Kapitel 72

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Den restlichen Nachmittag hörte ich  weder von Dan noch von Dyan etwas, was mich natürlich auf heißen Kohlen gehen ließ. Erst als Jenny nach meiner Schicht gehen musste, da sie wieder zur Uni zurück musste und noch kurz bei ihren Eltern vorbei schauen wollte, schaffte ich es an etwas anderes als die beiden Jungs zu denken.

Mit nicht zu wenigen Tränen verabschiedeten wir uns auf dem Parkplatz und ich musste ihr versprechen, dass ich sie bald einmal auf dem Campus besuchen käme, allein schon um ihr die Chance zu geben, mich davon zu überzeugen, nach der Schule ebenfalls dort zu studieren. Lachend hatte ich ihr garantiert, dass sie dafür nicht viel Überzeugungskraft brauchen würde und dann für Henry, Steven und auch Ciara den Platz geräumt, die sich ebenfalls verabschieden wollten. Dabei entging mir nicht, dass Henry und Jenny nicht mehr ganz so innig wirkten, wie noch vor einem halben Jahr. Diese Erkenntnis verpasste mir ein Stich ins Herz, allerdings war das Wohl oder Übel ein Teil des Lebens, den man nur schwer beeinflussen konnte.

Bei Ciara untergehakt winkte ich mit den anderen den fortfahrendem VW hinterher und konnte mal wieder nicht fassen, wie viel Jenny in nur wenigen Stunden in meinem Leben ändern konnte. Durch sie hatte ich vielleicht das erste mal seit Jahren wieder eine Chance auf eine Freundschaft mit Dan. Ich schuldete ihr wirklich eine Menge.

Seufzend drehte ich mich meiner neu gewonnen Freundin zu und umarmte sie einfach mal. Kichernd erwiderte sie die Geste und stichelte: "Na wer wird denn hier sentimental?"

"Ich doch nicht", brummte ich in ihr Haar und erntete dafür ein weiteres Lachen.

Widerwillig löste ich mich nach ein paar Sekunden wieder und richtete mich seufzend auf. "Sorry, aber ich denke ich muss dann auch gehen. Auf mich wartet noch ein zweiseitiger Aufsatz."

Mein Blick glitt zu Steven der grinsend den Kopf schüttelte. "Wenn du willst schütte ich auch gerne nochmal einen Smoothie über deine Tasche."

Blitzschnell stand ich direkt vor ihm, den Finger mahnend vor seiner Nase gehoben. "Wage es ja nicht! Da schreibe ich ja lieber den Aufsatz", der letzte Satz war nicht mehr als ein Grummeln, doch natürlich verstanden die drei ihn und fanden ihn mal wieder urkomisch. Was für Witzbolde.

Augenverdrehend und selbst ein Lächeln verkneifend umarmte ich sie nach einander und lief mit einem "Bis morgen!" zu meinem Wagen.

Meine Lust nach Hause zu fahren befand sich um den Nullpunkt, allerdings blieb mir wohl wirklich nichts anderes übrig als meine Strafarbeit für Mr. Coleman zu schreiben und wer wusste schon, in welcher Gemütslage sich mein Vater befand.

Och, also ich denke ich könnte einen guten Tipp abgeben.

Dich hat aber niemand gefragt.

Durch den Abendverkehr brauchte ich etwas länger für den Weg nach Hause als mittags, was mir unverhofft Zeit verschaffte, über den Tag nachzudenken. Wieso passierte in letzter Zeit nur so viel? Ich spürte jetzt schon, dass ich bald wieder eine Verschnaufpause brauchen würde oder einfach zusammen klappen würde. Nur würde klassische Musik dieses mal vielleicht nicht reichen.

Glücklich, mich gleich auf etwas anderes konzentrieren zu können, parkte ich meinen Brownie in der Garage und lief auf den Eingang zu. Anhand der Autos hatte ich bereits erkannt, dass sowohl meine Stiefmutter, als auch meine Vater bereits zu Hause waren und war froh darüber, die smoothie-durchtränkte Tasche bereits vorhin weggeschmissen zu haben. Sonst hätte Kathrin mir sie wahrscheinlich zur Begrüßung ins Gesicht geworfen.

So konnte ich ohne weitere Hindernisse einfach hoch in mein Zimmer huschen und mich dort total motiviert an den Schreibtisch setzen.

Ich war gerade bei der Hälfte der ersten Seite angekommen, als mir plötzlich siedendheiß einfiel, dass ich vollkommen vergessen hatte Carlos zu fragen, ob ich mit jemanden die Schicht wechseln konnte, um am Freitag  für dieses komische Grillfest frei zu haben.

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