Kapitel 12

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Die Hoffnung, dass Dyan mich wirklich nur verarscht hatte, löste sich leider in Luft auf, als die sechs auch nach unserem Gespräch keine Anstalten machten wegzugehen.
Verwundert und auch genervt von den scheiß  Sprüchen, die die Jungs die ganze Zeit rissen, schnappte ich mir meinen Rucksack beim Klingeln und wollte ,ohne mich zu verabschieden, abhauen.
Wenn sie mich beobachten wollten konnten sie es ruhig, aber ich würde sie ignorieren.

Allerdings gestalltete sich das schwiriger als ich gedacht hatte.
Mussten die Idioten nicht auch in den Unterricht?!
Angespannt schaute ich über meine Schulter, doch auch nach dem einemillionenundersten mordenden Blick liefen alle fünf weiter fröhlich plaudernd hinter mir her, als würden sie die brennenden Blicke der anderen, die uns, seitdem sie mir aus der Cafeteria hinterhergelaufen waren, folgten, nicht bemerken.
Meine Haut im Gegensatz juckte von der vielen ungewollten Aufmerksamkeit und ich wäre am liebsten unter meine Bettdecke gekrochen.

Wow, Tessa ist also doch noch ein kleines jammerndes Mädchen.

Scheiße nein! Das ist nur weil...

Weil du nicht damit zurecht kommst wenn etwas nicht so läuft wie du willst. Wie. Ein. Kleines. Mädchen.

Okay stop! Ich lasse mich nicht von meiner inneren Stimme fertig machen!
Wenn ich so jämmerlich wäre, läge ich jetzt unter meiner Decke. Aber ich laufe hier mit erhobenen Kopf, obwohl es wohl mehr als genug Gründe gab, weshalb ich zusammrnbrechen könnte.

Ja, es gibt viel schlimmeres in deinem Leben als deine Schüchternheit. Also fang nicht an wegen sowas zu pienzen.
Mal ganz davon abgesehen. Seit wann bist du bitteschön schüchtern?!

Ähh... oh verdammt! Mir ist es doch scheiß egal ob die mich anstarren.
Ich schnaubte und streckte bei der nächsten Gruppe gaffender Teenager provokant das Kinn in die Luft.
Die Mädels schienen plötzlich um ein paar Zentimeter zusammenzuschrumpfen, während die Jungs mich von oben bis unten abcheckten.
War ja klar. Diese Arschlöcher. Ich blickte sie nacheinander finster an und einige waren so vernünftig und senkten schnell den Blick. Den anderen im Gegensatz fiel es noch nicht mal auf, sondern starrten mir einfach weiter auf den Arsch. Wie hohl kann man eigentlich sein...?

Gerade als ich dachte, dass diese Kerle damit wirklich ganz unten auf der Tessas-dummen-Jungs-Liste standen, stellte sich plötzlich jemand mir in den Weg.
Natürlich lief ich voll in ihn rein, da ich kaum auf meinen Weg geachtet hatte, sondern nur auf das Klassenzimmer, welches in rettender Nähe kam.
Also knallte ich mit vollem Schwung in eine Brust und musste erst einige Schritte zurück stolpern, bevor ich den Vollidioten erkennen konnte.

Straßenköterblonde Haare fielen in ein längliches Gesicht, das zu dem schlaksigen Körper passte. Dazu starrten mich überhebliche braune Augen aus einem schwarzen Brillengestell an.
Super.
Genau der richtige gehirnverbrannte Kerl den ich jetzt nicht brauchte.

"Mhm, bist du jetzt auch zu den Schlampen übergegangen, Tessa?"

Innerlich brodelte ich nur so vor mich hin, doch da ich wusste, dass ihn mein Wutanfall nur noch mehr reizen würde,  hob ich gespielt gelanglweilt eine Augenbraue.

"Was interessiert es dich Cater? Hast du etwa Interesse? Wenn nicht, dann verkrich dich wieder in deine schmutzige kleine Hölle und übe den nächsten oberhammer megageilen scheiß Spruch vor den Spiegel ein.  Du weißt ja, wir warten alle gespannt darauf, dass du uns das nächste mal in den Tod langweilst."

Caters Augen blitzen gefährlich und sein Kiefermuskel zuckte angespannt, trotzdem rang er sich ein sakastisches Lachen ab.

"Ha ha. Naja wenigstens habe ich genug soziale Kontakte, um jemanden zum Anhören meiner oberhammer megageilen Sprüche zu haben. Aber hey! Ich denke wenn du oft genug Dyan und die anderen darum anbettelst,  dass sie mit dir schlafen,  nimmt dich Stefanie bestimmt liebend gern auf."

Wow,  Cater lernte eindeutig zu. Vor einem Monat hatte er es noch nicht hinbekommen solche Teifschläge zu verteilen.  Naja, so fleißig wie er lernte, verbesserte er sich sicher nicht nur in Mathe und Physik.
Wieder beherrschte ich mich, obwohl mich das, was er gesagt hatte, ziemlich getroffen hatte.
Er stellte mich hin als hätte ich es nötig mich zu prostituieren, um Freunde zu haben. Als wäre ich so scheiße, dass man nicht ohne Gegenleistung was mit mir zu tun haben möchte. Doch das Schlimmste an der Sache war,  dass ich mich durch Kathrin und auch meinen Vater oft genau so fühlte.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten, bis sich meine Fingernägel in meinen Handballen bohrenten. Der Schmerz half mir dabei, ruhig zu bleiben.
Allerdings entging mir nicht das Dan, Dyan und Marco ein Stück aufgerückt waren und die fünf inzwischen alles andere als fröhlich plauderten.
Sollte das Ganze nicht eskalieren, musste ich eindeutig Cater los werden und schleunigst von der Rasselbande wegkommen. So wie ich Cole kannte würde er nämlich sicherlich einen Spruch ablassen und nach einem amüsanten Gespräch mit Cater wie diesem, würde ich ihm sicherlich eine reinhauen.
Eiskalt lächelte ich Cater an und starrte unerbitterlich durch seine Brille in seine Augen. Ich wusste, dass ihm klar war, was als nächstes kam.
Schon bei meinem ersten Wort versteifte er sich.

"Ich muss die fünf doch gar nicht anbetteln. Du würdest doch liebend gerne etwas mit mir anfangen. Zumindest vor einem Jahr war das noch so. "

Es war mies von mir,dass ich dieses empfindliche Thema ansprach, aber er war selbst schuld, wenn er so einen scheiß labberte.
Vor ungefähr einem Jahr hatte Cater mir eine Liebeserklärung gemacht. Er war damals noch neu an der Schule und wir wurden in Biologie zusammengesetzt.  Er sagte mir, er wäre beeindruckt davon, wie schlau ich war und das ich mir nicht wie die anderen Mädchen um meine Fingernägel sorgen machte, wenn wir ein Versuch durchführten.
Wahrscheinlich war meine Abfuhr damals ziemlich hart, doch ich kam zu dieser Zeit mit meinem Leben noch nicht klar und war zu allen kalt und hartherzig.
Seitdem hasste Cater mich, auch wenn es nur wegen einer Abfuhr war, wie die Hölle. Dabei hätte es noch viel schlimmer für ihn kommen können, hätte ich wie viele andere Mädchen überall davon erzählt.

Die Schuldgefühle zurückdrängend, dieses Thema angeschnitten zu haben, stellte ich mich auf die Zehenspitzen und gurrte in sein Ohr: "Oder hat das sich etwa geändert?"

Als ich mich wieder zurückbeugte war sein Gesicht knallrot und er schaute mich mit weitaufgerissenen Augen teils hasserfüllt teils verlegen an.
Ich sah meine Chance und stumpte ihn leicht mit der Schulter weg, um zu meinem Klassenraum zu kommen.
Ich hörte wie die fünf Jungs mir nachkamen, aber bevor sie mich einholten verschwand ich in dem Saal und ließ mich auf meinen Platz plumpsen.
Ich rauchte noch immer vor Wut und war gleichzeitig von mir selbst angewidert, jemanden so bloßzustellen.
Das Ciara sich keine zwei Sekunden neben mich setzte, verbesserte meine Laune auch nicht. Es schien so als müsste ich die Geschwister wohl fürs Erste beide ertragen.
Hoffentlich hielten das meine Nerven aus.

Ich bezweifle es...

behind the screenWhere stories live. Discover now