3) Aufmerksamkeit

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Lästige Blicke klebten an Adrian und mir. 

Im Inneren laut schnaubend, versuchte ich sie zu ignorieren, während Adrian alle fast schon huldvoll anlächelte.

Wie ein König seine Untertanen.

Kurz bevor Majestät Adrian also das Wohnzimmer betreten wollte, hielt ich ihn am Arm zurück und auf seinem verwunderten Blick daraufhin, den er mir zuwarf, setzte ich auch schon zur Erklärung an. "Lass uns erstmal nur um den Türrahmen gucken. Ich will wissen, was Ian macht und wenn er uns gleich sieht, weil uns die anderen bemerken, kommen wir nicht dahinter, warum er am vorhin aufeinmal so begeistert klang."

Er grinste mich breit an. "Stimmt. Das würde mich jetzt auch mal interessieren. Wie willst du ins Wohnzimmer hereingucken? Zusammen ist schlecht, dann können wir auch gleich reingehen-"

"Wir können beide zusammen Ausschau halten", berichtigte ich ihn. "Wenn jeder nicht ganz an der Ecke hinter dem Türrahmen steht, hat man einen gewissen Winkel, den man einsehen kann."

Adrian nickte. "Könnte funktionieren. Also gut. Wo du willst stehen? Rechts oder links?"

"Wahrscheinlich dann eher links, du stehst nämlich fast vor mir", gab ich zurück und lehnte mich schon an diese eine Ecke.

Mein Bruder stellte sich auch so hin. Für andere mochte das jetzt aussehen, als würden wir einfach nur an der Wand lehnen und ganz normal erzählen. Ich vergewisserte mich nochmal, dass die anderen im Flur uns endlich nicht mehr beachteten. Auch wenn ihre Aufmerksamkeit nicht so offentsichtlich mehr an uns verschenkt wurde wie vorher, beobachteten uns die meisten immer noch verstohlen.

"Ich sehe Ian nicht", ertönte Adrian's Stimme neben mir und enttäuscht nippte er an einem Becher, den ihm gerade jemand in die Hand gedrückt haben musste, weil vorher, beim Anlehnen, hatte er den noch nicht.

Ich ging gar nicht erst auf seine Aussage ein, sondern schnappte mir seinen Becher und stellte den auf die schulterhohe Kommode neben mir. "Spinnst du?", fauchte ich leise. "Du kannst doch nicht einfach Getränke von irgendjemanden hier annehmen! Wer weiß, was die hereingemischt haben."

Schmollend verschränkte er die Arme vor der Brust. "Denk doch nicht immer so negativ."

"Ich denke nur realistisch", antwortete ich genervt von seiner Uneinsicht. "Denk an Wilson, wie voll der war. Bestimmt haben die ihm auch diese Becher angedreht und ich will nicht, dass du genauso wie er nachher in dieser Wohngegend umherstreifst. Reicht schon, dass ich ein schlechtes Gewissen wegen Wilson habe, weil ich ihm nicht geholfen habe. Ach und Ian ist genauso sturzbetrunken."

Adrian atmete tief ein und lachte dann spöttisch. "Ian ist immer sturzbetrunken. Wirklich auf jeder Party, Adrael."

"Heißt ja nicht, dass du das auch sein musst", konterte ich. "Und es wird auch langsam Zeit, dass wir ihn hier im Wohnzimmer ausfindig machen."

Erneut rollte er mit seinen Augen. "Okay, okay. Schön, du hast gewonnen. Wie fast immer."

"Ich weiß." Zufrieden grinsend drehte ich mich wieder in Richtung Wohnzimmer und suchte den Raum nach Ian ab. Und ich fand ihn auch. Allerdings fiel mir Leandro's breiter Rücken vorher auf, der frontal zu Ian und... Ich kniff verblüfft die Augen zusammen. Miss Platinblond war auch am Start. Scheint auch nicht so, als hätte sie sich zu Ian und Leandro durchgeschoben und sie in ein Gespräch zu verwickeln versucht.

Es wirkte eher andersherum.

"Was ist? Hast du ihn gefunden?"

Ich reagierte nicht auf seine Frage und beobachtete immer verdutzter, wie Leandro sich wieder zu ihr vorbeugte und sie wohl etwas fragte, was sie nur mit hochgezogenen Augenbrauen kommentierte. Ian kicherte dabei auch noch.

Dark LoveWhere stories live. Discover now