~44 - r e l a p s e~

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| ROSÉ |

Zwei Tage, oder drei, oder vier, oder vielleicht eine ganze Woche? Genau einhundertsieben Anrufe von Kilian. Siebzehn Anrufe von meiner Mutter. Ich hatte ehrlich mehr erwartet. Eintausendzweihundertundeine Anfrage für Interviews. Der Redebedarf der Presse ist groß, seit ich die Sache mit Kilian rausgehauen habe. Danach habe ich sogar eine Standpauke von Lee bekommen. Insgesamt siebenhundertdrei Nachrichten von Kilian und meiner Mutter zusammen.

Und keine davon habe ich gelesen. Ich rede mir ständig ein, dass das so richtig ist. Ich sitze 24/7 auf Lucys Sofa. Meine Schwester neben mir. Wir halten uns versteckt, damit ich eine kleine Auszeit habe.  Alle Rollläden sind dicht und vor dem Haus sammelt sich die Presse, um etwas von uns mitzubekommen.

Sie verfolgen mich.
Sie verfolgen Kilian.
Meine Mutter.
Xander.
Sofia und Lucy.

Das komplette Internet ist voll von Meldungen, aber es ist alles erfunden und gelogen. 

Es ist einfach alles zuviel.

Der Schmerz wegen Kilian ist erträglicher geworden, aber nur weil ich es erfolgreich verdränge. Die Presse meldet es immer wieder, wenn er irgendwo auftaucht, so weiss auch ich wo er gerade ist, ob ich will oder nicht! 

Ich bin echt eine kranke Ex.

Ich schließe meine Augen, weil ich müde bin. Es ist mitten in der Nacht, vielleicht drei oder vier Uhr. Mittlerweile glaube ich mein Zeitgefühl verloren zu haben. Mein Handy klingelt wieder und ich stöhne auf. Jetzt sind es einhundertacht Anrufe von ihm. Ich sehe auf das Display und plötzlich kommt der Schmerz wieder zurück. 

Kilian soll mich einfach in Ruhe lassen. Ich habe jedem gesagt, dass wir etwas  hatten. Ich warte jetzt nur noch darauf, dass er endlich etwas gegen meine Mutter unternimmt.

Aber er rührt sich nicht. Ich höre nichts von ihm. Es ist alles still. Er bunkert sich in seinem Haus ein, genauso wie ich. Ich schlage mir an den Kopf, um endlich von dem Gedanken ›Kilian‹ loszukommen. »Denk nicht an ihn! Hasse ihn!«, sage ich zu mir und ich nehme einen Schluck Wasser. Layla legt mir eine Hand aufs Bein, schaut aber weiter auf ihr Handy. »Wir haben mitten in der Nacht und du solltest schlafen. Ich habe das Gefühl du hast seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen«, sagt sie leise. Ich nicke langsam. Es stimmt. Ich konnte nicht schlafen. 

Und das hatte einen Grund. Ich schließe meine Augen und versuche wieder einzuschlafen, aber dann kommen immer wieder die gleichen Bilder und Gedanken, wie in einer endlosen Dauerschleife.

Kilian wie er mich küsst.
Kilian wie er mir sagte, er würde mich lieben. Was eine Lüge war.
Kilian, der mich hochhebt, um mich das letzte mal zu küssen.
Kilian wie ich in seinen Armen liege und ihm alles erzähle.
Kilian wie er mich anlächelt mit seinem echten Lächeln.
Kilian, mit dem ich die schönsten Tage und Nächte meines Lebens verbracht habe.
Kilian... KILIAN wie er mir gesagt hat, dass wir zu verschieden sind.

Ich reiße meine Augen.
NEIN! Du bist stark, Rosé.
Ich rutsche weiter in Kilians T-Shirt und ich habe das Gefühl, dass dieses Shirt mein ›Rückzugsort‹ ist.

Meine Zuflucht.
Ich versuche von ihm loszukommen, aber ich brauche dieses T-Shirt und ich weiß nicht, warum ich es nicht einfach wegschmeiße.

Ich höre immer wieder seine Worte. Mein Gesicht verzieht sich schmerzerfüllt, als ich daran denke. Ja, ich bin verdorben. Die Tochter einer Mörderin, verliebt in den Sohn der Frau, die meine Mutter ermordet hat. Verliebt in den Jungen, den ich mein Leben lang hassen sollte.

Destiny Love ✓Where stories live. Discover now