Teil 1.17

1.1K 44 0
                                    

"Sunny..." brachte Newt hervor und brach den Blickkontakt ab.
„Chuckie." sagte Sienna leise und der Junge entfernte sich ein Stück von ihr.
„Gib mir etwas von deiner guten Laune, okay?"
Der kleine Junge nickte und sie wand sich Newt zu.
„Hey." sagte sie und legte eine Hand auf seine Schulter.
Sie konnte die Ansammlung von Tränen in seinen Augenwinkeln sehen und versuchte selber angestrengt sie zurückzuhalten.
„Ich kann das alles nicht ohne sie." sagte Newt leise und starrte auf den Boden.
„Du hast mich." antwortete Sienna und versuchte eine gewisse Stärke in ihre Stimme zu zaubern.
Sie fühlte sich erbärmlich.
Tod gehörte zu ihrem Alltag, sie hatten schon viele Lichter an das Labyrinth verloren, sie war davon ausgegangen, dass es irgendwann einfacher wird.
Aber wie es schien, war der Verlust eines Menschen nichts, worauf man sich vorbereiten konnte.
„Newt, wir schaffen das, okay?" Er schüttelte den Kopf.
„Wir haben gar keine Wahl, Blondie."
Newt hob seinen Kopf und sie sahen sich einfach eine Zeit lang an.
Viele der anderen Lichter hatten dieser Situation den Rücken zugekehrt und schienen vor ihr davon zu laufen.
„Warum machen wir das überhaupt noch?"
„Was meinst du?" fragte Sienna und schluckte den nächsten Kloß wieder herunter.
„Warum leben wir überhaupt noch? Es macht keinen Sinn. Alles was ich habe wird mir irgendwann vollständig genommen. Angefangen bei meinen Erinnerungen."
„Hör auf damit." Sie starrte ihn an und konnte die einzelne Träne aus ihrem Auge nicht verhindern.
„Ich will aber nicht mehr." sagte Newt und ließ resigniert die Schultern sinken.
„Ich gebe auf!" rief er.
„ICH GEBE AUF!" schrie er in die Welt hinaus und hoffte sie würde jemand hören und sie von ihrem Leid befreien.
„NEWT!" schrie sie an und bekam seine Aufmerksamkeit zurück.
„HÖR AUF MIT DEM SCHEIẞ!" Mittlerweile liefen ihr die Tränen über die Wangen und sie war unfähig es zu stoppen.
„Du gibts ganz bestimmt nicht auf, hast du mich verstanden."
Newt sah sie an und beobachtete wie ihre Tränen flossen.
„Es tut mir leid, Sunny."
Sie schubste ihn nach hinten, um eine Sekunde später seinen Kragen zu greifen.
„Sag das nie wieder."
Newt nickte und zog sie in eine Umarmung, in welcher sie ihre gesamte Anspannung los ließ.

"DA!" rief jemand plötzlich und sie drehte sich in der Umarmung um, starrte zurück in den Gang.
Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, als sich ihre Augen weiteten.
Ihre Tränen waren eingefroren, als sie auf das Bild vor sich sehen konnte.

Ungläubig sah sie auf die drei Jungen.
Sie standen allesamt am Rande der Lichtung.
Und sie waren ziemlich lebendig.
Der Anführer wurde von dem Frischling und dem Hüter der Läufer auf die Lichtung gezogen und war kaum bei Bewusstsein.
Sofort waren die Sanis da um Alby zu stützen und ihn zu versorgen.
Sienna beobachtete wie sich die Lichter um die drei scherten und begannen sie mit Fragen zu bombardieren.
Sie starrte Minho an, der ein paar der Jungs in den Arm genommen hatte.
Er entfernte sich von der großen Gruppe und sah sich um.
Sein suchender Blick stoppte, als er Sienna erkannte.
Er lächelte sie an und sie konnte es einfach nicht fassen.
Sie riss sich aus ihrer Trance und begann in seine Richtung zu laufen.

"Du Arschloch." sagte sie zur Begrüßung und schlug ihn fest auf seine Brust.
Er reagierte kein bisschen auf ihren Schlag, sondern sah sie einfach weiter an.
"Hätte dich kleine Kratzbürste da draußen fast vermisst." sagte er, lächelte sie an und öffnete seine Arme für eine Umarmung.

Sienna spürte eine unglaubliche Welle der Erleichterung, fühlte sich, als hätte sie jemand von einer Tonnen schweren Last befreit.
Sie atmete einmal schwer aus, bevor sie sich auf Zehenspitzen stellte, ihre Armen um seinen Hals schlang und ihn fest an sich drückte.
Tränen der Erleichterung strömten ihre Wangen hinunter, die unmöglich zu verstecken waren.
Ihr Oberkörper bebte und sie schniefte einmal leise, spürte wie die Tränen sein T-Shirt durchnässten.
Er lebte.
Minho legte seine Arme um ihren Rücken, zog sie noch ein Stück näher zu sich heran und stützte seinen Kopf direkt neben ihrem ab und strich mit seinem Daumen über ihren Rücken.
„Ist okay." flüsterte er auf ihre Schluchzer hin.
Schließlich löste er sich etwas und sofort drehte sie ihren Kopf zur Seite und fuhr sich flüchtig übers Gesicht.
Der Junge legte seine Hand an ihre Wange und zwang sie ihn anzusehen.
Mit dem Daumen strich er die restliche Tränenflussigkeit weg und festigte mit dem Zeigefinger ihre Haare hinter dem Ohr.
"Du hast mich also vermisst." grinste er, aber sie schüttelte energisch den Kopf.
Minho hob seine Augenbrauen.
"Vielleicht ein winziges kleines bisschen." sagte sie und blickte dabei auf seine Brust.

Minho lachte leise, betrachtete sie schließlich und verzog etwas das Gesicht.
Er nahm ihre Hände in seine, sodass Siennas verwundete Handflächen nach oben zeigten.
„Was hast du denn gemacht?" fragte er halb belustigt und halb ernst.
„Nichts."
„Wie nichts?"
„Ja nichts."
"Versteh ich nicht."
"So akustisch oder IQ mäßig?"
"Sun." sagte er und schüttelte lächelnd den Kopf, bevor er ihre Hände losließ und seinen rechten Arm um ihre Schultern legte.

Sienna genoss das Gefühl, ihren Namen aus seinem Mund zu hören und speicherte das Kribbeln ihres Körpers nach seinen Berührungen ab.

"Du bist schwer." mauelte sie.
"Lügen." antwortete Minho, zog ihren Kopf zu sich und küsste unvermittelt ihre Schläfe.
Sienna erschrak etwas, spielte es aber runter, indem sie ihn in die Seite kniff und danach ein wenig hektisch ein und ausatmete, bevor sie sich wieder fasste und die Schmetterlinge in ihrem Bauch unter Kontrolle bekam.

Minho ließ sie los und umarmte Newt, welcher bereits seine alte Fassung zurückerlangt hatte und ihr gefolgt war.

"Mir geht's auch ganz hervorragend." hakte sich Thomas ein, nachdem er bereits mit Newt gesprochen hatte.
"Natürlich, du bist ja auch besser als er." erwiderte Sienna, grinste und wich Minhos Schlag aus.

So ganz konnte sie immer noch nicht glauben, dass sie die Nacht dort draußen überlebt hatten und zurück auf die Lichtung gekehrt waren, fast unversehrt.

"Wie?" war das einzige was sie heraus brachte und was annähernd deutlich machte, wie unrealistisch diese Situation war.
„Lass uns das erklären." sagte Thomas und Newt bedeutete ihnen, ihm in die Stätte zu folgen um zu vermeiden, dass die Story hundert Mal erzählt werden musste.

the gladeWhere stories live. Discover now