Kapitel 50 ★☆

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Dyan's Sicht

Ich beobachtete sie während der ganzen Fahrt. Jede einzelne ihrer Bewegungen, selbst wenn sie sich nur die Haare hinter die Ohren strich. Und das Erschreckende daran war, dass ich sie nicht aus Sorge um mein Auto beobachtete. Nein ich vertraute ihr vollkommen. Sondern weil es mir gefiel sie zu betrachteten.

Bisher war mir nie aufgefallen wie fein ihre Gesichtszüge waren oder wie ihre Augen im Licht der entgegenkommenden Autos grün blitzten. Mir war nie die kleine Falte zwischen ihren Augenbrauen aufgefallen, wenn sie grübelte oder sich Sorgen machte, genauso wenig, dass ihr Mund so weich wirklte, wenn sie ihn nicht gerade zornig zusammenkniff.

Generell, mir war Tessa nie als ganze Person aufgefallen. Für mich war sie nur eine kleine Nervensäge gewesen, die sich einen Spaß daraus machte mich und meine Kumpel bei unseren Angelegenheiten zu stören. Dabei hatte ich nicht gesehen, wie oft sie uns den Arsch gerettet hat, indem sie uns aufgehalten hatte.

Zum Beispiel konnte ich mich noch gut daran erinnern, wie wir einen unserer Mitschüler mal eine Lektion verpassen wollten, nachdem er gemeint hatte, man könne falsche Gerüchte über uns verbreiten. Wir wollten ihm nach dem Sportunterricht in der Jungskabine auflauern, aber Tessa hatte irgendwie davon gehört und es geschafft den Jungen aus der Kabine zu zerren und dann uns darin einzusperren. Wir saßen ganze drei Stunden darin fest, bis der Hausmeister bei seinem Rundgang unser Gefluche gehört und uns befreit hatte. Das war einer der ersten Momente, in denen ich einen derarten Zorn auf Tessa verspürt hatte, dass ich sie vor den anderen zusammengestaubt hatte. Sie jedoch hatte meine Ansprache nur mit hochgezogener Augenbraue gelauscht und war dann vollkommen unberührt abgehauen.

Zwei Tage später habe ich durch Zufall mitbekommen, dass der Junge den wir verprügeln wollten, Sohn eines Polizisten war.

Gott ich will mir gar nicht ausmalen,  wie das ausgegangen wäre, hätte Tessa uns nicht aufgehalten.

Aber wie sagt man so schön: im Nachhinein sieht man alles viel klarer. Wenn ich daran dachte wie oft ich Tessa beleidigt hatte, spürte ich einen solchen Selbstekel, das ich am liebsten kotzen würde. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, sie mit Worten oder Taten nochmal zu verletzen. Nicht nachdem es sich so richtig angefühlt hatte, sie in den Arm zu nehmen oder mich in ihrem Duft zu vergraben, wie vor der Toilettentür.

Ein kleiner Teil von mir wollte zwar immernoch meine unüberlegten Handlungen auf den Alkohol zu schieben, aber dafür war ich wirklich nicht betrunken genug. Um genau zu sein war ich sogar noch ziemlich klar im Kopf. Dieses ganze ich-kann-keinen-Fuß-mehr-vor-den-anderen-setzten war nichts weiter als eine Show.  Keine Ahnung weshalb ich mich verstellte, aber mich hatte es einfach interessiert, wie Tessa reagieren würde, wenn sie für Ciara und mich Verantwortung zu tragen hatte. Bisher war ich mehr als nur angenehm überrascht. Mal davon abgesehen, dass Seth ihr meinen Autoschlüssel gegeben hatte, obwohl er mich gut genug kannte, um zu wissen, dass ich nicht annähernd genug getrunken hatte, um wirklich besoffen zu sein. Das hatte mir einfach nur einen heiden Schock eingejagt. Deswegen hatte ich mich auch einfach auf den Fahrersitz gesetzt. Niemand, NIEMAND, außer mir fährt mit dem R8.

Doch als Tessa so vor mir gekniet hatte... sie sah so verzweifelt aus, so hilflos, als wüsste sie nicht, wie sie weiter machen sollte. Da konnte ich nicht anders. Ich schätze zum einen hatte mich der Schock, Tessa am Boden zu sehen, dazu bewegt, mich neben sie zu knien und in die Atme zu schließen.  Aber da war auch dieser Teil in mir, dem das alles gefallen hatte.

Noch nie hatte ich zuvor jemand anderen in den Arm genommen , um ihn zu trösten, als Ciara. Ich glaube, mit dieser einen Geste hatte ich Tessas und meine Beziehung einen Schritt weiter gebracht... ich eine Richtung, die wohl niemand von uns beiden erwartet hätte.

behind the screenWhere stories live. Discover now