Kapitel 53

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Mitten in der Nacht stehe ich verschwitzt auf und atme hastig ein und aus. Schnell halte ich meine linke Brust fest, es fühlt sich so an, als würde man mir mein Herz herausreißen.

Leise schluchze ich und lege die Decke auf die Seite, meine Füße befinden sich auf dem kalten Boden. Zitternd wische ich mir die Tränen und gleichzeitig den Schweiß ab und stehe auf um in die Küche zu gehen.

Leise tapse ich in die Küche und hole ein Glas aus dem Schrank und fülle dies mit Leitungswasser. Mein Hals fühlt sich trocken und das kalte Wasser tut meinem Körper gut.
Ich lege das Glas in die Spüle und schleiche mich zurück in das Zimmer.

Aus dem Koffer hole ich das Tagebuch raus und schlage es auf.
Letzte Seite, letztes Wort.

In die este Zeile schreibe ich das Datum und die Uhrzeit hin. Dann, automatisch gleitet der Kugelschreiber sachte auf dem Buch, ich denke nicht nach, alles sprudelt aus mir heraus- und die unausgesprochene Wörter.

Ich weiß nicht, wie lange ich daran gesessen bin, doch aus dem Fenster kann ich den Sonnenaufgang sehen. Der orangene rosane Himmel lässt mich leicht lächeln, doch ich lasse mich nicht weiter damit ablenken und schreibe weiter, trotz das meine Hand eingeschlafen ist und es nur noch am Schmerzen ist, möchte ich nicht aufgeben. Es wird schließlich die letzte Seite sein, dann wird Kayahan das Buch in den Hönden halten.

Ich kann nicht mehr mit dem Buch auskommen, da ich immer wieder die Erlebnisse durch lese und mich selber dadurch kaputt mache. Ich schade mir selbst- und meinen Kindern. Defne und Mustafa Kemal.

Ich schreibe meinen letzten Satz und verstecke das Buch in mein Koffer. Habe das Gefühl, dass meine Augenlider immer schwerer werden und lasse mich zurück in das Bett fallen bevor ich dann einschlafe.

In den nächsten Tagen gewöhne ich mich langsam an die Wohnung in einem Apartment, der in der Nähe von Elmas und Bariş ist. Ich spüre auch, wie mein Körper Tag für Tag immer schwächer wird und ich manchmal meine Orientierung verliere.

Heute werde ich nach Köln fahren und das mit dem Zug. Die Adresse brauche ich nicht, da ich vermute, dass er immer noch in der selben Wohnung wohnt.
Am Morgen wache ich auf und hole das Tagebuch und den Brief heraus, die beiden stecke ich in meine Tasche sowie meinen Portmonee, Zugticket und Pass.

Leise ziehe ich mich an und ziehe die Kapuze über meinen Kopf, leise verlasse ich die Wohnung und steige die Treppen runter. Der kalte Wind peitscht mir ins Gesicht, sofort ziehe ich mir die Jacke enger um den Körper und steige in den Taxi, der auf mich wartete.

Als ich hinten einsteige fährt der Fahrer sofort los und lässt mich am Hauptbahnhof aussteigen. Schnell bezahle ich ihm den Betrag und steige aus dem Auto. Mit schnellen Schritten gehe ich zum Zug und steige dort ein, setze mich auf ein Sitz.

Ich hole mein Handy raus und schaue mir die alten Bilder von Kayahan und mir an. Wische über sein Gesicht und präge mir all seine Gesichtszüge und Merkmale ein.
Sein Grübchen auf der rechten Seite, seine weißen Zähne, seine schwarzen Augenbrauen. Alles versuche ich mir ein zu prägen.

So sollte definitiv nicht unser Ende sein, ich hätte mir ein Happy End vorgestellt. Mit 24 sterben? Das kam nicht in Frage. Ich wollte meine Kinder groß ziehen mit Kayahan. Sie verheiraten und Oma werden, sehen wie meine Enkelkinder groß werden. Ich wollte noch so vieles machen, ich hatte so vieles vor, doch die Zeit wartwt nicht auf einem, sie rennt weg. Du versucht die Zeit einzuholen und rennst ununterbrochen hinter her, doch deine Beine machen es nicht mehr mit und du fällst auf die Knien und siehst zu, wie die Zeit immer schneller an dir weg zieht.

Ich glaube, jetzt bin ich am Ende, aber eins habe ich aus der Sache gelernt.
Jedes Ende ist kein Anfang, jedes Ende ist ein Ende.
Eins sollte man nicht vergessen, nur die Unglücklichen schreiben Romane.

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