Kapitel 16

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Jack

»Mit der Zeit werden sie sich uns öffnen müssen. Sie haben keine andere Wahl, denn vorher gehen sie nicht nachhause.«

Bill lachte argwöhnisch. »Sie dürfen nie wieder nachhause! Bizarr von dir anzunehmen, dass ich sie nach allem was sie gesehen und gehört haben zurück zu den Roten schicken würde! Das Ende ist so oder so der Tod!« Selbst die Anderen im Raum schnappten teilweise nach Luft. Auch sie hatten wohl nicht damit gerechnet.

Zornig biss ich mir auf die Unterlippe. »Und das verrätst du uns erst nachdem wir sie den weiten Weg hier her verschleppt haben?!«, stand ich aufgebracht auf. Der Stuhl knallte hinter mir auf den Boden. »Lass deinen Hass an der roten Regierung nicht an zwei Unschuldigen raus. Wenn wir die Rote Prinzession erst einmal gefunden haben, verspreche ich dir, kannst du nach eigenen Belieben handeln. Und die Violetten wissen mehr als sie zugeben wollen, ich werde das schon aus ihnen herausbekommen, aber wenn du sie umbringst war alles umsonst. Ohne ihre Hilfe kommen wir nie an die Rote Prinzessin ran!«

Bill funkelte mich heimtückisch an. »Okay« Auch er stand auf. Genau als ich erleichtert aufatmen wollte, setzte er fort: »Aber wenn du nicht innerhalb der nächsten Tage etwas Relevantes herausfindest, wirst du die Drecksarbeit erledigen.« Bei dem Wort Drecksarbeit war mir sofort klar was er meinte und ein Schauer lief mir den Rücken entlang. Doch ich war selbstbewusst und war mir zu hundert Prozent sicher, dass die Violette mit den grünen Augen mehr wusste. Und diesem sicheren Gefühl in meinem Bauch vertrauend, antwortete ich ihm: »Wenn ich es nicht schaffe, lege ich beide höchstpersönlich um. Das schwöre ich.«

Sichtlich zufrieden mit seinem Ergebnis, setzte Bill sich auf seinen Stuhl und nickte.

Nach der Auseinandersetzung trat ich unter den freien Abendhimmel. Drake folgte mir. »Hast du sie noch alle?!«, zischte er leise und zog mich am Arm weiter weg von den Anderen. »Du hast es vorhin doch selbst gesagt. Das Mädchen ist anders. Sie wird dir niemals mehr als Lügen auftischen!«

Ich seufzte schwer. »Ich weiß« Prüfend blickte ich in alle Richtungen. »Aber ich wollte nicht, dass Bill ihnen etwas antut nur weil sie Violette sind. Wie auch immer ich das tue, ich werde Informationen aus ihnen rauskriegen. Egal wie. Jedes Mittel ist mir recht.«

Auch Drake fuhr sich gestresst durch die Haare und dann über das Gesicht. »Wenn du willst kümmere ich mich um diese Mia und du kannst dich voll und ganz auf die Andere konzentrieren, was sagst du dazu?«

»Das Angebot werde ich nicht abschlagen«, schlug ich ihm brüderlich auf die Schulter. Ich war froh, dass ich ihn hatte. Er war mein Bruder, auch wenn wir nicht Blutsverwandte waren. »Jetzt bleibt nur noch die Frage, wie ich sie zum Reden bringe.«

»Ist doch nicht so schwer«, grinste Drake, weil er bereits einen Plan hatte. »Mit Gewalt wird es bei deiner nicht funktionieren und durch Drohungen auch nicht. Und naja...«

»Komm zum Punkt.«

»Wie wäre es, wenn du es bei der mal ruhiger versuchst? So einen auf Freunde machen und ihr Vertrauen gewinnen?«

Nachdenklich legte ich den Kopf in den Nacken. Die Idee klang gar nicht mal so schlecht, auch wenn der Gedanke mich an diese arrogante Bedienstete anzunähern abschreckte... Ich bedankte mich für seinen Rat und überdachte seine Worte auf dem Weg zu Bella. Trotz ihrer Tage im Kerker hatte sie uns über ihre Vergangenheit angelogen. Vielleicht würde sie das niemals zugeben, aber mein Gefühl verriet es mir. Meine Drohungen ließen sie in gewisser Sicht auch kalt. Sie hatte Angst, ja, aber diese Angst ließ sie nicht genug an sich ran, dass ich es ausnutzen könnte. Mir blieb also keine andere Wahl als Drakes Weg einzuschlagen.

Die Arbeiter lösten sich langsam auf und ganz hinten entdeckte ich schließlich Layla und Bella, aber irgendwas stimmte nicht. So ganz und gar nicht. Bella war von oben bis unten klitschnass und Laylas Gesichtsfarbe hatte die gleiche wir ihre Haare angenommen. Bevor ich ihnen noch näher kam hielt ich jemanden auf, der aus ihrer Richtung kam.

»Was ist hier passiert?« Mein Ton verriet meinen aufsteigenden Zorn.

Sie schürzte die Lippen und warf den beiden einen verstohlenen Blick zu. »Also wenn du mich fragst, hatte Layla einfach keinen guten Tag gehabt und das hat sie an der Neuen ausgelassen, die übrigens zu nichts zu gebrauchen war.«

Verwundert legte ich die Stirn in Falten. »Was meinst du damit?« Bella musste doch eine 1A Haushaltshilfe sein.

Carilyn seufzte. »Ich sage es mal so: Mia und Bella könnten nicht unterschiedlicher sein. Bella ist nicht mal ansatzweise so begabt in dem Zeug wie Mia. Außerdem hat sie die ganzen Waschmittel angeschaut als sähe sie diese zum aller ersten Mal.«, warf sie einen weiteren Blick auf die Violette. »Wie konnten sie zulassen, dass sie im Palast arbeitet?«

Vielleicht weil sie nicht für den Haushalt zuständig ist... »Und wieso ist sie nass?«

Unschuldig zuckte sie die Schultern, doch das kaufte ich ihr nicht ab. Sie kannte den Grund für die Stimmung der beiden, aber wollte es mir nicht verraten. Da ich aber keine Zeit und - noch viel wichtiger - keine Lust hatte, hinterfragte ich nichts weiter und ging deswegen weiter. Als ich bei Layla und Bella ankam, hatte Bella den Blick stur auf den Boden gerichtet und schien in ihren eigenen Gedanken vertieft zu sein. Layla hingegen setzte ein kleines Lächeln auf als ich vor ihnen zum Stehen kam.

»Was ist hier passiert?«, fragte ich mit dem Blick auf Bella gerichtet, da ich stark davon ausging, dass sie sich wieder einmal nicht an die Regeln gehalten hatte. Doch meine Wut verflog komischerweise als ich bemerkte wie sie aufgrund der Kälte, die uns mit dem Sonnenuntergang umhüllte, zitterte. Ich unterdrückte mir ein erschöpftes Seufzen.

»Nur ein kleines Missgeschick.«, lächelte mich Layla übertrieben an, was mir zu verstehen gab, dass es natürlich nicht nur ein Missgeschick war. Doch wollte ich es wirklich wissen?

Mein erster Instinkt war es Bella zur Rechenschaft zu ziehen und auch auf irgendeine Art zu bestrafen, aber da ich nun durch Freundlichkeit an das kommen wollte, was ich brauchte, hielt ich die Klappe und nickte. »Das war's für heute. Ich nehme sie wieder mit.«

Verwirrt zog Layla die Stirn kraus. »Ich dachte ich soll sie bis zu ihrer Hütte begleiten, weil sie dort bleibt...?«

Jetzt war ich derjenige, der ein falsches Lächeln aufsetzte. »Planänderung. Sie übernachtet bei mir.«

Wie vom Blitz getroffen schnellte Bellas Kopf in die Höhe. »Wie bitte?!«

Ich verzog keine Miene. »Du hast mich schon verstanden. Du kommst heute bei mir unter.« Auch wenn ich mich bemühte neutral zu klingen konnte ich nicht vermeiden, dass meine Stimme ein wenig genervt klang. 

Dabei sah ich in ihre Augen und erneut fiel mir diese Vertrautheit auf. Dieses intensive Grün hatte eine andere Wirkung auf mich, es zog mich in einen Bann und ließ mich nicht los. Es kostete mich Mühe, aber ich erlaubte es mir nicht mich davon ablenken zu lassen. Stattdessen sollte ich mich wirklich konzentrieren, ihr Vertrauen zu gewinnen. Für Bill.

Schnell räusperte ich mich. »Danke Layla« Ein Nicken ihrerseits. Ich mach Kehrt, ging voraus ohne die Violette weiter zu beachten. Inmitten meiner Bewegung befiehl ich: »Folg mir«

Mit Bella dicht auf den Fersen machten wir uns auf den Weg zu mir nachhause. Ich war einer der wenigen, die alleine lebten, aber man konnte es auch nicht wirklich als ein Zuhause bezeichnen. Es war viel mehr eine winzige Hütte etwas abseits am Waldrand. Ich hatte diese Hütte mit eigenen Händen gebaut. Es bestand hauptsächlich aus zwei Räumen mit einem kleinen Bett, einer winzigen Couch mit Tisch und einem Schrank mit den paar Klamotten die ich besaß. Dann eben noch ein kleines Badezimmer, ausgestattet mit dem Nötigsten. 

Außer mir war da nur Drake ein paar Mal drinnen gewesen, weil ich es nicht mochte Leute in mein Zuhause zu lassen. Nur ab und zu, erlaubte ich mich dort mit meinen Freunden zum Essen niederzulassen, wenn wir keine Lust auf die Halle und die Menschen hatten. Ich liebte mein Volk, aber wenigstens beim Essen wollte ich mir nicht ständig irgendwelche Probleme anhören müssen. Auch ich brauchte mal eine Pause. Und mein Zuhause war wie ein Fluchtort für mich. Bella da reinzulassen missfiel mir mehr als alles andere auf dieser Welt. Doch ich musste ihr Vertrauen gewinnen, um an Informationen zu kommen. Und sie in meiner Nähe behalten, war der erste Schritt dahin.

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt