épilogue

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"Esteban wird Augen machen", murmelte ich schmunzelnd, während Pierre den Mietwagen zunehmend näher zu unserem Ziel steuerte, "Hat er dich gefragt, wen du mitbringst?"

"Nein, wahrscheinlich geht er davon aus, dass es irgendjemand ist, den ich gerade date. Aber du hast Recht, dich zu sehen wird ihn sicher überraschen."

"Wieso hat er dich eigentlich eingeladen? Seid ihr wieder so eng miteinander wie früher?"

"Oh nein, definitiv nicht. Aber wir wollen zumindest versuchen uns wieder anzunähern, schließlich werden wir ab nächstem Jahr Teamkollegen sein und für die Teamdynamik ist es wichtig, dass die Fahrer gut miteinander klarkommen."

"Denkst du ihr schafft es euch wieder anzufreunden?", erkundigte ich mich nachdenklich.

"Keine Ahnung. Am Ende des Tages sind wir seit wir Kinder sind Rivalen und wenn unsere Freundschaft nicht wegen unserer Gefühle für dich zu Bruch gegangen wäre, dann auf jeden Fall am Motorsport. Aber egal, ob wir es schaffen wieder Freunde zu werden oder nicht, wir sind mittlerweile beide erwachsen und professionell genug, um miteinander arbeiten zu können ohne uns gegenseitig die Köpfe einzuhauen", antwortete Pierre, bevor das Navi ihn unterbrach und uns darüber informierte, dass wir in einigen hundert Metern unser Ziel erreichen würden.

Zu sagen ich sei aufgeregt, wäre eine Untertreibung gewesen. Seit Esteban den Kontakt zu mir quasi abgebrochen hatte, weil Pierre ihm die Wahrheit über unseren Sohn erzählt hatte, hatte ich nichts mehr von ihm gehört und jetzt würde ich unangekündigt bei seiner Silvesterparty auftauchen, zu der ich ursprünglich sogar eingeladen gewesen war.

Ich hoffte, dass die Freude darüber, dass Pierre und ich uns versöhnt hatten und mich wiederzusehen bei Esteban überwiegen würden, aber sicher würde ich es erst in ein paar Minuten wissen.

Nachdenklich schaute ich aus dem Fenster in die Dunkelheit und versuchte mich mit schönen Gedanken abzulenken, die mich unweigerlich zurück nach Italien führten. Die Tage dort mit Pierre waren wunderschön gewesen und ich hatte das Gefühl, dass der kaputte Flickenteppich in meiner Brust, den ich jahrelang immer weiter zerstört hatte, langsam wieder zu einem Herzen zu heilen begann.

Jedes Mal, wenn ich Pierres liebevollen Blick auf mir spürte oder wenn er mich küsste oder einfach nur meine Hand hielt, heilte ich ein bisschen mehr. Außerdem hatte ich in den letzten Tagen wieder mehr gemalt und auch das half mir dabei, zu mir selbst zurückzufinden.

Ich war noch nicht wieder ganz angekommen, aber wenigstens schien ich jetzt auf dem richtigen Weg zu sein, um mich wiederzufinden und ich war bereit, diesen Weg zu gehen, auch wenn er sicher noch oft schmerzhaft werden würde. Ich lernte immer noch, mir selbst zu vergeben und ich kämpfte immer noch manchmal mit Zweifeln, ob die Versöhnung mit Pierre wirklich real war. Aber ich war davon überzeugt, dass es Stück für Stück besser werden würde, wenn ich nur hart genug daran arbeitete.

Und ich wollte daran arbeiten, unbedingt. Nicht nur daran, mich selbst wieder auf die Reihe zu kriegen, sondern auch an meiner Beziehung mit Pierre. So schön die letzten Tage auch gewesen waren, es würde alles andere als einfach werden, zusammenzubleiben und uns von nichts auseinandertreiben zu lassen.

Ich würde sicher noch von Zeit zu Zeit daran zweifeln, ob seine Vergebung wirklich vollständig war und ob ich seine Liebe verdient hatte und er würde bestimmt ab und an misstrauisch werden, ob ich ihm nicht doch wieder irgendetwas verschwieg.

Wir waren immer noch dieselben Menschen von damals, die einander liebten, aber es war trotzdem viel passiert. Wir waren von unserer Vergangenheit gezeichnet, jetzt kam es darauf an, aus ihr zu lernen ohne in ihr hängenzubleiben.

Das Auto stoppte und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. Ein wenig nervös schaute ich zu Pierre, der mich aufmunternd anlächelte und sanft meine Hand in seine nahm.

Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue.Where stories live. Discover now