19) Missverständnisse

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Joclyn schlängelte sich durch die vielen anstehenden Menschen und blieb - wie der Zufall es auch nicht anders wollte - direkt bei diesem Jonathan und bei Cassandra stehen.

Wahrscheinlich fragte sie die beiden nun, ob sie uns gesehen hätten oder sowas, damit konnten wir unser Versteckspiel nun endgültig aufgeben. Wir hatten haushoch verloren und ich hasste es zu verlieren.

Dementsprechend landete meine Laune auch wieder im Keller. Oder schon in der Erde unter dem Keller, tief eingegraben zwischen dicken Felsbrocken.

Wie nicht anders zu erwarten verwickelte Joclyn, das Monster mit den froschgrünen Augen, Jonathan und Cassandra in ein Gespräch, dass diesen Jonathan auch wieder zum Lachen brachte. 

Ich erkannte das getäuschte Gehüstel hinter seiner Hand bis hierhin.

"Was redet sie da mit ihnen?", raunte mir Adrian neugierig, aber auch etwas ängstlich zu. "Ich bete, dass sie uns nicht sieht..." Er stach mir mit seinem Ellbogen wieder unsanft in die Seite. "Verdammt, Adrael, bete mit."

Genervt tippte ich mir an die Stirn. "Du hast sie doch nicht mehr alle. Außerdem ist sie deinetwegen nur mit uns hier. Ich hab sie nicht hereingelassen, du Idiot."

"Aber ich-", er verstummte, stattdessen lag seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gruppe weit vor uns.

Ich weiß nicht, wie viel wir von der Unterhaltung zwischen denen nicht mitbekommen hatten, aber anscheinend doch den sehr wohl wichtigen Part, nein, den ziemlich entscheidenen, in dem das Monster mit den froschgrünen Augen auf uns hingewiesen wurde.

Denn das Mädchen eilte nun zielstrebig, mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und wehenden braunen Haaren direkt auf uns zu.

"Na toll", seufzte Adrian. "Jetzt haben wir wirklich verloren."

Gerade wollte ich noch sagen, dass es noch immer schlimmere Sachen gibt, hungernde Kinder zum Beispiel, als eine Joclyn im Möbelhaus wiederzugeschoben zu bekommen, als dieses Mädchen mir immer weiter näher kam.

Ich registrierte zwar noch vorher, wie sie meinem gequält schmunzelnden Bruder gegen die Brust boxte, dann jedoch packte sie den Saum von meinem Shirt, zog mich zu sich herunter und so verblüfft wie ich war, gelang ihr das perfekt, und - legte zur Krönung des Tages ihre Lippen auf meine.

Wut staute sich mit einem Mal in mir auf und wollte in mir hochkochen wie unberechenbares heißes Nudelwasser. Oder viel mehr wie ein Vulkan.

Mit meiner ganzen Kraft musste ich mich zusammenreißen, Joclyn nicht wie eine Puppe von mir wegzuschleudern.

Theoretisch könnte ich es.

Aber wir befanden uns in der Öffentlichkeit, dazu kam, dass ich sie nicht verletzen wollte und dass ich keine Lust auf Cops hatte, die von anderen Leuten gerufen wurden, weil sie dachten, dass ich ein armes unschuldiges Mädchen misshandelte.

Ich meine, wer misshandelte, oder besser gesagt, vergewaltigte meinen Mund hier gerade bitte schön?

Vor dem Offentsichtlichen werden ja eh immer die Augen verschlossen.

Tzzz.

Nicht gerade sanft, dafür aber beherrscht, drückte ich sie von mir weg und könnte dabei Adrian am liebsten erneut verprügeln, so belustigt, wie er grinste.

Mein Blick wanderte, aus welchen Grund auch immer, wieder zu Cassandra nach vorn, die sich gerade wieder umgedreht hatte. Zumindestens verrieten das ihre hellblonden Haare, die noch fröhlich von der ruckartigen Bewegung kurz hin und her schaukelten.

Na toll und sie hatte das jetzt auch noch mitbekommen.

Eigentlich könnte mir das ja egal sein, eigentlich. Nur ist mir das nicht egal und ich hasse es, wenn solche Missverständnisse aufkommen und gerade von einem anderen Mädchen gesehen werden, an der ich doch schon Interesse hatte.

Dark LoveWhere stories live. Discover now