Kapitel 5

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Belle

Menschen, die vor Kurzem noch mit Gemüse verhandelten, schmissen sich schreiend zu Boden und versuchten vergeblich ihre Kinder ins Sichere zu ziehen, sich hinter Theken zu verstecken und zu fliehen. Auch ich erschrak von dem plötzlichen Knall. Es war eine Pistole, das war sicher, aber wer hatte sie abgefeuert? Sofort wurde ich von Shane zu Boden gerungen und hinter eine Theke gezerrt. Seine Waffe war längst gezückt. Und als er gezielt auf etwas schoss dämmerte es langsam bei mir. Wir waren mitten in einem Überfall der Farblosen! Oh Gott! Mein Herz rutschte mir in die Hose. Da vor hatte Dad mich jedes Mal gewarnt! Und es geschah. Alles was ich bis jetzt nur aus den Nachrichtensendern kannte, spielte sich vor meinem Auge ab.

Ängstlich sah ich kurz auf und entdeckte maskierte Typen, die Stände umwarfen und Leute mit ihren Waffen bedrohten. Und plötzlich wurde alles ganz still. Ich hörte rechts von mir ein Schluchzen, Mia saß in Tränen auf dem Boden. Vor ihr... vor ihr lag Michael. Aus ihm tropfte - nein! - floss Blut. Eine Lache hatte sich bereits unter ihm gebildet. Entsetzt keuchte ich auf. Michael! Meine Augen füllten sich automatisch mit Tränen als ich meinen Bodyguard da leblos auf dem Boden liegen sah. Mein Magen verkrampfte sich. Schwermütig wand ich mich von dem Anblick ab und klammerte mich zitternd an Shane, der mich mit festem Griff um meine Taille hinter sich behielt. Seine Pistole war gesenkt. Ich wusste nicht auf was er wartete. Die Angreifer kamen uns näher und suchten die Menge ab. Sie schienen nach jemandem zu suchen, aber ich wusste nicht nach was oder nach wem. Da kam mir ein irrsinniger Gedanke in den Sinn und mir wurde schlecht. Suchten sie nach mir?

»Ich muss dich hier rauskriegen.«, flüsterte Shane leise zu mir. »Sofort.«

Augenblicklich schüttelte ich den Kopf und sah zu Mia. Eine gute Anführerin kümmerte sich um ihre Bürger. Hinter Mia hatten sich auch die anderen vier Arbeiter meines Zuhauses versteckt. Ich konnte sie nicht hier zurücklassen. Sie waren immer an meiner Seite. Sie waren die Einzigen, die wirklich wussten wer ich war.

»Um die wird sich gekümmert.«, beharrte Shane. »Wir müssen weg bevor sie bei uns sind, los!«, zischte er und drängte mich rückwärts zu kriechen.

Noch blieben wir dank dem umgekippten Tisch hinter uns unentdeckt. Ich blieb stehen und weigerte mich weiterzugehen. »Mia!«, versuchte ich sie leise auf mich aufmerksam zu machen. Sie weinte, sie hörte mich nicht. Aber Jade hinter ihr entdeckte mich. Ihre roten Augen glänzten auffällig. Ich gab ihr ein Zeichen uns zu folgen. Sie alle. Sie sollten mitkommen!

Aber ihre Reaktion überraschte mich. Mit verzogenem Mund schüttelte sie den Kopf. Ich blinzelte die Tränen weg. Meinte sie das ernst? Nochmal zischte ich nach einer anderen Bediensteten. Aber mir gefror das Blut in den Venen als sie mich aus ihren hellen Augen missachtend anblickte. Als wäre sie die nächste, die ihr Leben verlieren müsste. Als gäbe sie mir die Schuld für das Ganze hier. Irgendwas Anderes ging hier vor sich. Dann schüttelte ich den Kopf. Was sollte hier schon vorgehen außer dass wir mitten in einem brutalen Angriff steckten?

»Belle«, knurrte Shane aufdringlich. Er war der Einzige, dem ich erlaubte mich bei meinem Vornamen anzusprechen. Immerhin verbrachte ich meine meiste Zeit mit ihm.

Auch als er mich kräftig vorwärts drückte, traute ich mich aufzustehen und zu Mia zu laufen. Ich packte sie am Arm und zog sie mit mir zu Shane, der gerade hinter uns schoss. Ich zuckte zusammen und sah nach hinten zu einem maskierten Mann, der sich an den blutenden Arm hielt. Schnell fasste er sich wieder und griff nach seiner Waffe, die zu Boden gefallen war. Aber Shane war schneller und zog uns bereits durch die Menge Richtung Ausgang. Immer wieder musste er schießen. Trotzdem schafften wir es uns ein ganzes Stück zu entfernen. Shane war wirklich gut in seinem Job.

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWhere stories live. Discover now