Teil 1.22

994 38 7
                                    

Irritiert von den plötzlichen Unruhen traten die Lichter aus der Tür und starrten auf die bewaffneten Jungs, welche allesamt auf die vier Ausgänge der Lichtung zu rannten.
"Was ist los?" fragte Gally einen der Jungs, welcher in größter Eile an ihnen vorbei lief.
"Die Tore schließen sich nicht!" schrie er im Rennen über die Schulter.
"Wie die Tore schließen sich nicht?" hakte Newt verwirrt nach, aber er war bereits außer Hörweite.
Dafür antwortete Minho jetzt und sein Gesichtsausdruck gefiel Sienna ganz und gar nicht.
Das erste mal seit sie sich erinnern konnte, erkannte sie Angst in seinen Augen.
"Das heißt wir sind über Nacht ungeschützt und die Griever können auf die Lichtung kommen."
Siennas Augen wurden groß, während sie ihn anstarrte und einfach nur versuchte seine Worte zu verarbeiten.
„Das meinst du nicht ernst?" sprach Newt ihre Gedanken aus, aber Minho zerstörte jegliche Hoffnung mit einem kurzen Nicken.

„Winston!" schrie er jetzt.
„Welche Waffen sind noch nicht in Benutzung?"
„Die hinter den Hängematten!" schrie er zurück und warf Jeff gleichzeitig einen Speer zu.
„Sienna, komm mit mir. Gally, guck welche Ausgänge noch nicht bewacht sind. Thomas, Newt, Teresa, sucht nach Plätzen wo wir uns verstecken können, wenn wir sie nicht zurücktreiben können."
„Was ist mit Alby?" schrie Sienna über das Chaos hinweg bevor sie sich aufteilen konnten.
„Wir nehmen ihn mit." sagte Newt und Thomas und er verschwanden zurück in die Hütte.
„Chuck..." sagte sie leise.
„Teresa, such Chuck!" schrie sie aus, bevor sie Minho hinterher rannte.

„Sun, nimm dir die Messer." sagte Minho nachdem sie durch die Tür gestürmt waren.
„Warum gehen die Tore nicht zu?" fragte sie, während sie sich eines der Messer in die Hosentasche steckte und fünf weitere in die linke Hand nahm.
„Wir haben keine Zeit uns darüber Gedanken zu machen, aber ich denke nicht, dass es zum anfreunden gedacht ist."
„Die werden uns alle umbringen oder?"
Minho stockte in seiner Bewegung und verharrte einige Sekunden, dann sah er sie an.
„Sie werden uns auf jeden Fall nicht zum Tee trinken einladen."
„Du musst überleben." sagte sie ernst und merkte wie kalt diese Aussage klang.
Sie schienen beide über eine Alltagssituation zu sprechen und nicht über ihr beider Todesurteil.
„Gleichfalls, Nervensäge."
„Nenn mich nicht so, ich meine es ernst."
„Aber wenn es doch die Wahrheit ist."
Er grinste und gab ihr einen Speer.
„Verteil die Waffen so gut es geht und lass dich nicht aufspießen."
Sie schüttelte den Kopf über seine Aussage und Griff nach dem Speer, aber Minho ließ den Holzstab nicht los.
Irritiert sah sie auf.
„Ich meine es auch ernst, Sun."
Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, bevor sie nickte.

Als sie und Minho zurück auf die Lichtung kehrten herrschte bereits pures Chaos.
Zwei Griever hatten schon den Weg auf die Lichtung gefunden, ein paar der Jungs lagen regungslos auf dem Boden.
„Perfekt. Ich hätte fast keinen Albtraumstoff mehr gehabt." brachte sie hervor.
Verzweifelt versuchten die Lichter die Monster von der Lichtung zu treiben ohne sich selbst dabei umzubringen.
„Ist doch dann mega Timing." sagte er, bevor er sie weiter auf die Lichtung drängte und Waffen an vorbeilaufende Jungs verteilte.

Minho rannte in Richtung des einen Grievers ohne sich noch einmal umzusehen.
„MINHO!" schrie sie aus und versuchte ihn daran zu hindern direkt in den Tod zu rennen.
„KANNST DU IDIOT EINMAL DEINEN KOPF BENUTZEN." er war bereits außer Hörweite was Sienna ein Gefühl von Unsicherheit und Angst gab.
Gleichzeitig spürte sie einen Ruck durch ihren Körper fahren als sie Minho aus den Augen verlor.
Eine Mischung aus Panik und Verzweiflung strömte durch sie, als sie realisierte, was gerade passierte.

Die Schreie der Lichter und das metallische Klappern der Griever erreichten ihre Ohren und machten die gesamte Situation wesentlich dramatischer.
Die Sonne war bereits seit langer Zeit hinter den Mauern verschwunden, nur die flammenden Fackeln erhellten die Lichtung und warfen gruselige Schatten auf den Boden.
Das sonst saftig grüne Gras wirkte pechschwarz und die freundlichen Waldstücke gefährlich und dunkel.
Es ging um Leben und Tod und so sehr sie diesen über dramatischen Satz auch hasste, es war das einzige was die Realität widerspiegeln konnte.

Schnell hatte sie ihre Ängste beiseite gedrängt, nachdem sie dabei zu sah wie ihre Freunde, ihre Familie, Mann für Mann ihr Leben verloren und brutal zerstückelt wurden.
„SCOTT!" rief sie aus und zog eines der Messer aus ihrer linken Hand und warf es ihm Griff voraus entgegen.
Ein weiteres warf sie im Laufen auf den, was sie glaubte, sei der Kopf des Griever und spürte wie sich die Klinge kurz in ihre Haut verirrte.
Das Blut tropfte aus ihrer Hand und verlor sich in der Dunkelheit, bevor es den Boden erreichte, aber der Schmerz erreichte ihren Kopf nicht.

Und plötzlich stand Kaden vor ihr.
Sie wollte ihm eine ihrer Waffen entgegen werfen, doch bevor sie reagieren konnte hatte sich eine der Klingen des Grieverarms um seinen Oberkörper geschlungen und ihn brutal in die Luft gezerrt.
„Shuck" rief sie aus und stolperte rückwärts, nachdem sie den Schock verarbeitet hatte.
Als sie sich mit einem weiteren Messerwurf vergewissert hatte, dass für Kaden jegliche Hilfe zu spät kam, drehte sie sich um und beschleunigte ihre Schritte.
Doch obwohl sie bereits einige Meter zwischen sich und das Monster gebracht hatte, spürte sie die Klinge an ihrem Knöchel.
Es riss sie zu Boden und sie konnte hören wie der untere Teil ihres T-shirts entzwei riss.
Ihre Hose war schlammig und voller Dreck, ihr Gesicht in einer Pfütze gelandet.
So schnell es ging hob sie ihren Kopf und warf zwei der Messer hinter sich, in der Hoffnung es würde das Metall Monster treffen.
Dann wischte sie sich mit dem Arm über ihr Gesicht und verteilte die Schlammspritzer.
Eine Art Quieken erreichte ihre Ohren, was sie vermuten ließ, dass die Klingen ihr Ziel erreichten, doch auf einmal spannte sich der Griff des Grievers an und sie wurde vom Boden in die Luft gerissen.
„SCHEIẞE!" schrie sie während sie kopfüber einen Meter über dem Rasen hing.
Ihre Haare hingen zu Teilen aus ihrem Zopf in ihr Gesicht und ihr T-Shirt ruhte auf Höhe ihrer Brust.
Eine Welle von Angst strömte durch ihren Körper.
Und fast war sie sich sicher, dass das jetzt das letzte war, was sie erleben würde.
In Büchern und Filmen würden jetzt Rückblicke von dem Leben der sterbenden Figur gezeigt werden, aber aus irgendeinem Grund, war Siennas Kopf gefüllt mit Leere.
Das einzige woran sie denken konnte, war der Traum von ihrem Vater, welchen sie an den ersten Tagen auf der Lichtung hatte.
Schweiß tropfte von ihrer Stirn, während sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien.
Sie war noch nicht bereit zu sterben, sie hatte nicht mal wirklich gelebt.

the gladeWhere stories live. Discover now