61) Weg

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„Zayn!" Die Tür flog so heftig auf, dass die Klinke mit der Wand kollidierte. „Es gibt Ergebnisse."

Wie vom Blitz getroffen zuckten wir zurück, rückten instinktiv auch noch ein Stück voneinander ab. Natürlich zu spät.

Bernard Quinns Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte er die Lage längst erfasst – und, um ehrlich zu sein, gab es auch nicht viel, was man nicht erfassen konnte, wenn zwei Leute knutschend aufeinandersaßen.

„Ähm." Verlegen zog ich mein T-Shirt zurecht, an dem Zayns Hände ein wenig zu heftig gezogen hatten. „Hallo."

„Mann, Bernard." Zayn schien sich ganz und gar nicht ertappt zu fühlen. Er klang nur genervt. „Kannst du nicht anklopfen?"

Quinn gab ein Glucksen von sich, wie ich es noch nie von ihm gehört hatte. „Interessant. Ihr zwei kriegt das ja schneller gebacken, als ich dachte. Ich hoffe, ich habe nichts unterbrochen?"

Mein Gesicht wurde nur noch roter.

Zayn hingegen grinste nur. „Warum? Dir würde es doch nichts nutzen, immerhin können wir keine Nachkommen zeugen, auf deren Erbgut du dich stürzen könntest."

Quinn überlegte kurz. „Wohl wahr. Schade eigentlich." Schalkhaft zwinkerte er uns zu, um zu zeigen, dass es sich einzig und allein um einen dummen Witz handelte. Dann nahm sein Gesicht schlagartig ernste Züge an. „Zayn, es gibt Ergebnisse."

„Okay." Eilig setzte Zayn sich auf, ließ die Hand an meiner Taille ruhen. „Harry? Aber du hast mit der Analyse doch erst begonnen!"

Quinn nickte knapp, doch seine Augen funkelten hinter den Gläsern seiner Lesebrille. „Ich habe noch nicht alle Details, aber die bisherigen reichen mir schon vollkommen aus. Es sind höchst interessante Ergebnisse, die einen Durchbruch bedeuten könnten."

„Was?" Nun war auch ich ganz Ohr. Ich verstand nicht viel von der Forschung, aber wenn ich eins begriffen hatte, dann, dass es um eine Reparatur der Mutation ging. „Ein Durchbruch mit Harrys Blut? Wie das?"

Mein ehemaliger Therapeut zögerte merklich. „Niall, ich bin nicht sicher, ob ich ausgerechnet dir ..."

„Was soll das heißen, ausgerechnet mir?" Ich konnte nicht verhindern, dass sich leiser Sarkasmus in meinen Tonfall schlich. „Es ist ja nicht so, als wäre ich einer von den Leuten, die eine solche Reparatur am dringendsten notwendig hätten."

Quinn seufzte. „Ich gebe grundsätzlich keine Ergebnisse weiter, solange ich mir nicht wenigstens zu neunzig Prozent sicher bin, dass es funktionieren kann. Insbesondere nicht in solchen Dingen."

Zayn sah zwischen uns hin und her.

„Ich würde ihm sowieso alles weitergeben", schaltete er sich dann schnell ein, als ich zu einer nicht sehr freundlichen Entgegnung Luft holte. „Außerdem hat er ja Recht, oder? Die Forschung gilt vor allem Menschen wie ihm und seiner Mutter. Wenn jemand erfahren sollte, dass es Fortschritte gibt, dann er. Maura ist sicherlich ohnehin schon informiert, richtig?"

Quinns unzufriedenes Schweigen war Antwort genug. Schließlich schob er mit dem Fuß die Tür zu und zog dann Zayns Schreibtischstuhl heran, um sich unaufgefordert zu setzen.

Wie auch der Rest von Zays eigenem Reich hier in dieser Zweigstelle der OOA glänzte der Stuhl in einem tiefen Schwarz. Zusammen mit dem Teppich, den Vorhängen und der Bettwäsche. Seine Lieblingsfarbe. Sogar die Wand neben dem Bett war mit schwarzer Farbe gestrichen. Laut Zayn wohnte er hier seit mehreren Jahren, ohne Aussicht auf einen baldigen Auszug, weshalb man ihm erlaubt hatte, den Raum gemäß seinen eigenen Vorstellungen ein wenig anzupassen.

Oblivious (Ziall)Where stories live. Discover now