Teil 1.6

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Ein oder zwei Stunden, nachdem sie das letzte Mal eingeschlafen war, wurde sie von dem Quietschen einer Hängematte geweckt und öffnete ihre Augen.
Sie sah wie Minho sich hochquelte, lange vor der normalen Aufstehzeit.
Leise setze sie sich etwas auf, stütze ihre Ellenbogen auf die Matte und bließ sich eine Strähne aus dem Gesicht.
"Wohin geht's?" fragte sie und sah zufrieden dabei zu, wie der Junge etwas zusammen zuckte.
"Ich bin ein Läufer." antwortete er ohne sich umzudrehen.
"Meine Aufgabe ist es, meine Sektion des Labyrinths nach Veränderungen und Mustern abzusuchen. Um den ganzen Weg zu schaffen, muss ich eben etwas früher los."
Sienna nickte, auch wenn er es natürlich nicht sehen konnte.
"Und du solltest noch etwas schlafen." er drehte sich jetzt doch zu ihr und schulterte gleichzeitig seinen Rucksack.
Sie wusste, dass er indirekt auf den Albtraum anspielte und ihre Miene verdunkelte sich.
"Kannst dus bitte für dich behalten?" fragte sie vorsichtig.
"Du meinst unser kleines Geheimnis?" der Junge grinste und sie verdrehte die Augen und legte sich zurück unter die Decke.
"Ich sag schon nichts, sonst würde sich dein Ego umbringen." sagte Minho dann noch, bevor er ein paar andere Jungs aufsammelte und sich mit ihnen zum Eingang des Labyrinths begab.

***
Einige Zeit war vergangen, Sienna lernte über die Griever und was passierte wenn man gestochen wurde, sie lernte die Lichtung und die Lichter besser verstehen, machte sich mit Winston, Jeff, Gally, Ben und einigen weiteren bekannt.
Musste jeden der Jobs auf der Lichtung einen Tag vollbringen und entschied sich letztendlich, Newt im Garten zu helfen.

Newt war schnell ein guter Freund geworden, wohingegen Gally, der Junge mit den komischen Augenbrauen, sich schnell zu ihrem Feind entwickelte.
Er schien ihr immernoch böse zu nehmen, dass sie ihn auf den Boden gerissen und blamiert hatte.
Minho war so etwas zwischen Freund und Feind.
Die beiden stritten sich eigentlich ständig, wobei es kein richtiges Streiten war, eher eine Art Necken beider Seiten.
Aber Sienna musste zugeben, dass sie Minho irgendwie echt gerne hatte.
Auch wenn ihre beiden Temperamente manchmal zu hitzigen Konversationen führten, wurde ihr Herz jedes Mal um einiges leichter, wenn er sicher zurück auf die Lichtung kehrte.

"Sunny." riss Newt sie aus den Gedanken und deutete auf das Wasser, welches sie ausversehen verschüttet hatte.
"Oh sorry." sagte sie und machte sich erneut daran, ihre Gemüsewurzeln einzupflanzen.
Belustig blickte sie der Junge an, bevor er das Thema wechselte.
"Bald bist du nicht mehr der Frischling."
"Zum Glück." sagte sie. "Ich kann dieses Wort nicht mehr hören. Wenn ich mich früher an meinen Namen erinnert hätte, wäre niemand auf die Idee gekommen mich Frischling zu nennen."
Sie verzog das Gesicht.
"Außer Alby vielleicht." murrte sie und sah hinüber zu dem Jungen.
"Und Minho." ergänzte Newt und grinste.
"Spätestens wenn er herausgefunden hätte, dass es dich nervt."
Sienna verdrehte die Augen und sah reflexartig zum Eingang der Mauern.
"Eine Stunde, dann müsste er wieder da sein." sagte Newt, als wüsste er immer genau woran sie dachte.
"Von mir aus kann er gerne da drin bleiben. Wahrscheinlich würden ihn nicht mal die Griever sonderlich mögen und uns sagen, dass wir ihn behalten können."
Newt lachte leise, wusste was sie sagte war eine Lüge, ging aber nicht weiter darauf ein, sondern führte einfach seine Arbeit fort.

Eine Stunde verstrich.
Sie redeten noch über unrelevantes Zeug, leisteten sich ansonsten einfach Gesellschaft.
Nervös sah Sienna immer öfter auf, um zu checken, ob er schon eingetroffen war, doch jedes Mal war es eine Fehlanzeige.
"Ach Scheiße" murmeltet sie irgendwann nachdem sie nicht aufhören konnte an ihn zu denken.
"Er kommt schon noch." sagte Newt.
"Hör auf dauernd zu wissen woran ich denke." warf sie ihm entgegen, aber er lächelte nur.
"Ist nicht sonderlich schwer." Sienna rümpfte die Nase und wandt sich wieder ihrer Arbeit zu.
Weitere Minuten verstrichen und ihre Sorge wurde immer größer. Auch Newt blickte nun immer häufiger auf den Eingang.

"Da ist Ben." sagte Newt schließlich und stand auf um zu ihm zu gelangen.
"Irgendwas besonderes heute?" fragte Sienna und versuchte ihren angespannten Körper zu lockern.
Der Junge schüttelte seinen roten Kopf und stütze die Hände auf die Knie.
Newt legte seine Hand auf seine Schulter und drückte sie kurz.
Ben richtete sich schwer atmen wieder auf und hustete einmal.
"Ist Minho schon zurück?" Ihre Mienen verhärteten sich.
"Oh." machte Ben nur.
"Naja, er kommt sicher noch, er hat die längste Sektion." und damit verabschiedete sich der Junge und lief langsam zum Kartenraum.

Ratlos standen Sienna und Newt auf der Lichtung, starrten in den Eingangs des Labyrinths.
"Strunks!" schrie jemand und beide drehten sich um.
"Ihr sollt arbeiten!" Alby stand zwischen Pfanne und ein paar weiteren Lichtern und blickte hinüber zu ihnen.
"Ich bin heute sehr Nahe am Mittelfinger gebaut!" rief Sienna zurück, folgte Newt trotzdem zurück zu ihrem Beet.

Unerwartet wurde ihre Arbeit jedoch erneut gestört, als ein dumpfes Aufprallen und ein lautes Stöhnen ertönte.
Ihr Kopf zuckte in die Richtung, um ihn zusehen, wie er auf dem Boden lag und sich seine Brust hektisch hob und senkte.
"Scheiße." murmelte sie und rannte zu ihm, Newt dicht auf ihren Fersen.
"Minho!" sagte sie und kniete sich zu ihm runter.
Der Junge antwortete nicht, lag dort mit geschlossen Augen und verschwitzen Klamotten.
"Was ist passiert? Warum bist du so spät?" fragte Newt und kniete auf der anderen Seite.
Langsam öffneten sich seine Augen und er setzte sich vorsichtig auf.
"Wollte nur die versteckten Ecken des Labyrinths kennenlernen." sagte er und ein Versuch eines Grinsens huschte über sein Gesicht.
"Fahr zur Hölle." murmelte sie und nahm ihre Hand von seinem Arm.
"War dort, der Teufel mochte mich nicht und hat mich wieder ausgespuckt." sagte er und und legte jetzt seine Hand auf ihre.
Sienna blickte erstaunt hinunter und spürte ihr dummes Herz klopfen, doch ob es an seinen nächsten Worten oder an seiner Hand lag, wusste sie nicht genau.

"Ich hab einen Griever gesehen."

the gladeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt