Kapitel 26

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Belle

Es war diesmal schwieriger Schlaf zu finden, da meine Gedanken nun rund um Jacks Eltern schweiften. Selbst meine Müdigkeit und Erschöpfung halfen dabei nicht. Wo waren sie? Waren sie noch am Leben? Wieso waren sie nicht im schwarzen Viertel?

Ich drehte einen Grashalm zwischen meinen Fingern und beobachtete dabei das Tanzen des Mondlichts zwischen den Bäumen. Es war unheimlich in solch einer Umgebung zu übernachten, aber aus einem mir unerklärlichen Grund fühlte ich mich sicher. Die einzige Gefahr die hier lauerte war Jack und er war an meiner Seite.

Ich atmete die kalte Nachtluft tief ein und aus. Und dann versuchte ich erneut einzuschlafen, denn ich hatte nur eine Stunde geschlafen und das war längst nicht genug für den langen Weg, den wir noch vor uns hatten.

Aber das Einzige das an mir schlief, war mein rechter Arm. Der war regelrecht wie betäubt von der komischen Position, die ich wegen der Handschelle eingenommen hatte. Ich ballte die Hand hinter meinem Rücken immer wieder zu einer Faust und versuchte es dadurch wieder zu lockern.

Mir kam in den Sinn, dass ich mich eigentlich umdrehen konnte. Ich wusste, dass auch Jack immer mit dem Rücken zu mir schlief. Auch er wollte so wenig Kontakt zu mir wie ich zu ihm. Trotz Handschellen. Deswegen hob ich mich ganz langsam hoch, drehte mich auf die rechte Seite und ließ mich wieder fallen.

Und sofort bereute ich meine Entscheidung als ich in Jacks Gesicht blickte. Ich hielt die Luft an und starrte ihn erschrocken an. Und erst als mir klar wurde, dass er schlief, atmete ich auf. Gott sei Dank.

In meinen rechten Arm kehrte langsam aber sicher wieder eine stechende Kraft zurück. Erneut bewegte ich meine Finger und schüttelte so leise und unauffällig wie möglich die Hand aus. Dabei beobachtete ich genau Jacks Gesicht. Nicht dass er aufwachte und mich erneut beim Starren erwischte.

Es war tatsächlich das erste Mal, dass ich ihn wirklich schlafen sah. Und dabei sah er auch noch so friedlich aus. Es verwirrte mich. Wohin war auf einmal dieses böse Gesicht verschwunden? Davon waren nur die Augenbrauen, die er selbst im Schlaf leicht in die Mitte gezogen hatte, zu sehen. Ansonsten war es ein seltener Anblick, der sich mir gerade bot.

Mein Blick wanderte von seinen Brauen zu den geschlossenen Augen und seiner geraden Nase. Sein Mund stand mit einem ganz kleinen, kaum merklichen Spalt offen, dass ich fast laut aufgelacht hätte. Er schlief mit offenem Mund? Jack, der Jack? Irgendwie fand ich diese Tatsache ... süß. Sofort verbannte ich den Gedanken wieder und versuchte meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten.

Vergeblich. Ich schmunzelte als Jack die Nase leicht kraus zog und dann tief durch schnaufte. Im Dunkeln, nein im leichten Mondschein, wirkte er wie ein ganz normaler junger Mann, der im Moment mit Freunden im Wald campen war und nicht mit mir gefesselt aus Not hier schlief.

In seinen durcheinander stehenden Haaren hatte sich ein Blatt verfangen, den ich nun mit hoher Achtsamkeit rauszog und zur Seite warf.

Dann legte ich mich schließlich auf den Rücken und beobachtete stattdessen die Sterne, die hoch am wolkenlosen Nachthimmel glänzten. Sowas hatte ich noch nie aus solch einer Nähe gesehen. Aus meinem Fenster im Palast bot sich mir nicht die gleiche Aussicht. Und auch nicht vom Garten aus. Die vielen Lichter um das Haus störten und konnten mit der magischen Atmosphäre, die der Wald zu bieten hatte, nicht mithalten. Nicht einmal meine Träume konnten das.

Wohltuend seufzte ich in mich hinein und erlaubte es mir diesen winzigen Moment für mich zu genießen bevor ich die nächste Nacht hoffentlich wieder in meinem Zimmer verbringen würde.

Ich wünschte ich hätte Farben und eine Leinwand zur Verfügung um die Schönheit dieses Sternenhimmels festzuhalten. Wie sehr ich mich nach solch atemberaubende Anblicke gesehnt hatte, wurde mir erst jetzt richtig bewusst.

Red Princess - Die Suche nach der Roten PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt