23) Tilda

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Tilda O'Neill machte mir Angst.

Statt einer Begrüßung nahm sie mich mit einem „Dein unbewusster Schutzmechanismus scheint ja schon einwandfrei zu funktionieren" in Empfang – in so trockenem, unbeeindrucktem Tonfall, dass ich am liebsten wieder kehrtgemacht und zurück auf den Gang geflohen wäre.

Leider ließ ich diesen Gedanken wohl doch noch durchsickern, denn ich hatte ihn kaum zu Ende gedacht, da flog auch schon wie von Geisterhand die Tür hinter mir ins Schloss und schob mit leisem Klicken von allein den Riegel vor.

Nein, nicht von allein. Und auch nicht durch Geisterhand.

Das vergnügte Glänzen in Tildas grauen Augen war Beweis genug, um sie dafür verantwortlich zu machen.

Was bedeutete, dass ihre Fähigkeiten in Sachen Telekinese noch viel besser ausgeprägt sein mussten, als Harry mich im Vorfeld hatte wissen lassen. Garantiert wollte er einfach nicht, dass ich mir vor der ersten Trainingseinheit noch mehr in die Hose machte, als ich es ohnehin schon tat.

Trottel.

„Ähm. Hallo." Misstrauisch rückte ich ein Stück von der Tür ab. „Ich bin..."

„Niall Horan", schnitt sie mir das Wort ab, keineswegs unfreundlich, aber dennoch irritierend brüsk. „Ich weiß, dass du denkst, dass das dein Name ist."

Binnen einer Millisekunde verwandelte sich mein Gehirn zu Matsch.

„W-was?"

Tilda schürzte die Lippen. „Fang."

Ehe ich reagieren konnte, hatte sie mir schon einen Plüschbären an den Kopf geworfen, offenbar in der Erwartung, dass ich ihn vor dem Aufprall abfangen würde.

Nun gut.

Ganz offensichtlich enttäuschte ich diese Erwartung: Das Kuscheltier traf mich mitten an die Stirn und plumpste dann wenig grazil zu Boden, um dort noch zweimal zu hopsen, bevor es endgültig liegenblieb.

„Ähm." Entgeistert starrte ich erst Tilda an, dann das Kuscheltier. Dabei registrierte ich, dass es ein kunterbuntes Hühnerkostüm und eine glitzernde Sonnenbrille trug. „Okay?"

Tilda musterte mich prüfend.

Dann wandte sie sich ruckartig ab und begab sich hinter den Schreibtisch, der weiter hinten im Raum direkt am Fenster stand. Ihr blondes, von hellgrauen Strähnen durchzogenes Haar fasste sie währenddessen geschickt zu einem langen, glänzenden Pferdeschwanz zusammen, bevor sie sich in den Stuhl plumpsen ließ. Sie vollführte eine wegwerfende Handbewegung, und der zweite Drehstuhl, der auf meiner Seite des Schreibtisches stand, wandte sich lautlos in meine Richtung.

„Setz dich. Und bring Elton mit."

„Elton?"

„Elton John." Sie deutete in Richtung meiner Füße. „Der Bär."

„Oh. Ja. Natürlich." Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich mich pflichtbewusst nach dem Plüschtier – Verzeihung, Elton John – bückte und mich dann vorsichtig dem angebotenen Stuhl näherte.

Wenigstens ergab jetzt das Hühnerkostüm einen Sinn.

Tilda O'Neill trommelte unterdessen mit ihren sorgfältig gestutzten Fingernägeln auf dem Schreibtisch herum, jede meiner Bewegungen mit Argusaugen verfolgend. Wahrscheinlich überlegte sie, was sie mir als nächstes an den Kopf knallen sollte. Buchstäblich.

„Ich hätte dir eine Handgranate zuwerfen sollen", merkte sie an, nachdem ich mich und Elton John hingesetzt hatte. Richtig vermutet. „Oder einen Kaktus."

Oblivious (Ziall)Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin