Kapitel 1

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"Tessa!", schrie die Stimme meines Vaters. Erschrocken riss ich meine Augen auf. So früh hatte ich noch nicht mit ihm gerechnet. Schnell setzte ich mich in meinem Bett auf und schaute auf mein Handy. 23:34 Uhr.

Für meinen Vater war das wirklich noch früh. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er betrunken war. Schon allein daran wie er meinen Namen betonte -Tesssssaaaaa- erkannte ich, dass er einige Kurze über seine Grenze hinaus getrunken hatte und das wahrscheinlich auch auf leeren Magen und in kurzer Zeit.

Seufzend stemmte ich mich aus meinem Bett, den verlockenden Ruf meines Kissens ignorierend, und folgte der gröllenden Stimme meines Vaters.

Dieser versuchte gerade die Treppe hochzuwanken, stolperte aber schon bei der ersten Stufe und lies sich schließlich mit einem lauten Plumps auf die Treppe fallen.

Gleichzeitig brüllte er laut herum. Ich wunderte mich wirklich wie Kathrin, meine Stiefmutter, bei dem Lärm den Dad erzeugte weiter schlafen konnte. Vielleicht hat sie sich mit der Zeit einfach dran gewöhnt... oder sie ist so schlau und schläft mit Ohrstöpseln, klärte mich mein innerer Schlaumeier auf. Ich verdrehte die Augen um der Stimme zu verstehen zu geben, die Klappe zu halten. Also logisch betrachten sagst du das zu dir selbst... Klappe!!

Diese Kommentare konnte ich wirklich nicht gebrauchen, vor allem nicht wenn mein Dad sich gleich mitten ins Treppenhaus übergab, wonach es stark aussah.

Angeekelt sah ich zu wie er sich nach vorne beugte und anfing zu würgen.

Ich blieb am Treppenansatz stehen und auch wenn das jetzt bestimmt egoistisch rüber kam, das einzige was ich bei diesem Anblick dachte war: Super und das kann ich nachher wieder weg machen.

Der Gestank nach Erbrochenem wehte zu mir hinüber und auch die Würgegeräusche meines Vaters halfen nicht wirklich dabei meine eigene aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken.

Dabei müsstest du das doch inzwischen doch gewöhnt sein, nörgelte meine innere Stimme mal wieder. Jajaja, in gewisser Weise hatte sie da recht.

Mein Vater trank schon lange. Und schon genauso lange durfte ich ihm hinterher räumen.

Man sollte ja meinen Kathrin würde sich um ihren Ehemann kümmern, ihn in einen Entzug stecken oder so, oder zumindest nicht die ganze Arbeit ihrer 17 jährigen Stieftochter überlassen. Doch Kathrin entsprach wirklich genau dem Klischee einer Stiefmutter. Ganz ehrlich, manchmal bin ich fest davon überzeugt, dass man sie als Vorbild für Schneewittchens Stiefmutter genommen hatte. Der einzige Grund weshalb sie sich für meinen Vater interessiert hatte war sein Geld, von dem er massenhaft hatte. Das war auch der Grund weshalb ich sie insgeheim immer nur die böse Königin nannte.

Gegenüber anderen ist sie immer die perfekte Königin, fürsorglich und zuvorkommend, aber in Wahrheit interessiert sie sich nur für ihr Aussehen und den nächsten teuren Mist für den sie Geld aus dem Fenster schmeißen konnte.

Und du bist auch noch drauf reingefallen, rieb mir die Besserwisserin sofort wieder unter die Nase.

Oh ja und wie ich das war.

Mein Vater leitete eine weltweite Firma, die zuvor schon sein Vater und davor dessen Vater und so weiter geführt hatte. Daher kamen auch die vielen Nullen hinter der 1 auf unserm Konto. Meine Eltern waren sozusagen das perfektes Paar. Jeden Tag konnte man sehen wie sehr sie sich liebten, um so schlimmer war es dann als meine Mutter vor vier Jahren starb. Mein Vater zog sich vollkommen zurück,war sogut wie nur noch auf Reisen. Ich glaube er wollte all den Erinnerungen entkommen, die in diesem Haus lauerten. Daher war er einfach nie hier und ich immer allein mit dem Verlust und dem Kummer...

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