Teil 2.17

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"Ich kann nicht mehr." murmelte Sienna leise und schleppte sich Schritt für Schritt durch die Wüste.
Ihr Magen knurrte und ihr Mund war so trocken wie Chucks bester Kuchen.
"Ich brauche Wasser." jammerte Teresa hinter ihr immer wieder, bis Thomas ihr schließlich seine Trinkflasche überreichte.
Minho beobachtete Sienna von der Seite, die etwas abwertend zu ihrer braunhaarige Freundin blickte.
"Was denkst du?"
Sie sah zu ihm.
"Nichts." sie quälte ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Sienna hatte das Gefühl, dass in dieser Teststation etwas mit Teresa gemacht wurde, etwas, was sie verändert hatte. Sie erkannte sie kaum wieder.
Sie blinzelte in die untergehende Sonne hinein und hielt sich ihren schmerzenden Bauch, der sie andauernd daran erinnerte, dass er bitte gefüttert werden möchte.
Die Lichter gingen noch etwa eine Stunde stetig vorwärts, bis sie an drei Trucks halt machten, welche ihnen etwas Schutz boten und setzten sich an die großen Reifen.
Aris entzündete ein Feuer an einer Feuerstelle in Mitten der Trucks. Sie schienen nicht die ersten zu sein, die durch die Wüste liefen.
"Kann eigentlich nicht schlimmer werden." fasste Sienna die Situation zusammen.
"Pass auf, am Ende versteht das Leben das als Challenge." reagierte Minho trocken.
"Hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage, aber ich vermisse die Lichtung." Pfanne liefen stumm die Tränen über die Wangen und sie konnte ihn gut verstehen.
"Ich vermisse Chuckie." sagte Sienna leise und umschlang ihre Knie.
Jetzt begann auch Newt zu weinen und drehte sein Gesicht von den anderen weg.
Nur Minho zeigte keine Reaktion.
"Jenga." sagte Sienna und schüttelte ironisch lachend den Kopf.
"Jenga?" fragte Newt irritiert.
"Das Spiel." erklärte sie.
"Du rufst 'Jenga' wenn alles auseinander fällt."
Irgendwie schafften es die anderen über diesen grauenvollen Witz zu lachen, aber es war kein fröhliches Lachen. Von niemandem.
Sie alle waren verzweifelt, waren erschöpft, hatten Durst und Hunger und sahen kein Ende.
Das Lachen entstand aus der Entmutigung die sie alle ganz genau spürten.
Sie versuchten noch etwas miteinander zu reden, aber es ging ziemlich schnell, dass sie alle schliefen.

"Minho?" sagte sie fragend, nachdem er sich von ihr weggedreht hatte.
"Du bist nicht mehr meine Freundin, erinnerst du dich?" sein angepisster Unterton war deutlich zu hören.
"Was?" irritiert sah sie ihn an.
"Tu nicht so als wüsstest du nichts." er schrie sie an.
"Was weiß ich nicht?" sie begann zu weinen, aber das machte es schlimmer.
"Du weißt, dass wir dich alle hassen oder?" eine Stimme flüsterte ihr von hinten in ihr Ohr.
"Newt?" fragte sie mit glasigen Augen und drehte sich um.
"Du bist nichts, als eine Last für uns alle." Minho.
"Warum weinst du? Du verdienst es nicht." Newt.
"Warum sollte es mich interessieren, dass du weinst?" Minho.
"Verschwinde." Newt.
"Verschwinde aus meinem Leben." Minho.
Sienna sah immer wieder zwischen den beiden hin und her und hielt sich verzweifelt den Kopf, bevor sie begann laut zu schreien.

"Sienna!" Minho rüttelte an ihrem Arm und erschrocken öffnete sie die Augen.
"Du hast schlecht geträumt." sagte er, aber Sienna sah sich panisch um und kroch auf ihrem Hintern einige Meter von ihm weg.
"Hey." besorgt sah er sie an. "Ist alles in Ordnung?"
Sienna versuchte Traum und Realität zu trennen, aber ihr Kopf spielte ihr alles immer und immer wieder vor.
"Ich-" setzte sie an, aber ihr Blick streifte ab und erreichte Newt.
Tränen rannen über ihr Gesicht als sie aufsprang und sich von den anderen einige Meter entfernte.
"Sienna." sagte Minho.
"Wo willst du hin?" er klang genervt.
"Du hast gesagt- ich- du meintest-." sie brachte es nicht raus und ging stattdessen weiter rückwärts, als er auf sie zu kam.
"Sun, du hast geträumt." versuchte er es erneut.
"Ich sollte verschwinden." murmelte sie.
"Bleib stehen." sagte Minho und starrte sie ausdruckslos an.
"Du hast gesagt ich soll gehen." verzweifelt sah sie ihn an. Sie hatte keine Kontrolle mehr über ihren Kopf.
"Ich lass dich nicht gehen." flüsterte er jetzt gefährlich und begann hysterisch zu lachen.
"Bleib stehen." Er begann zu rennen und zog eine Waffe. Er zögerte keine Sekunde und drückte ab.

Sie erwachte unter dem Sternenhimmel. Sie spürte ihren nass geschwitzten Körper und die getrockneten Tränen an ihren Wangen. Ihre Atmung ging unkontrolliert und ihr Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig.
Ihr Magen knurrte, was sie sicher sein ließ, dass sie diesmal in der Realität angekommen war. Sie traute sich etwas sich zu bewegen und griff mit zitternder Hand zu der Wasserflasche zwischen ihr und Minho, aber ließ ihren Arm sinken. Er würde es brauchen.
Sie versuchte tief durchzuatmen und setzte sich leise auf. Einige Sekunden sah sie nichts als Schwärze und ihr war schwindelig, bevor sich ihr Blick langsam klärte.
"Gruselig." murmelte sie und starrte stumm in die Dunkelheit der Wüste vor ihr.
Das einzige was sie nicht vergessen ließ wo sie war, waren die Sandkörner in ihrem Gesicht und auf ihrem ganzen Körper.
Sienna zitterte und umschlang ihre Knie mit den Armen, sie würde definitiv kein Auge mehr schließen können.
"Hey." sie schreckte zusammen und holte aus, zog ihre Hand aber rechtzeitig zurück.
"Bist du verrückt?" zischte sie und Minho lächelte sie leicht an.
Er hatte seinen Kopf zu ihr gedreht und lag ansonsten mit dem Bauch im Sand.
"Warum schläfst du nicht?"
"Ich wollte die Sterne beobachten." sie sah in den Himmel und lächelte, als sie den Polarstern erblickte.
"Du brauchst den Schlaf." mühsam setzte er sich auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen einen der Reifen.
"Leg dich wieder hin." mahnte sie ihn.
"Du bist nicht meine Mama." er lächelte.
"Nein, aber deine Freundin. Was würde sie sagen, wenn du nicht auf mich hörst?"
"Ich habe keine Ahnung, was würde deine sagen, wenn du so lange wach bist?"
Sienna schüttelte den Kopf und sah wieder hoch in den Himmel.
"Erzähl mir, über was du nachdenkst." er betrachtete sie von der Seite und spielte mit Sand zwischen seinen Händen.
"Nein."
"Bitte, vertrau mir."
"Ich vertrau dir!" rechtfertige sie sich und sah zu ihm herüber.
"Dann lass uns reden." er schüttelte den Sand von seinen Fingern und griff nach ihrem Arm.
Sie protestierte ein wenig, aber ließ sich schließlich zwischen seine Beine ziehen.
Sie lehnte sich an seine Brust und stützte ihre Arme auf seinen angewinkelten Beinen ab.
Sein Kinn grub sich in ihre Haare, während sie vorsichtig ihre Augen schloss.
"Was siehst du im Himmel?" fragte er sie leise nach ein paar Sekunden und seine Hände umschlangen ihren Körper.
"Sie." sagte Sienna, nachdem sie einige Momente gezögert hatte."Meine Mama, meinen Papa."
sie öffnete ihre Augen.
"Chuckie, Alby, Winston." Bei jedem Namen suchte sie sich einen Stern.
"Gally, Ben, Scott." Sie zeigte jetzt auf die Sterne, die sie an ihre Freunde erinnerte.
"Jeder Stern ist einer von ihnen."
Es umhüllte sie lange Stille.
"Ich weiß, dass es albern ist." flüsterte sie leise und schloss ihre Augen.
"Sun, es ist wunderschön." Er verschränkte ihre Hände miteinander.
"Das sagst du nur so, ich weiß du glaubst nicht daran."
Minho sagte lange nichts, dann nahm er ihren Finger und zeigte auf einen Stern weiter links.
"Mach dir keine Sorgen Mama, deine Tochter ist eine echte Kämpferin." er sagte es deutlich und küsste ihren Kopf, bevor er ihren Arm langsam wieder sinken ließ.
"Ich glaub ich liebe dich." meinte Sienna und wischte sich die Träne von der Wange.
Er lehnte seinen Kopf an den Reifen.
"Ich weiß es."

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