27) Mechanisch

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"Du hast aber auch ständig Hunger", beschwerte sich Adrian, genervt drehte er sich zu mir. "Vorhin hast du doch erst zwei Baguettes gegessen und das sind nur zwei Stunden her, wenn ich mich nicht irre. Müsstest du nicht immer noch vollkommen satt sein?"

Ich verkniff es mir ihn schräg von der Seite anzusehen.

Wann hatte er mich heute bitte mal essen sehen? Wir hatten weder noch die erste Stunde zu zusammen, noch haben wir heute morgen zusammen Frühstück gegessen.

Wollte er sich jetzt vor ihr hier aufspielen, dass er vermeintlich nicht verschwenderisch mit Essen umging? Sein voller Ernst?

Trotzdem beließ ich es dabei, ohne ihn darauf anzusprechen.

Wenn er von etwas gewaltig abgelenkt war, dann war er nur vollkommen zu hundertprozent auf diese eine andere Sache fokussiert und sein Gehirn funktionierte wie ein Sieb. Eigentlich noch weniger als ein Sieb.

Süffisant grinsend verstaute ich mein Handy in meiner hinteren Hosentasche, ehe ich ihn wieder ansah.

"Anscheinend bin ich das ja wohl nicht."

Wiedermal, es wird anscheinend zur neuen Gewohnheit, registrierte ich aus den Augenwinkeln, wie Cassandra zwischen uns überfordert hin und herschaute, ihre Hände in den Taschen ihrer Lederjacke vergrub und dabei sehr nervös wirkte.

"Hi, Mädels." Ace stand mit einem Mal bei uns und lächelte alle nacheinander fröhlich an, insbesondere Cassandra. "Und hey Schnuffie. Wie war Geschichte so?"

Mir ging sein neues Begrüßungswort Mädels gerade ziemlich auf den Keks. Es passte so gar nicht zu ihm, aber... immer mehr zu meiner Vermutung, dass er vielleicht doch homosexuelle Züge animmt...

Prüfend musterte ich ihn von oben bis unten.

Er schaute wie immer aus, aber man musste ja als Homosexueller auch nicht den ganzen Klischees entsprechen. Außerdem wollte ich ihm auch nichts anhängen, von dem ich gar keine Ahnung hatte und es nur auf einem inneren Gefühl basierte. Nur langsam würde ich schon irgendwie wollen, dass er mal reinen Wein einschenkt.

Es gab schon mehrere Situationen, die mir aufgefallen sind und mein inneres Gefühl umso mehr mit Beweise stärkten, aber ich wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

Dazu kam, dass es den anderen wohl nicht so sehr aufgefallen ist wie mir und ich wollte niemanden in so eine dermaßen unangenehmen Situation bringen, schon gar nicht Ace, den ich auch sehr gern hatte.

Vielleicht stimmte meine Vermutung nichtmal und ich zwang ihm nur irgendetwas auf.

Mein Bruder riss mich aus meinen Gedanken, als er mit einem Super auf Ace' Frage antwortete, obwohl Ace ja immer noch mit Cassandra reden wollte und Adrian auch noch anfing, mit ihrem blonden Pferdeschwanz herumzuspielen.

Etwas aufseufzend bemerkte ich Adams Ankunft, ohne den ich hier langsam noch durchdrehen würde. Zur Begrüßung hob ich meine Hand und wir klatschten uns flüchtig ab. Gleich danach, weil ihm Adrians Antwort natürlich nicht entgangen ist, hob er skeptisch die linke Augenbraue hoch.

"Was fällt deiner Meinung nach in die Kategorie super? Eine neue Lehrerin, ein Date vor dem Geschichtsunterricht oder noch mehr Briefchen von irgendwelchen Mädchen, die dich anbeten, mhm?", hakte er spöttisch nach.

"Du hast sabbernd vergessen", bemerkte ich abfällig.

Trotz dieser ziemlich provozierenden Kommentare blieb mein Bruder gelassen. Anscheinend suhlte er sich zu sehr darin, dass er Cassandra schon längst um den Finger gewickelt hatte.

Dark LoveWhere stories live. Discover now