2) Die Party

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Mein Handy klingelte schon zum vierten Mal in Folge, weshalb ich während des Autofahrens und wie die vielen Male zuvor, in die Mittelkonsole griff. "Ja, Ian? Was ist denn? Du hast mich schon viermal angerufen und viermal habe ich dir gesagt, dass wir gleich da sind."

"Oh man." Adrian rollte lachend mit den Augen in meine Richtung und schaute dann wieder aus dem Beifahrerfenster.

Er hatte sich wohl endlich auf dieses Schulleben wieder eingestellt. Die Einarbeitungszeit von etwa einem Vierteljahr ist ein neuer Rekord.

Es rauschte kurz in der Leitung, ehe sich Ian's Stimme ganz schwach von der lauten Hintergrundmusik abhob. Die Party war wohl wirklich schon im vollen Gange. "Isch weisch, isch weisch. Aber isch wollde lieber nochmal nachfragen, ob ihr jetscht wirklisch kommd. Kann ja sein, dasch ihr eusch dasch anders überlegt habd. Und mir ischt gerade langweilig."

Das erste, was ich dachte, war Scheisse, wie voll ist er bitte schon.

"Ja, wir sind wirklich auf dem Weg und in weniger als zehn Minuten da. Warum sollten wir es uns aufeinmal anders überlegen?" Ich setzte den Blinker und riss das Lenkrad dann herum, um in eine der viel Nebenstraßen von Ace' Wohnviertel einzubiegen.  "Und Ian. Du bist auf einer Party mit Schülern aus dem Abschlussjahrgang, nicht auf dem Geburtstag deiner fünfzigjährigen Tante."

"Jaaaaa, aber - wobei." Dieser jammernde Unterton war aufeinmal verschwunden, stattdessen klang er beinahe schon motiviert und wieder fröhlich. "Bisch gleisch, Adri." Damit legte er auf.

Verstörrt behielt ich mein Handy weiter in der Hand. "Verstehe einmal Ian in deinem Leben."

"Neee, der Satz müsste eher lauten: Verstehe einmal Mädchen in deinem Leben", meinte Adrian zu mir gedreht. "Und was wollte Ian jetzt eigentlich wieder? Hatte er vergessen, dass er uns bereits davor schon angerufen hatte?"

Ich trat das Bremspedal stark durch, als plötzlich vor Adrian's Auto eine dunkle Gestalt mit Bierflasche in der Hand auftauchte.

"Scheisse, Adrael! Was sollte das denn bitte?!", schrie Adrian dezent schrill kreischend auf.

Gekonnt ignorierte ich meinen geschockten Bruder, der die Gestalt offenbar nicht gesehen hatte. Bestimmt war er auch so gereizt, weil er fast durch die Frontscheibe herausgeflogen wäre. Schließlich sein Problem, wenn er sich nicht anschnallte.

Ich kniff die Augen zusammen und erkannte im Scheinwerferlicht, dass es sich um Wilson Blame handelte. Wütend fuhr ich mein Fahrerfenster herunter, da Wilson von rechts nach links die Straße überquert hatte und nun an meiner Seite stand. "Wilson, du Spacko! Du kannst mir doch nicht einfach vor das Auto rennen!", brüllte ich ihn fuchsteufelswild an. "Ich bin extra langsam gefahren. Da stellen sich ja Katzen schlauer an als du!"

Wilson war wohl ebenfalls schon so abgefüllt, denn er drehte sich erstmal orientierungslos bei meiner Stimme im Kreis. Als er mich dann endlich bemerkte, öffnete er den Mund und wollte wohl etwas zurückentgegnen.

Stattdessen massakrierte er mit Kotze den sauberen Bürgersteig.

Ewww.

Was hatte Ace für einen Alkohol auf der Party zu lagern? Die Auswirkungen so früh waren echt extrem.

"Lass uns weiterfahren", raunte mir Adrian zu.

Ich schaute ihn skeptisch an. "Um zu riskieren, dass der nächste ihn vielleicht umfährt? Bei seinem Glück?"

Wilson war nämlich echt ein verdammter Pechvogel. Ein einfaches Beispiel wär Schokopudding. Wenn er im Supermarkt den Becher kaufte und ihn dann Zuhause voller Vorfreude aufmachte, schimmelte der komplette Inhalt.

Dark LoveWhere stories live. Discover now