Teil 2.7

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„Newt!" sagte Sienna und griff nach seinem Arm.
Es war ungewöhnlich für ihn, seine Wut so deutlich zu zeigen.
„Ist alles okay bei dir?"
Verwirrt suchte er Siennas Augen und als sie sich schließlich trafen konnte sie sehen, wie sich seine, vor Wut zusammen gepressten Augenbrauen entspannten.
„Was ist?" fragte er und es schwang nur noch ein leicht genervter Unterton mit.
Sie verließen den Schlafraum und folgten den Männern durch kalte, dreckige Gänge um zur Mensa zu gelangen.
„Ist alles gut?" wiederholte sich Sienna erneut und sah den Blondie besorgt an.
„Mir gehts gut." antwortete er kurz angebunden ohne sie anzusehen.
Sie liefen einige Minuten still nebeneinander her, bevor sie durch die großen Glasscheiben in den Raum sehen konnten, wo bereits mehrere Tische besetzt waren.
Newt beschleunigte seine Schritte kurz vor dem Eingang und trat vor ihr durch die Tür.
Verwirrt sah sie Minho an, welcher nur mit den Schultern zuckte und sie schließlich durch den Rahmen schob.

Während des Frühstücks kündigte Janson weitere Tests an, welche die Lichter über sich ergehen lassen mussten. Ein Doktor besah sich die Stiche von Sienna und beschloss, dass sie die Fäden erst in einigen Tages ziehen würden. Ihre Kopfwunde war bereits zum größten Teil geschlossen und hinterließ nur noch leichte Kopfschmerzen.
Beim Mittagessen setzte sich Sienna zu einer Gruppe Mädchen aus einem der Nachbarlabyrinthen und tauschte mit ihnen alle Informationen aus, die ihr einfielen.
Sie erzählte von ihrem Ausbruch der Lichtung und den Grievern und von Chuck.
Sie berichtete über seine lustigen Träume, seine gute Laune, seine Naivität und Hilfsbereitschaft und bezeichnete ihn als ihren kleinen Tollpatsch.
Fast hätte sie erneut eine Träne vergossen, aber sie merkte wie sehr es half über die Geschehnisse zu sprechen.
Die Mädchen erzählten ihrerseits von dem Kampf der hier zu ihrer Ankunft führte und erklärten ihr einige Regeln von ihrer Lichtung.
Sienna hatte geweitete Augen und ein paar mal kippte ihre Kinnlade herunter. Lange hatte sie sich nicht mehr so lebendig gefühlt.
Sie und ein anderes Mädchen verstanden sich besonders gut, ihr Name war Sonja und sie erinnerte sie in einer bestimmten Weise an Newt. Ihre Stimme und Ausstrahlung waren sich einfach so ähnlich.
Chiara war hingegen das komplette Gegenteil von ihr. Sie hatte schnell ihre Prioritäten gefunden und erklärte ihren Freundinnen was das Aussehen eines Jungen ausmachte, sie hörte überhaupt nicht mehr auf darüber zu reden, wie hübsch oder hässlich sie einige hier fand.

Beim Abendessen stand sie vor Sienna an der Essensausgabe und sprach über Minhos Aussehen, weshalb Sienna leicht das Gesicht verzog.
Sie erklärte die Vorteile von dunklen Haaren bei einem Jungen und meinte, dass er ihr beim Mittagessen in die Augen gesehen hatte, als sie mit ihm geredet hatte, was einen Jungen viel attraktiver machen würde. Sie beschrieb ihn als respektvoll und humorvoll und Sienna schüttelte nur leicht ihren Kopf und sah sich nach Minho um.
Sie entdeckte Newt und Thomas an einer Bank am anderen Ende des Raumes, konnte ihren Asiaten jedoch nicht ausmachen.
Chiara ließ sich ihren Teller befüllen.
"Mit ihm könnte ich mit echt was vorstellen." sagte sie und blickte träumerisch auf ihre Essen, während ihre Freundin bestätigend kicherte.
Sienna verdrehte die Augen und nahm ihr Abendessen entgegen.
Ein wenig brachten sie ihre Worte zum nachdenken. Schließlich wusste Minho innerhalb ihrer vier Mauern nicht, was er hätte haben können. Sie war immerhin das einzige Mädchen. Es war nicht unwahrscheinlich, dass er jemand anderes besser finden würde und Chiara war wirklich hübsch, hatte einen ausgeprägten weiblichen Körper und wunderschöne Augen.

Genervt von ihren eigenen Gedanken atmete sie lautstark aus und drehte sich mit ihrem Tablett in Richtung ihrer Freunde. Gleichzeitig machte Chiara einen Schritt auf sie zu und stieß ihr Tablett gegen Siennas. Ihr Glas fiel um und das Wasser verteilte sich auf ihren Klamotten, bevor sich die Scherben in ihre Hände bohren konnten.
"Ohh!" machte Chiara und riss ihre Augen auf. "Entschuldige!" setzte sie an. "Du hattest da einen Fleck." Ihre Freundin lachte und Sienna stellte ihr Essen lautstark auf den ersten Tisch neben ihr, bevor sie sich angepisst zu ihr herum drehte.
Dann schlug sie mit ihrer flachen Hand auf die Unterseite ihres Tabletts und beobachtete zufrieden, wie sich ihr Saft über das Essen verteilte und ihr beiges T-Shirt verfärbte.
"Entschuldige, ich dachte nur die Farbe passt besser zu dir." sagte Sienna, griff nach ihrem Abendessen und drehte sich weg. Ihre Finger griffen fest um den Rand des Tabletts, sodass ihre Knöchel weiß wurden und sie die kleinen Scherben spüren konnte. Doch bevor sie weiter gehen konnte, spürte sie Chiaras Bein vor ihrem Fuß und fiel nach vorne. Erschrocken ließ sie ihr Tablett loß und streckte ihre Arme Richtung Erde, aber bevor sie den Boden erreichen könnte, spürte sie einen Arm um ihren Oberkörper und hielt sich an ihm fest.
Minho richtete sie auf und warf Chiara einen angepissten Blick zu. Das Mädchen starrte schockiert in sein Gesicht und reagierte nicht, als er ihr das Tablett aus der Hand nahm.
Sienna sah sie verärgert an und schüttelte nur ihren Kopf.

Bevor Minho noch etwas sagen konnte legte sie seine Hand auf seine Brust und drückte ihn etwas nach hinten, bis er sich drehte und ihr folgte.
Er stellte Chiaras Tablett auf den Tisch und setzte sich neben Newt.
"Wer war das denn?"
Sienna zuckte mit den Schultern und begann ihre in Saft getränkten Kartoffeln aufzuspießen.
Er legte seine Hand an ihr Kinn und drehte sie herum.
"Hey?"
"Nicht jetzt." murmelte sie mit zusammen gebissen Zähnen und ärgerte sich über ihr mangelndes Selbstbewusstsein seit den vergangenen Tagen.
Minho kniff ihr in die Seite und genervt sah sie ihn an, aber im selben Moment tat es ihr leid.
"Sorry. Sie ist einfach so hübsch." brachte sie erschöpft heraus und konzentrierte sich auf ihr Essen.
"Wunderschöne braune Augen, der Kopf voller Gedanken und trotzdem so planlos." erwiderte Minho und gab ihr einen Kuss.
Sienna verzog das Gesicht und lächelte leicht.
"War das eine Liebeserklärung?" fragte sie und zog ihre Augenbrauen hoch. Statt einer Antwort küsste er sie erneut, bevor Janson mit der Aufzählung begann.

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