Pläne

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„Ha, ich weiß, was du damit sagen willst", rief Roluf aus. „Woanders ... du meinst die Kolonien auf den Westindischen Inseln! Dort gibt es reiche Siedler, sie besitzen Plantagen und Sklaven, aber sie sind trotzdem einsam und suchen anständige, solide Frauen zum Heiraten, nicht solche, die aus Irland, England oder sonst wo deportiert worden sind, also Huren, Bettlerinnen oder dergleichen. Sie warten auf jemanden wie dich. Du kannst dir einen Mann auswählen, der dir gefällt, dafür wirst du von ihm auf Händen getragen und brauchst nie mehr zu arbeiten. Du trägst die schönsten Kleider, bestickt mit Perlen wie eine Königin -"

Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Erzähl' mir keine Märchen!"

„Doch, doch! Wir haben es gesehen", versicherten Roluf und Sjard wie aus einem Mund und blickten sie so bewundernd an, als wäre sie jetzt schon perlengeschmückt und angetan mit Taft und Seide.

Dies gab ihr zu denken. Friesen neigten eher nicht zur Schwärmerei. „Mir einen reichen Pflanzer suchen ... nein, dafür gehe ich nicht fort. Es muss noch etwas anderes geben."

„Dieses ‚andere' kannst du ja gern ausprobieren ... aber selbst du hast nicht ewig Zeit. Nutze sie ... schaffe dir ein sicheres Leben in den Kolonien, leicht und frei ... oder du bleibst in den Uthlanden, überlege es dir", entgegnete Janko. „Aber vielleicht solltest du dich uns besser anschließen, als dich alleine durchzuschlagen. Du hast ja noch den ganzen Herbst und Winter Zeit, es dir zu überlegen."

„Wie soll das überhaupt gehen? Wie komme ich auf das Schiff??"

„Einzelheiten besprechen wir später. Aber wie du dich auch entscheidest: wir halten zu dir, denke immer daran!" Er hob die Stimme. „Eala Frya Fresena!"

„Lewer duad üs Slaav!", donnerten die anderen zurück.

Das war der echte friesische Gruß. Eala Frya Fresena bedeutete soviel wie „Heil, freie Friesen!" Üblicherweise wurde darauf mit Lewer duad üs slav'Lieber tot als Sklave!", geantwortet.

„Eala Frya Fresena!", wiederholte Lorena leise. Aber in ihren Gedanken klang es wie ein mächtiger Weckruf. Freiheit! Aufbruch!

Sie konnte nicht anders, ihr schossen die Tränen aus den Augen. Welche Wahl blieb ihr? Ohne ihre Freunde würde sie wieder einsam sein, niemanden außer Eilien haben, mit dem sie reden konnte. Nur die Gegenwart eines verbitterten Mannes. Ihre Schluchzer hallten über den Strand.

Betroffen sahen sich die Freunde an. „Du brauchst nicht traurig zu sein, das ist kein Grund ..."

Sie schniefte in ihren Ärmel und nickte energisch. „Ich werde über alles nachdenken. Und jetzt muss ich zurück. Habe so ein komisches Gefühl. Vielleicht ist Hauke wieder da."

Janko erhob sich und klopfte den Sand aus den Kleidern. „Na, dann komm. Sonst sitzen wir gleich auf dem Trockenen."

Sie verabschiedeten sich wie üblich mit einem gegenseitigen Schulterklopfen.

„Nimm's uns nicht übel, ja?", fragte Roluf mit einem treuherzigen Zwinkern.

Als Antwort knuffte ihm Lorena in die Seite. Doch sie grinste ihn an, er grinste zurück. Beide wussten genau, was gemeint war.

Wir sind Strandjer.

Wir sind Strandjer

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🌊Der Stern des Meeres🌊*WattyWinner 2019*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt