Kapitel 68

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Ich glaube ich habe einen Narren an dieser Bank gefressen. Oder ich lief zu oft vor meinen Problemen weg, das war auch eine Möglichkeit. Jedenfalls kauerte ich mal wieder hier und wartete darauf, dass mein Hände aufhörten zu zittern. Oh Mann, das war hart gewesen.

... aber auch ein ziemlich berauschendes Gefühl. Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, doch ich versuchte es gleich wieder einzudämmen.

Ach komm schon. Wir wissen doch alle, dass du es genossen hast. Wir sind  über deine dunkle Seite im Bilde.

Naja, dunkle Seite würde ich es jetzt nicht nennen. Dyan hatte es wirklich verdient! Auch wenn es nichts Neues war, dass er mit den Mädchen spielte, irgendjemand musste ihm ja mal beibringen, dass er damit nicht durchkam. Und ich würden sehr gerne diejenige sein, die ihm zeigt, wie schön auch eine feste Beziehung sein kann.

Uhhrg, okay den Gedanken würde ich gleich wieder aus meinem Gedächtnis streichen. Viel zu kitschig.

Seufzend ließ ich meine Beine baumeln, die ich bisher fest an meine Brust gezogen hatte, aus Angst, sie würden sich sonst selbstständig machen und mich  geradewegs wieder in Dyans Arme tragen. Nicht, dass irgendein anderer Teil von mir etwas dagegen hätte, außer mein Stolz und der letzte Rest gesunder Menschenverstand.

Ach ja, kaum zu glauben, dass ICH mich mal liebend gern an Mr. Badboy's Brust kuscheln würde. Das Leben hatte echt einen urkomischen Humor.

Lächelnd lehnte ich den Kopf nach hinten und genoss den warmen Sonnenschein. Von weiter hinten hörte ich einige jüngere Schüler sich etwas zubrüllen und von einer Mauer links von mir klang das Kichern dreier Mädchen zu mir herüber.

Ich weiß noch, wie Dan und ich früher auch draußen die Pausen verbracht hatten. Damals waren wir erst vor kurzem auf die Schule gekommen und völlig eingeschüchtert von den vielen großen Schülern gewesen, die die Cafeteria besetzt hatten.

Also hatten wir uns immer von zu Hause die verschiedensten Gerichte mitgenommen. Dan hatte einmal sogar Nudelauflauf dabei gehabt und obwohl er kalt gewesen war hatten wir uns darüber hergemacht, als gäbe es nichts Leckereres.

Aber am meisten hatte ich die Miniküchlein seiner Mutter gemocht. Schokolade, Zitrone oder Mamor. Jede Woche hatte Dan einmal eine knallorangne Brotbox dabei gehabt mit den kleinen Kuchen, die damals kaum größer als meine Faust gewesen waren. Er hatte immer mindestens zwei dabei gehabt, die er großzügig mit mir geteilt hatte und manchmal, wenn seine Mutter ihrem kleinen Jungen nicht widerstehen konnte oder Dan es schaffte hinter ihren Rücken noch einen einzupacken, waren es sogar drei. Am liebsten hatte ich die Zitroneküchlein gehabt, während Dans Favorit die Mamorküchlein waren und er für meine Lieblinge nicht viel übrig hatte. Trotzdem hatte er immer versucht Zitroneküchlein zu erwischen, nur um mir eine Freude zu machen. Im Gegenzug teilte ich immer meinen Eistee mit ihm, den ihm seine Eltern nicht kaufen wollten, während er bei uns zu Hause Literweise herumstanden.

Die Pause war immer die schönste Zeit gewesen. Bis wir älter wurden. Bis wir irgendwann in der Cafeteria zum Essen saßen.

Trübselig starrte ich auf meine Hände, die zusammengefaltet in meinem Schoss lagen. Ich hörte zwar, wie es zur nächsten Stunde klingelte, aber wirklich interessieren tat es mich nicht.

Es erschien mir schon so lange her, als Dan und ich noch die besten Freunde waren. Und es war inzwischen auch schon lange her. Wir beide hatten uns stark verändert. Waren in zwei vollkommen unterschiedliche Richtungen gelaufen.

Meine Gedanken sprangen von Dan und mir zu Jenny und Henry. Die beiden waren auch immer so eng wie Geschwister gewesen. Obwohl, bei dem Blick von Jenny heute Morgen, passte Geschwister wohl nicht ganz.

behind the screenWhere stories live. Discover now