Trente-trois

532 36 20
                                    

Ich hatte mich für ein Strickkleid entschieden, das mir knapp bis zu den Knien ging, dazu Gürtel, Strumpfhose, halbhohe Stiefel und eine kleine Handtasche. Um zu verhindern, dass das Strickkleid aus meinen Haaren einen verstrubbelten Monsterknoten machte, hatte ich mir einen Zopf geflochten, der locker auf meiner Schulter lag und sobald ich in meinen Mantel geschlüpft war, begann meine Reise.

Weil ich mir die öffentlichen Verkehrsmittel und den damit verbundenen Umweg durch Paris sparen wollte, hatte ich mich fürs Auto entschieden und kam nach etwa 50 Minuten an meinem Ziel an. An der Einfahrt zum Parkplatz musste ich meinen Ausweis zeigen, um kontrollieren zu lassen, dass ich befugt war, dann parkte ich und stieg aus.

Ich wollte gerade nach meinem Handy greifen, um Esteban zu schreiben, dass ich angekommen war, als ich seine Stimme hörte.

"Lou, da bist du ja!"

Überrascht hob ich den Kopf und drehte mich um, dann entdeckte ich ihn. Lächelnd steckte ich das Handy wieder ein und lief Esteban entgegen, der mich zur Begrüßung in eine herzliche Umarmung zog.

"Wie schön, dass du da bist und mich das hier nicht alleine durchstehen lässt."

"Wie gesagt, dafür schuldest du mir was. Wollen wir reingehen? Es dauert nicht mehr lange bis es losgeht."

Esteban nickte und bot mir seinen Arm an, sodass ich mich schmunzelnd einhaken konnte, dann liefen wir über den Parkplatz und betraten das Gebäude, in welchem es bereits von Menschen wimmelte.

"Wow, ich hab nicht erwartet, dass hier so viele Leute sein würden", entfuhr es mir beeindruckt, dann kam auch schon die erste Person auf uns zu, um Esteban zu begrüßen.

"Wo hast du denn Elena heute gelassen?", erkundigte er sich, sobald die beiden sich kurz die Hand geschüttelt hatten.

"Sie ist leider krank geworden, deshalb ist Lou eingesprungen, eine gute Freundin von mir. Lou, das ist Otmar, der Teamchef von Alpine."

"Es freut mich sehr", sagte ich lächelnd während ich Otmars Hand schüttelte und er erwiderte es, dann ging es eine gute Viertelstunde lang so weiter.

Alle paar Sekunden begrüßte uns irgendjemand, Esteban stellte mich erneut vor und irgendwann begann ich mich zu fragen, ob es hier irgendwo ein Nest gab, aus dem in regelmäßigen Abständen neue Leute auftauchten, als ob sie sich hier her teleportieren könnten.

Aber all das war vergessen, als ich in einiger Entfernung hinter mir eine Stimme hörte, die mir einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.

"Otmar, hi, sorry für die Verspätung."

Wie in Zeitlupe drehte ich mich um und erstarrte, denn niemand geringeres als Pierre hatte gerade das Gebäude betreten und den Teamchef begrüßt. Mein Blick wanderte panisch zu Esteban, der genauso überrascht zu sein schien wie ich.

"Was macht er hier?", zischte ich überfordert und erntete ein Schulterzucken.

"Keine Ahnung, ich wusste nicht, dass er auch eingeladen ist. Vielleicht, weil letzte Woche bekannt wurde, dass er ab nächstem Jahr für das Team fährt", mutmaßte der Dunkelhaarige und ich seufzte leise.

Das war eine sinnvolle Erklärung, aber sie änderte nichts daran, dass ich mich furchtbar fühlte und am liebsten im Erdboden versunken wäre. Wieso zum Teufel hatte ich Esteban bloß zugestimmt ihn zu begleiten?

Ich schaute wieder zu Pierre und erst jetzt fiel mir auf, dass er nicht allein hier war. Schräg hinter ihm, sodass ich sie zuerst nicht hatte sehen können, stand eine zierliche Brünette, die mir seltsam bekannt vorkam.

"Wer ist seine Begleitung?", fragte ich Esteban leise und versuchte die Eifersucht herunterzuschlucken, die in mir zu brodeln begann.

"Wahrscheinlich irgendein Model, das er gerade datet. Davon gab es in den letzten Jahren einige, aber er scheint seit dir nicht wirklich in der Lage gewesen zu sein, eine ernsthafte, andauernde Beziehung zu führen."

Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue.Where stories live. Discover now