Kapitel 83

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Belle

Meine Beine konnten mich noch nicht so schnell tragen, aber dennoch entfernte ich mich in ein paar Minuten weit genug, um die Taschenlampe einzusetzen und mir den Weg halbwegs zu erleuchten. Früher hätte ich mich nie im Leben alleine um die späte Uhrzeit in den Wald getraut, aber hier war ich nun. Viele Erfahrungen später stand ich nun hier und las von einer Karte den richtigen Weg ab. Es war eine Landkarte aus Jacks Hütte. Daher konnte ich sicher davon ausgehen, dass sie mich in einigen Tagen – im schlimmsten Fall zwei bis drei Wochen – ins rote Viertel brachte.

Doch es vergingen nicht einmal drei Stunden, da hörte ich Geräusche aus einiger Entfernung. Automatisch verlangsamte ich meine Schritte und horchte auf. In der schnellen Zeit hatte ich ein Taschenmesser gezückt und hielt sie der Dunkelheit entgegen. Das Licht hatte ich sofort ausgemacht und weggepackt. Nun lauschte ich dem leisen Wind und den raschelnden Blättern der Bäume. Aber kein Zeichen einer anderen Person. Hatte ich mich vielleicht verhört?

»Schwache Haltung.« Mit diesen Worten flog mir das Messer aus der Hand und mein Rücken machte Bekanntschaft mit dem nächsten Baum in meiner Nähe.

Ein Finger legte sich auf meine Lippen und brachte mich zum schweigen bevor mir ein Laut entweichen konnte. Dann starrte ich in beinahe schwarze Augen. Langsam ließ mein Gegenüber die Hand wieder sinken, aber kam mir diesmal mit dem Gesicht näher und flüsterte mir zu: »Ich wurde verfolgt.«

Ich hatte die Luft angehalten und atmete erst dann wieder aus als er sich von mir entfernte. Dann kamen meine Sinne endlich wieder zu mir und ich bückte mich wütend nach meinem Messer, das Jack mir unnötigerweise aus der Hand geschlagen hatte. Ich würde jetzt etwas dazu sagen, aber ich durfte keinen Mucks von mir geben, da Jack einen unerwünschten Gast erwartete.

Das Messer nahm ich wieder zur rechten Hand und gesellte mich zu Jack, der in Kampfposition übergegangen war. »Es ist ein Blauer.«, flüsterte er mir zu und drehte sich in die Richtung aus der er gekommen war.

Doch mich interessierte das nur wenig. Es gab da eine Sache, die wichtiger war. »Hast du das Armband?«

Jack hielt in seiner Bewegung inne. »Du weißt-?«

»Ja« Kurz und angebunden. »Ich weiß alles.«

Es herrschte plötzlich eiserne Stille zwischen uns. Etwas hatte sich verändert, aber ich konnte nicht genau deuten was es war. Tief in mir drin war ich verletzt, dass er nicht an meiner Seite geblieben war als es für mich schwierig wurde. Aber ich hatte nicht das Recht dazu, also schwieg ich lieber. Er hatte das Nötige getan – wie immer. Er war seinen Verpflichtungen nachgegangen, da die Situation sonst in einer Katastrophe geendet hätte. Man konnte sich eben immer auf ihn verlassen...

»Bleib dicht hinter mir.«, wies er, ohne mich eines Blickes zu würdigen, an. Die Waffe hielt er zum Schießen bereit nach vorne gerichtet.

Ich gehorchte, aber konnte nicht anders als mich selbst umzusehen. Es war wirklich verdächtig still geworden. Nicht einmal der Laub unter unseren Füßen knirschte. »Wie konntest du es zulassen, dass dir jemand den langen Weg folgt?«, fragte ich leise.

»Was willst du damit andeuten?« Jack blieb weiterhin aufmerksam, aber warf mir einen kurzen Schulterblick zu, der seine Verwirrung zeigte.

»Ich will nichts damit sagen. Ich finde nur, dass du früher achtsamer umgegangen bist.«

Jack stieß gestresst Luft aus. »Ich gebe zu ich war etwas abgelenkt die letzten Tage.«

Mein Herz machte einen kurzen Hüpfer. »Was war der Grund?«

Wieder blickte er kurz zu mir. »Du«, schluckte er schwer. »Du warst immer der Grund.«

Seine Worte lösten ein kleines Kribbeln in meiner Bauchregion aus und ließen mein Herz schneller schlagen. »Warum bist du dann gegangen?«

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt