Teil 1.27

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Er drehte sie zu sich herum und sah ihr in die Augen.
„Was ist los?" Seine Augenbrauen zogen sich etwas zusammen, während er seinen Griff um ihr Handgelenk etwas verstärkte, als hätte er Angst, dass sie weglaufen würde.
„Nichts..." murmelte sie und drehte ihre Hand etwas hin und her um sich aus seinem Griff zu befreien.

„Hör zu." sagte er und sah ihr in die Augen.
„Ich mag dich und du magst mich, also warum dann das ganze Drama?"

Siennas Augenbrauen schossen in die Höhe, während sie versuchte seine Worte zu verarbeiten.
„Meinst du das Ernst?" fragte sie ihn irritiert und ließ ihre Hände sinken.
„Du verarschst mich jetzt nicht oder? Das ist nicht lustig."
Als Antwort legte Minho seine Hände an ihre Wangen und küsste sie erneut.
Sie hob ihre Hände einfach in die Luft als würde sie sich ergeben wollen, bevor sie reagierte und sie an seine Taille legte.
Minhos Hand wanderte in ihren Nacken und er zog sie noch etwas näher zu sich heran.
Siennas Magen drehte sich einmal herum und ihre Finger verkrampften sich schmerzhaft in seinem zerrissenen T-shirt.
Sie schloss die Augen schließlich ganz und prägte sich das Gefühl von seinen Lippen auf ihren ein.
In ihrem Kopf war ein Wirbelsturm und trotzdem konnte sie keinen klaren Gedanken fassen.
Sein Daumen strich leicht über ihren verwundeten Hals, was ihr eine angenehmen Gänsehaut bereitete. Es ließ sie sicher fühlen.

Erst als Minho sich von ihr löste, öffnete sie langsam ihre Augen.
„Meinst du immer noch ich mache Witze?" fragte er leise, während er immer noch ihr Gesicht umschloss.
„Sicher kann man sich ja nie sein." murmelte sie und ließ ihre Stirn verlegen auf seine Brust fallen.
Sie kniff ihre Augen zusammen und spürte wie Minho etwas lachte, ihre Haare streichelte und ihren Rücken umschlang, bevor er ihr einen schnellen Kuss auf den Kopf drückte.

Einige Minuten verharrten sie in dieser Postion, bevor Sienna sich sicher war, dass sie sich wieder unter Kontrolle hatte und ihr Selbstbewusstsein wieder zusammen gekratzt hatte.
Langsam entfernte sie sich von ihm und lächelte ihm etwas entgegen.
Er erwiderte das Grinsen und strich ihr eine Strähne hinters Ohr.
„Lass und auch schlafen gehen." meinte er und lief in Richtung der Hängematten.

Minho hatte sich in seine Hängematte gelegt und Sienna sich auf ihren Stammplatz neben ihm und trotz, dass sie wusste, dass Minho keinen Meter weiter neben ihr lag und Newt, Chuck und der Rest ihrer kleinen Familie ebenfalls mit ihr in diesem Chaos steckten, fühlte sie sich unglaublich alleine.
So richtig war das Ganze nicht in Worte zu fassen, es war mehr so eine Stimmung kein Gefühl, also nicht wirklich anhaltend aber doch irgendwie da.
Sienna drehte sich von einer Seite zur anderen und atmete schließlich angespannt aus. Sie war müde und erschöpft und spürte ihren Körper kaum noch, aber ihr Kopf konnte einfach keine Ruhe finden.
Sie fühlte sich, als wär ihr gesamtes Leben nur ein Spaß, eine Art Videospiel in dem sich andere vergnügten und lachten wenn sie eines ihrer Leben verloren.
Sienna hatte das Gefühl, dass heute so ein Zeitpunkt gekommen war. Sie hatte ihr erstes Leben verloren, als sie mit ansehen musste, wie die Lichter, wie ihre Familie, vor ihren Augen wie auf einem Schlachtfeld hingerichtet wurden und ihr Herz so unglaublich schmerzte.
Ihr Leben wurde noch ein kleines bisschen mehr unwichtiger und verlor einen weiteren Grund, weshalb es überhaupt lebenswert war.
Sie lag auf der Seite als sie spürte wie sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel löste und über ihren Nasenrücken kletterte, um auf der anderen Hälfte ihres Gesichtes auf die Wange zu fallen und langsam zum Boden zu laufen.
Sie dachte über jeden einzelnen der Jungs nach, den sie heute verloren hatten.
Erst als eine weitere Träne in ihr anderes Auge hineinlief und sie energisch blinzeln musste damit es nicht brannte, legte sie sich auf den Rücken und starrte zurück in den Sternenhimmel, von welchem sie sich gerade erst abgewandt hatte.
Die Erschöpfung und Realisierung holte sie ein und beförderte mehr und mehr Tränen ihre Wangen hinunter.
Sie schniefte.
Sie fühlte sich schwach.
Die Kontrolle über ihr Leben war ihr völlig abhanden gekommen, was zu einer unglaublichen Leere in ihrem Inneren führte und trotzdem fühlte sie.
Sie fühlte den Schmerz über den Verlust, den Schmerz ihrer eigenen Knochen, den Schmerz des Kämpfens und des Streitens.

Sie konnte es nicht besser beschreiben.
Irgendwie war alles chaotisch und trotzdem so leer.
Sie wünschte sich sehnlichst, dass sie ihre Gedanken einfach mit einem Knopfdruck abstellen könnte und sich die Schlaflosigkeit ersparen könnte.
Sie starrte in die Sterne und hoffte ihre Freunde wussten wie viel sie ihnen bedeutete.
Sie schniefte erneut und drückte ihre Handflächen in ihre Augen, versuchte zu verhindern, dass ihr weinen unkontrollierbar wurde.
‚Es tut mir so leid.' dachte sie und überlegte ob es nicht eine Möglichkeit gegeben hat, das Massaker zu verhindern.
‚Wenn sie mehr Waffen gehabt hätten -‚ fing sie an, wurde aber sofort unterbrochen.
„Bist du okay?"

the gladeWhere stories live. Discover now