zwei?"

Überrascht runzelte ich die Stirn, nickte dann aber.

"Klar, das können wir gerne machen. Gibt es einen besonderen Anlass?"

"Du bist mein besonderer Anlass", antwortete Pierre charmant und brachte mich damit zum Lachen, bevor ich mich aus seinen Armen löste, um mich zu ihm umzudrehen.

"Und du bist ein ewiger Charmeur", entgegnete ich grinsend, dann beugte ich mich vor und küsste ihn.

Wie so oft, verlor ich mich auf seinen Lippen und in seinen Armen, die er um mich schlang, vergaß alles um uns herum und ließ mich von Pierre in unsere eigene kleine Seifenblase entführen.

Als er sich von mir löste, seufzte ich leise und lehnte meine Stirn gegen seine.

"Wenn wir uns den Sonnenuntergang am Strand anschauen wollen, muss ich mir jetzt wirklich noch was wärmeres zum Anziehen raussuchen", informierte ich ihn.

"Mach das, wir treffen uns dann unten in der Bucht. Sagen wir in einer halben Stunde?"

"Alles klar."

Ich nickte zustimmend, dann löste ich mich abermals aus Pierres Armen und lief ins Innere des Hauses. Im Wohnzimmer traf ich unsere Eltern, die gerade dabei waren sich zu unterhalten und nickte ihnen nur kurz zu, um nicht zu stören, dann lief ich in den ersten Stock, wo meine Schwester Coco und ich uns ein Zimmer teilten. Altmodisch wie Maman und Papa waren, hatten sie Pierre und mir nicht erlaubt, in einem Zimmer zu schlafen.

Als ich meine Hand auf die Türklinke legte, erklang dahinter ein frustriertes Seufzen und kurz darauf die genervte und zugleich wütende Stimme meiner Schwester.

"Nein, so hab ich das nicht gemeint und das weißt du genau!"

"Verdammt Lucas, jetzt hör mir doch einfach mal zu!"

"Nenn mich noch einmal Colette und du wirst mich richtig kennenlernen! Du weißt genau, wie sehr ich meinen Namen hasse!"

Vorsichtig öffnete ich die Tür und als meine Schwester mich bemerkte, sanken ihre Schultern nach unten und sie seufzte genervt.

Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt