22) Zaynmäßig

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Wie vom Donner gerührt verharrte ich auf Position, die Augen sperrangelweit offen, als ich zur Tür starrte. Meine Finger waren noch immer um die vermaledeite Kordel geschlossen, deren Endknoten im Handlauf hing und wohl auch für die nächsten drei Jahre dort hängen würde.

Das Herz schlug mir bis zum Hals.

Verdammte Scheiße.

Hoffentlich war Gemma schon außer Sichtweite. Ich selbst konnte meine Anwesenheit hier erklären, zur Not auch eine mit riesiger Sporttasche in der Hand – zu einer Uhrzeit, zu der eigentlich kein gewöhnlicher Zivilist mehr mit Reisegepäck durch die Gegend gurkte.

Gemma Styles, von oben bis unten in schwarz gekleidet, noch dazu mit Handschuhen und dem grimmigsten Gesichtsausdruck, den jeder Normalsterbliche jemals gesehen haben dürfte, wohl eher nicht.

Meine Hand zuckte in Richtung meines Kopfes, den ich sorgfältig mit der dunklen Kapuze meines Hoodies bedeckt hielt, wohlwissend, dass ich mein Gesicht in der Öffentlichkeit aktuell besser verbergen sollte.

Darüber hinaus war mein Blondschopf leider alles andere als unauffällig und im Dunkeln schon aus zwei Kilometern Entfernung zu sehen. Vor allem für Leute, die gezielt danach suchten. Hier allerdings würde mich die Kapuze hier vielmehr wie einen Schwerverbrecher wirken lassen.

Und ich mochte zwar hier eingebrochen sein, aber ich war kein Schwerverbrecher. Ich wollte einfach nur meine blöden Klamotten.

Kurzerhand riss ich mir die Kapuze vom Kopf und konnte gerade noch die Haarspitzen verfluchen, die mir sofort in die Augen hingen, da hatte sich der Neuankömmling auch schon durch die Tür geschoben.

Was zum...

Ich prallte zurück, und für einen kurzen Moment befürchtete ich, dass Gemma und ich nicht die einzigen Einbrecher waren.

Der Mann, der nun leise die Haustür hinter sich verschloss, verschmolz beinahe mit dem Dämmerlicht um uns herum. Er hielt den Kopf gesenkt, sodass es unmöglich war, ihn zu identifizieren. Seine schwarze Lederjacke glänzte im fahl hereindringenden Licht der Straßenlaternen, ebenso die Lackstiefel an seinen Füßen. Die Mütze auf seinem Kopf, ebenfalls in Schwarz, tat den Rest.

Fuck.

Ich schluckte schwer, überlegte hektisch, ob mir wohl noch genug Zeit bliebe, einen heldenhaften Abgang hinzulegen. Gemma stand sicherlich bereits unten vor dem Heizungskeller und verfluchte in Gedanken meine Unfähigkeit.

Mein Glück, dass sie so gut darin war, ihre Gedanken und Emotionen zu verbergen, sonst wäre ich vermutlich an Ort und Stelle vor Schuldbewusstsein im Boden versunken.

Aber wer hätte denn schon damit rechnen können, dass sich ausgerechnet jetzt jemand hier herumtreiben musste? Ich war mir zwar sicher, dass Gemma trotzdem mir die Schuld geben würde, einfach, weil sie es konnte, aber...

Mit einem leisen Pling löste sich die Kordel aus dem Geländer, ließ ein umso lauteres Vibrieren durch das Metallgestänge gehen.

Nun gut. Spätestens jetzt dürften alle wach sein.

Schlagartig hob der Neuankömmling den Kopf, und mir blieb nichts anderes übrig, als ernüchtert die Augen zu schließen.

Verdammt.

Möglichst unauffällig schielte ich eine Etage tiefer und fing prompt Gemmas fassungslosen Blick auf, zusammen mit einer unfreundlichen Geste, die wohl bedeuten sollte, dass sie mir bei der nächstbesten Gelegenheit den Hals umdrehen würde.

Wundervoll.

Schlimmer konnte es dann wohl nicht mehr kommen. Vielleicht sollte ich einfach mit meinem Schicksal abschließen – und davor noch zusehen, dass ich dieser unerwünschten Begegnung entkam.

Oblivious (Ziall)Where stories live. Discover now