Kapitel 75

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Belle

Vielleicht hatte ich einen Fehler begangen... Vielleicht hätte ich das alles nicht sagen sollen. Wieso sah er so verletzt aus? Ist ja nicht so als würden ihm meine Worte was bedeuten? Als würde ich ihm etwas bedeuten? Er hatte mich nur ausgenutzt. Das Verhältnis, das wir in den letzten Wochen zueinander aufgebaut hatten war nur seine Mission gewesen. Nicht mehr, nicht weniger. War er vielleicht sauer, weil ich ihn durchschaut hatte? Und wenn schon. Er würde sowieso bekommen was er wollte: Hilfe für sein Volk.

»Wirst du jetzt Königin?«, langte Emily nach meiner Hand und schaukelte sie vor und zurück.

Für sie zauberte ich mir ein Lächeln ins Gesicht und zog sie auf meinen Schoß. »Ich würde mich nicht unbedingt als Königin bezeichnen, aber ja, sowas in der Art.«, kniff ich ihr in die mollige Wange. »Und du wärst Prinzessin.«

»Das bin ich doch schon!«

Ich lachte und gab ihr einen Kuss. »Tut mir leid. Du hast natürlich recht.«

»Hast du mit deinem Vater gesprochen?«, räusperte sich Sierra, die sich bis jetzt mit anderem beschäftigt hatte.

»Ja, das habe ich.« Nebenbei kämmte ich Emilys Haare. »Wir haben lange über alles gesprochen und sind uns seit langem wieder einig.«

»Dann hast du ihn zu einer Therapie überreden können?«

Meine Finger verharrten an Ort und Stelle. »Therapie?«

»Seine Chemotherapie. Er wollte nicht auf mich hören. Ich dachte vielleicht hast du es geschafft ihn dazu zu bewegen. Er kann wirklich stur sein.«

Ich ließ endgültig von Emilys Strähnen ab und schenkte Sierra meine ganze Aufmerksamkeit. Sie durchsuchte noch ihre Taschen nach etwas, aber stoppte als sie bemerkte, was sie da gerade verraten hatte.

»Du- Du wusstest nichts davon.«, stellte sie erstaunt fest.

»Was hat mein Vater, Sierra?« Was hatte mein Vater mir wieder einmal verschwiegen? Meine Hände zitterten. »Ist er krank?« Bitte nicht.

Sierra verzog die Lippen zu einem schmalen Strich. »Das- Du solltest mit deinem Vater sprechen. Eigentlich hatte er heute Morgen vor es dir zu erzählen. Ich wusste nicht, dass er es noch nicht getan hat.«

»Was erzählen?!« Ich wurde ungewollt lauter und schob Emily, die sich erschrocken hatte vorsichtig von mir.

Sierra nickte kurz, nahm Emily bei der Hand. »Geh zu deinem Vater und sag ihm, dass wir gleich nachkommen, ja?«

Erst als meine Schwester draußen war fuhr sie fort: »Er hat Krebs.«

Ich stieß die angestaute Luft raus. »Wie lange schon?«

»Ein Jahr...«

»Einem Jahr?!«, rief ich entrüstet. »Er weiß ein Jahr schon von seiner Krankheit und sagt es mir nicht?! Wieso?!«

»Er wollte nicht, dass du dir Sorgen um ihn machst...« Sie setzte sich zu mir auf das Bett und legte ihre Hand tröstend auf meinen Rücken. »Sei ihm nicht sauer deswegen. Er- Er gibt wirklich sein Bestes dich und Emily glücklich zu machen. Er hat seither versucht dich aufzubauen, dir den rechten Weg zu zeigen damit du auf eigenen Beinen stehen kannst, wenn- wenn er-« Wenn er stirbt.

Langsam dämmerte es bei mir. Ich verstand warum er sich kurz vor meinem Verschwinden im Palast so aufdringlich verhielt. Warum er so plötzlich darauf vernarrt war mich auf mein Training zu drängen obwohl ich noch Zeit hatte... Er wusste, dass er nicht mehr lange hat. Er wusste, dass ich meinem Amt vielleicht schon eher antreten musste. Und ich hatte mich so unmöglich ihm gegenüber benommen. Ich fühlte mich wie vor den Kopf geschlagen. Ich hatte mich wie eine verwöhnte Tochter verhalten, der man nichts recht machen konnte. Dabei hatte er nur versucht mich vorzubereiten damit ich mich nicht wie ins kalte Wasser geworfen fühlte.

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWhere stories live. Discover now