Von Kanonen und Schwarzpulver II

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So warteten sie gespannt, die Augen auf Gerrit gerichtet, während die einen Backschaften noch mit dem Klarmachen der Geschütze beschäftigt, die anderen schon startbereit waren. Nach und nach kehrte Ruhe ein ...

Endlich gellte Thorssons Stimme: „FEUER!"

Rasch ergriff Gerrit den Luntenstock, zündete ihn an und hielt ihn mit dem einen brennenden Ende an das Pulverhäufchen hinter dem Zündloch.

Das Zündkraut glühte auf.

RRRUMMS!

Pfeifend verließ die Kugel den Lauf und platschte weit entfernt ins Wasser. Die Kanone schnellte nach hinten, wurde aber durch das Sicherungsseil abgebremst.

Auch die übrigen Geschütze donnerten los, jedes nacheinander, der Plankenboden erzitterte ...

... das ohrenbetäubende Dröhnen, Knallen und Pfeifen fuhr Lorena direkt in den Leib und erschütterte dermaßen die Eingeweide, dass sie beinahe das Wasser hätte laufen lassen. Sie schwankte und hielt sich an Ove fest, der unverrückbar stand wie ein Fels in der Brandung.

Beißender Qualm und Staub hüllte das gesamte Batteriedeck ein, die Männer husteten und krächzten erbärmlich. Der intensive Schwefelgestank ließ sie würgen. Beim nächsten Mal ziehe ich mir ein Halstuch über die Nase, nahm sie sich vor. Wenigstens hatte sie sich rechtzeitig die Ohren zugehalten.

Gerrit lachte voller Stolz. „Das war aber ein ordentliches Donnerwetter, was? Nur schon mal zum Eingewöhnen."

Janko machte ein unmutiges Gesicht, steckte sich die Finger in die Ohren, bewegte ihn hin und her: „Was hast du gesagt?!", fragte er. „Schiet, alles dumpf ..."

„Stopft euch vorher Werg in die Löffel!", brüllte Gerrit. „Taube Nüsse können wir an Bord nicht gebrauchen." Aber auch er schien seine Probleme zu haben und schluckte und kaute ein paarmal, dass seine Kiefer knackten.

Janko durchbohrte ihn mit einem wütenden Blick.

Gerrit zuckte die Schultern „Werd' nicht fuchsig! Das geht vorbei. Warten wir halt eine Weile ..." Nach einer Schweigepause fuhr er fort: „Mit dem Abschuss allein ist es noch nicht getan. Danach muss das Zündloch sofort abgedeckt werden, sonst kommt Luft hinein und die Kanone entzündet sich erneut. Anschließend den Lauf wieder sauber machen ..." Er machte sich ans Werk, und nachdem er das erledigt hatte, trat er zur Seite. „Jetzt die ganze Prozedur von vorne, bedient nun selbst die Kanone, putzen, laden, die Kartusche einstechen und so weiter", bestimmte er. „Ich guck' nur zu. Also los."

Nach kurzem Besinnen versuchten seine Schüler, das soeben Gelernte möglichst gewissenhaft auszuführen.

„Ihr stellt euch gar nicht so übel an", meinte Gerrit, als sie die Aufgabe beendet hatten. „Saubere Arbeit. Vor dem Schwarzpulver habt ihr wohl keine Scheu, was?"

Janko, Sjard und Roluf warfen sich vielsagende Blicke zu, Gerrit merkte es nicht, er hatte sich halb abgewandt und war mit dem Ausrichten der Kanone beschäftigt.

„Und jetzt üben wir das Zielen und Treffen!", rief er.

Als Ziel diente ein leeres Fass, sie warteten, bis es die Wellen forttrugen. Es tanzte auf und nieder, manchmal verschwand es ganz hinter einer Woge.

Gerrit richtete den Lauf aus, kniff die Augen zusammen, peilte ... und feuerte.

Der Bottich platzte in einem Splitterregen auseinander.

„Oha!", rief Sjard bewundernd. „Ein solches Ziel zu erwischen, ist natürlich viel kniffliger als eine Galeone."

Gerrit lachte zufrieden. „Das stimmt. Es braucht Übung, ein gutes Auge und Geduld. Habt ihr auch bemerkt, wann ich gefeuert habe?"

🌊Der Stern des Meeres🌊*WattyWinner 2019*Where stories live. Discover now