Kapitel 37

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„Los, steig ein"
Genervt schaue ich ihn an bevor ich in den Bus einsteige.

„Wie lange werden wir fahren?"
„Fünf Stunden"
Wir setzen uns an einem Sitz und machen uns gemütlich, viele steigen ein, langsam wird der Bus voll. Die Türen schließen sich.

„Ich bin so müde"
Kayahan gähnt, legt seinen Kopf auf meinen Schoß. Streichele durch seine Haare.
„Wie ich es vermisst habe"
Lehne meinen Kopf an die Fensterscheibe und schließe die Augen. Spüre nur noch, wie der Bus das Fahren anfängt.

Das hin und her wackeln weckt mich auf, leicht strecke ich mich und sehe viele am Schlafen, manche lesen Bücher oder hören Musik. Kayahan schläft immer noch auf meinem Schoß. Seine wunderschönen langen dichten Wimpern umranden seine dunklen Augen, jedoch sind seine Augen geschlossen. Spüre die Sehnsucht nach diesen intensiv blinkenden Augen.

Leise seufze ich damit ich ihn nicht aufwecke. Sein drei- Tage Bart bedeckt seine vollen aber dünnen Lippen.
Seine dunkel braunen Haare stehen in allen Richtungen. Seinen durchtrainierten Körper kommt durch das weiße Shirt besser zum Vorschein. Und sein Duft, sein atemberaubender Duft, bringt mich um.

Ich streichele leicht über seine Wange, die Bartstoppeln stechen leicht an meine Fingerspitzen. Spüre den leichten Stromschlag ihn beim Anfassen, mein Herz schlägt einen Takt schneller. Ich lächele sanft und schaue aus dem Fenster. Es ist immer noch dunkel und ich kriege die Augen einfach nicht zu. Deshalb hole ich mein Handy aus meiner Jackentasche und stecke meinen Kopfhörer dran. Wähle das passende Lied aus und stecke mir den Kopfhörer in die Ohren. Lehne meinen Kopf an die Fensterscheibe und streichele gleichzeitig seine weichen Haare.

„Ihr werdet einen steinigen Weg zu einem gemeinsamen Zukunft haben", hallt die Stimme von Meryem abla in meinem Kopf. Ich schlucke laut und drehe meinen Kopf zum Fenster. Die Sonne geht auf, wohlmöglich ist es gerade fünf Uhr morgen.

Kayahan bewegt seinen Kopf, sofort schaue ich zu ihm. Er öffnet die Augen, blinzelt leicht und schaut hoch zu mir bevor ein sanftes Lächeln an seinen Lippen huscht.

„Günaydın. (Morgen)", nuschelt er und gähnt. Ich gebe ihm ein Kuss auf die Schläfe und kneife ihm leicht in die Wange. Er greift nach meinem anderen Kopfhörer und hört mit mir zusammen Musik. Wieder blickt er zu mir und schenkt mir ein Lächeln, gibt mir einen sanften Kuss in meine Handinnenfläche. Ich lächele und versuche mir die letzte Erinnerung von ihm einzuprägen.

Plötzlich höre ich nur noch ein lautes Hupen und der Wagen stößt auf die rechte Seite. Kayahan umarmt mich fest und presst mein Gesicht an seine Brust.
Alles passiert in einer Zeitlupe.
Die angstvollen aufgerissen Augen von den anderen, halten den Atem an. Die Fensterscheiben zerbrechen und wir fallen auf die Scheiben. Kayahan zischt schmerzvoll und sein Körper lockert sich ein wenig.

Der Schrei anderer, verankert sich fest in meinem Kopf, wiederholt sich aufs Neue.

Kralle mich an Kayahan, mein Herz schlägt auf Hochtouren. Der Bus bleibt schwankend stehen, Kayahan steht mit Schmerz verziertem Gesicht auf und packt meine Hand.

„Nefes?"
Ich schaue ihm in der Augen. Angst, Liebe und Schmerz sehe ich in ihnen.

Er hebt mich stöhnend hoch und trägt mich nach draußen. Ich sehe Blutpfützen, Menschen die ohnmächtig waren und Blut aus ihnen quirlten.
Ich höre nichts nur, es ist so still, aber sehe Menschen zum Bus rennen und irgendwas sagen, was ich aber weder verstehen noch hören kann.
Ich bin schockiert und kralle mich immer fester an Kayahan.
Es versammeln sich immer mehr Menschen, die zu den verletzten Menschen rennen.

„Ambulansı çağırın! (Ruft einen Krankenwagen!)", schreit einer aus der Menschenmenge. Es wird immer lauter, meine Ohren platzen gleich. Ich zittere.

|Wenn Hass regiert|Where stories live. Discover now